Druck machen gegen die Ohnmacht
Druck machen gegen die Ohnmacht
Es ist ein echtes Mutmach-Buch: In Zeiten, in denen sich Aktivisten mit sichtbar messianischem Eifer als Märtyrer gerieren, um ihre Sicht auf die Welt als allein richtige zu zementieren, liefert Jürgen Resch in seiner Melange aus biografischer Erzählung, politischem Impuls, persönlichem Erfahrungsschatz und visionären Ideen, die gleichwohl nie ihre Bodenhaftung verlieren, eine wohltuend unaufgeregte, aber immer motivierende Anleitung, wie Veränderung gelingen kann – vorausgesetzt, sie ist fachlich unangreifbar, argumentativ sicher verankert und gestützt von gleichgesinnten Kooperationspartnern.
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Auf dieser Basis hat der Autor Jahrzehnte in seinem Amt als Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH) unbestreitbare Erfolge zu verzeichnen. In seinem Buch „Druck machen!“ verrät Jürgen Resch, wie er trotz Widerständen aus Politik und Wirtschaft zu einem der profiliertesten Kämpfer für Natur, Klima und Verbraucherrechte wurde, der selbst die in Deutschland so mächtige Automobilbranche in ihre Schranken zwingen konnte, weil er sich und seinen Überzeugungen stets treu blieb, weil er seine Strategien klug verfeinerte und weil er konsequent an seinem Ziel festhielt, sich als Anwalt der Natur zu engagieren und für gefährdete Kreaturen einzusetzen – mit allen legalen Mitteln, die ihm dafür zur Verfügung standen und stehen.
Er hat die deutsche Umweltpolitik und die Umweltbewegung über viele Jahre hin in leitender Position und also hautnah miterlebt – und eine für eine historische kurze Zeitspanne (nach der Wende) sogar mitgestalten können. Er hat danach erlebt, wie der Wind drehte und das Thema Umwelt sukzessive an Bedeutung einbüßte – zugunsten einer international immer enger verflochtenen und immer offener opponierenden Ökonomisierung von Gesellschaft und Politik. Nun erlebt er wieder mit, wie Macht auch einst von der Notwenigkeit des Umweltschutzes überzeugte Politiker korrumpiert. All das aber macht ihn nur überzeugter und überzeugender in seiner Argumentation, wenn Resch von der Wichtigkeit schreibt, „gerade in Zeiten einer Koalitionsregierung unter grüner Beteiligung“ sei eine „intakte und wirkmächtige Zivilgesellschaft wichtiger denn ja“. Er unterstreicht damit das Grundmotiv seines Buchs: Politik braucht den Druck, der sie in der Spur halten kann, „damit die Politik Mensch und Natur endlich über den Profit stellt“.
Das war all die Jahre und ist bis heute sein Antrieb. Es bleibt sein Anliegen. Dabei weiß Jürgen Resch natürlich auch um die Rückschläge, die Umweltengagement aushalten muss. Wenn er sein Publikum mit einem „wir sind nicht machtlos“ beschwört, kann er dies in seinem Buch anhand zahlreicher Beispiele illustrieren. Darin liegt dessen Wirkmacht: Resch rät zur Geduld, weil Veränderungen manchmal ihre Zeit beanspruchen. Er macht aber auch und zuversichtlichen Mut, weil er zugleich weiß, dass wer Druck macht, am Ende etwas verändern kann.
pit
Jürgen Resch
Druck machen!
Wie Politik und Wirtschaft wissentlich
Umwelt und Klima schädigen und was
wir gemeinsam dagegen tun können
358 Seiten
Ludwig, München 2023
22 €