Das Ende vieler asiatischer Gletscher scheint besiegelt

Das Ende vieler asiatischer Gletscher scheint besiegelt
Viele Gletscher in der Region weisen steile Stirnwände und Oberflächenschutt auf, weshalb herkömmliche Gletschermodelle nicht gut auf sie anwendbar sind. "24K Glacier" in den Kangri Karpo Bergen im südöstlichen Tibetischen Plateau, Oktober 2019. (Foto: Marin Kneib)

Das Ende vieler asiatischer Gletscher scheint besiegelt

Die Gletscher des Himalayas und des Tibetischen Hochlands speisen unter anderem die großen asiatischen Ströme wie Indus, Ganges, Yangtse und Mekong – ein Wasserreservoir für rund 250 Millionen Menschen. Doch die größte nicht-polare Eismasse der Erde schmilzt langsam und gefährdet die Lebensgrundlage der Bevölkerung Asiens. Das zeigt eine Studie unter Leitung der Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL. Das Forschungsteam hat eine neue Berechnungsmethode entwickelt, die mit Hilfe von Satellitendaten die Balance zwischen neu gebildetem und geschmolzenem Gletscher-Eis abschätzen kann und die Studie in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht.

Das Team hat dank neuer Satelliten zur Erdbeobachtung aus den erhaltenen Daten ein Berechnungsmodell entwickelt, das erstmals im Detail rekonstruiert, wie sich die Eismassen der Gletscher in Hochasien von Jahr zu Jahr verändern. Das Ergebnis ist nicht gerade rosig: 70 Prozent der Gletscher verlieren jährlich mehr Eis, als im Winter an Schnee wieder hinzukommt. Die Mehrheit der Gletscher weist nur kleine Flächen auf, an denen Eis nachgebildet wird. Lediglich die Gletscher um die Karakorum- und Kunlun-Gebirge, die an den Grenzen und in den umstrittenen Gebieten Indiens, Pakistans und Chinas liegen, nehmen aufgrund der jüngsten Zunahme der Schneefälle an Masse zu.

Die Autoren bei der Entnahme eines Firnkerns auf 5800 m Höhe im Langtang-Tal in Nepal, um den jüngsten Eiszuwachs ermitteln, November 2019. (Foto: Evan Miles)

„Bei vielen Gletschern schmilzt das Eis einfach weg – die Akkumulation kann nicht mithalten“, sagt Evan Miles, Hauptautor der Studie. „Infolgedessen ist die Mehrheit der Gletscher in ihrer derzeitigen Form einfach nicht überlebensfähig.“

Bis zum Jahr 2100 wird etwa ein Fünftel des Eises in der Region schmelzen, selbst wenn sich das Klima nicht weiter erwärmen würde, so Miles. Damit wird langfristig weniger Schmelzwasser in die Bergflüsse fließen. Der bevorstehende Klimawandel ist in den Zahlen von 2000 bis 2016 nicht enthalten und wird die Gletscherschmelze zusätzlich antreiben.

Der Masseverlust ist laut den Experten von großer Bedeutung für die Wasserversorgung der tiefer gelegenen Gebiete, in denen Millionen Menschen leben und das Schmelzwasser für die Landwirtschaft benötigen. Die Berechnungen zeigen, dass die Schneefälle im Winter bei der Mehrheit der Gletscher durchschnittlich weniger als die Hälfte der sommerlichen Schmelze kompensieren.

„Der Silberstreif am Horizont ist vorläufig, dass genau jene Gebirgsflusssysteme, die für die flussabwärts lebende Bevölkerung am wichtigsten sind, am Fuß von wachsenden Gletscher liegen“, so Miles. „Aber auch diese Gletscher reagieren empfindlich auf die anhaltende Klimaerwärmung, und ihre Schmelze übersteigt mittlerweile bereits die Akkumulation.“

Anteil der jährlichen Gletscherschmelze, der gemäß der aktuellen Studie durch Schneefall und Lawinenniedergänge zwischen 2000-2016 kompensiert wurde. Die Grafik zeigt auch die riesigen Einzugsgebiete in der Region. Rote Punkte: Netto-Eisschmelze, blaue Punkte: wenig Veränderung, violette Punkte: Netto-Eiszunahme. (Grafik: Evan Miles)

Aufgrund ihrer hohen Bevölkerungsdichte und ihrer Lage in trockenen Regionen sind Flüsse wie Amu-Darya, Indus, Syr-Darya und Tarim Interior besonders empfindlich für den Verlust des Gletscher-Schmelzwassers. In einem nächsten Schritt will das Forschungsteam das Verhalten insbesondere der schuttbedeckten Gletscher in dieser Region zu verstehen versuchen Dies wird die Vorhersage der zu erwartenden Schmelzwassermengen weiter verbessern. (Quelle: WSL)

Wissenschaftliche Publikation:

Miles, E.S., McCarthy, M.J., Dehecq, A., Kneib, M., Fugger, S., and F. Pellicciotti. (2021). Health and sustainability of glaciers in High Mountain Asia. Nature Communicationshttps://www.nature.com/articles/s41467-021-23073-4

hjo

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