Bioenergie schlimmer als Diesel und Benzin?

Bioenergie schlimmer als Diesel und Benzin?
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Ohne CO2-Bepreisung in der Landnutzung ist Bioenergie klimaschädlich wie fossile Kraftstoffe

Die Nachfrage nach modernen Biokraftstoffen wird voraussichtlich steigen, da sie als klimaneutrale Alternative zu Benzin und Diesel gelten. Eine Studie im Fachjournal Nature Climate Change zeigt jedoch, dass die CO2-Emissionen durch die großflächige Rodung von Wäldern für den Biomasseanbau höher sein können als die Emissionen aus der Verbrennung von Diesel. Das Expertenteam vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) argumentiert, dass internationale Vereinbarungen den Schutz von Wäldern und natürlichen Flächen durch eine CO2-Bepreisung sicherstellen müssen, um Bioenergie zu einer klimaneutralen Lösung zu machen.

„Unsere Ergebnisse zeigen: CO2-Emissionen aus Landnutzungsänderungen durch die Ausweitung von Fläche für die Produktion von Biomasse lassen sich auf globaler Ebene mit derzeitigen Regulierungen nicht kontrollieren“, erklärt Leitautor Leon Merfort. „Wird der Anbau von Bioenergiegräsern nicht strikt auf marginales oder brachliegendes Land beschränkt, könnte sich die Nahrungsmittelproduktion verlagern und landwirtschaftliche Flächen könnten sich zu Lasten natürlicher Flächen ausweiten. Dies würde zu erheblichen CO2-Emissionen führen, wenn in Regionen Wälder abgeholzt werden, wo die Landnutzung nur schwach oder gar nicht reguliert wird.“ 

Die indirekten Auswirkungen der Bioenergienutzung stellen eine politische Herausforderung dar, da nationale Gesetzgebung die global vernetzten Märkte für Lebensmittel und Bioenergie nicht ausreichend regulieren kann. Die derzeitige Regulierungslücke im Landnutzungssektor ermöglicht es, Bioenergie zu niedrigen Preisen anzubieten. Gleichzeitig muss der Energiesektor schneller von fossilen Brennstoffen umsteigen, um die zusätzlichen Emissionen durch Landnutzungsänderungen auszugleichen. Dadurch steigt jedoch die Nachfrage nach Bioenergie.

Für das Ziel Klimaneutralität braucht es einen Einstieg in die Bepreisung von Emissionen aus Landnutzungsänderungen

Um die Auswirkungen von Landnutzungsänderungen durch Bioenergie zu untersuchen, wurden Energie- und Landsystemmodelle miteinander kombiniert. Die Forscher entwickelten alternative Transformationsszenarien, die mit dem Pariser Klimaziel einer Begrenzung der globalen Erwärmung auf unter 2 °C vereinbar sind. Mit Computermodellen wurden verschiedene Szenarien zur Landnutzungs- und Energiepolitik analysiert, um ihre Auswirkungen auf CO2-Emissionen und den Bioenergiemarkt zu untersuchen. Es wurden auch Szenarien ohne Bioenergie berechnet, um geringere Emissionen durch Landnutzungsänderungen zu ermitteln. Dadurch konnten die Forscher die Emissionen aus Landnutzungsänderungen der Bioenergieerzeugung unter verschiedenen politischen Rahmenbedingungen bewerten.

„Der Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe erzeugt eine Bioenergienachfrage im Wert mehrerer hundert Milliarden Dollar bis zur Mitte des Jahrhunderts“, betont Ko-Autor Nico Bauer. „Der Agrarsektor wird versuchen, diese neuen Chancen zu nutzen. Eine Ausweitung der gesamten Landwirtschaft in ertragreiche Gebiete kann jedoch enorme Emissionen verursachen. Allein durch die Verringerung der Nachfrage nach Bioenergie würde dieses Problem nicht gelöst. Auf der Angebotsseite reicht überraschenderweise der Schutz von 90 % aller globalen Waldflächen nicht aus, da die verbleibenden 10 % immer noch ein zu großes Schlupfloch bieten.“

Entscheidend ist nicht nur der Preis, sondern vor allem der umfassende Schutz aller Wälder und natürlichen Flächen. Selbst eine Bepreisung aller Emissionen aus Landnutzungsänderungen mit einem CO2-Preis von nur 20 % im Energiesystem wäre wirksamer als ein Schutzsystem, das 90 % der Wälder weltweit abdeckt. Der Schutz des in bestehenden Wäldern gespeicherten Kohlenstoffs sollte daher eine hohe Priorität auf der internationalen politischen Agenda haben. Die Forscher betonen, dass Bioenergie mit vertretbaren Emissionen erzeugt werden könnte, aber die Regulierungslücke geschlossen werden muss, damit Bioenergie Teil der Lösung auf dem Weg zur Klimaneutralität wird und nicht Teil des Problems bleibt. (Quelle: Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) )

Der Link zum Artikel in Nature: https://www.nature.com/articles/s41558-023-01697-2

Die EU wirbt für die Verwendung von Holzverbrennung in Kraftwerken als eine klimaneutrale Energiequelle. Allerdings zeigt sich, dass das genaue Gegenteil der Fall ist. Während der Ausstieg aus der Kohleverstromung beschlossene Sache ist, scheint es für einige Stromerzeuger naheliegend zu sein, anstelle von Kohle einfach Holz zu verbrennen, bevor Kraftwerke stillgelegt werden.

Holzkraftwerk statt Windenergie: Ist die Nordseeküste auf dem Holzweg? Ein Podcast des Deutschlandfunk Kultur u.a. im Gespräch mit dem PIK-Forscher Prof. Wolfgang Lucht, Mitglied des Sachverständigenrats für Umweltfragen der Bundesregierung:

hjo

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