Fachkräfte via Facebook finden

Fachkräfte via Facebook finden
Ein Familienbetrieb aus Bayern zeigt, wie soziales Marketing gelingt: Fachkräfte finden ist für die Firma Fisel kein Problem. Das Recyclingunternehmen aus Dillingen an der Donau poliert seit knapp zwei Jahren seine Social-Media-Kanäle auf. Facebook, Instagram und Ebay sind die Plattformen, auf denen sich der Mittelständler mit inzwischen 140 Beschäftigten zum Teil recht intim zeigt.
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Da spricht etwa Stefan K. in die Kamera. Der Mitarbeiter des Betriebshofs kommt zwar schon 2014 zur Firma – über eine Anzeige im Wochenblatt. Doch was das etwa 30-sekündige Video ausmacht, ist die Authentizität, mit der K. zu hören und zu sehen ist. Seniorchef Reinhold Fisel, der die Firma 2003 von seinen Eltern mit damals 23 Mitarbeitern übernimmt, bringt es auf den Punkt: „Wir schreiben keinen Text vor, vielmehr reden die Leute wie ihnen der Schnabel gewachsen ist“.
Teilen ist die Währung
Das kommt beim Publikum an. Zumindest auf den sozialen Kanälen. Mehr als 1000 Fans hat das Transport- und Recycling-Unternehmen auf Facebook. Rund 600 Menschen folgen den Bayern auf Instagram. 140-mal gibt es den Daumen hoch etwa für eine einminütige Kurzvorstellung der Firma durch den Senior. 28-mal wird das Video auf Facebook geteilt.

Das Teilen von Inhalten, den sogenannten Postings, ist die Währung in den Sozialen Medien. Je öfters Fans oder Abonnenten etwas mit ihren Freunden oder Followern teilen, desto mehr Relevanz entsteht. „Und was relevant ist, wird von den Algorithmen der Plattformen nach oben gespült, es sehen exponentiell mehr Leute“, verdeutlicht Martha Klügl. Die Social-Media-Spezialistin pflegt mit ihrer Agentur SocialMe die sozialen Kanäle der Fisels.
Sie hat die Familie, Sohn Matthias Fisel arbeitet im Betrieb des Vaters mit, 2019 ins Boot geholt. Für ein festes Monatsbudget kümmern sich die Online-Profis um den virtuellen Auftritt des Recycling-Betriebs. In Zahlen bedeutet das: Mindestens drei Postings pro Woche. Neben den Videos sind es Fotos oder Illustrationen. Im Kern geht es darum, den Arbeitsalltag des Unternehmens, der Fahrer, Disponenten, Kaufleute und Betriebsmitarbeiter hautnah zu zeigen.
Zeigen, wie es wirklich ist

Dann rollen Radlader über Schuttberge oder Container werden geräuschvoll auf Lkws gehievt. Auch prominente Besuche wie der von Bayerns Umweltminister, dem des örtlichen Landrats oder des Oberbürgermeisters, setzen die Videoleute in kleinen Häppchen unter einer Minute in Szene.
Mit schnellen Schnitten und musikalisch unterlegt, können die vielen kleinen Insider-Blicke und vertraulich wirkenden Informationen in die Zielgruppe sickern. Fisel arbeitet überwiegend regional. Via Facebook-Anzeigen justiert Sohn Matthias in Zusammenarbeit mit SocialMe die Streuung, damit möglichst viele Menschen aus der umliegenden Region mit C- oder CE-Führerschein im passenden Alter die Posts zu sehen bekommen. Etwa wenn Fisel so wie zuletzt zehn Fahrer sucht.
In Zeiten grassierenden Fahrermangels reicht ein Posting und es meldet sich ein gutes Dutzend Berufskraftfahrer. „So eine Resonanz hatten wir bisher mit keiner Stellenanzeige“, resümiert Reinhold Fisel. Und Sohn Matthias betont, zudem über die sozialen Kanäle informieren zu wollen. Postings, die zu Schulbeginn zur Vorsicht im Straßenverkehr mahnen, oder ein gesundes Vesper für die Kinder zeigen, finden sich daher ebenso unter den (mit-)geteilten Inhalten.
23 Millionen User

Das Familienunternehmen präsentiert sich als familiärer Kümmerer. Das quotieren die Betrachter, unter denen etliche potenzielle Mitarbeiter zu finden sind. Allein in Deutschland verzeichnet Instagram 23 Millionen User. Skepsis bezüglich Datenmissbrauch mag bei Facebook, wozu auch Instagram gehört, berechtigt sein. Doch die Recruiting-Erfolge geben dem Transportunternehmen Recht, wenn Seniorchef Fisel sagt: „Ohne Soziale Medien bekämen wir nie so viele Bewerbungen.“
So wird vieles, was im Unternehmen geschieht, virtuell verarbeitet und präsentiert. Das neue Verwaltungsgebäude, neue Lkws, neue Kollegen und neue Techniken. Wie die Betontankstelle, die Fisel in Kürze in Betrieb nimmt. Privatkunden, Landschaftsgärtner und Bauunternehmer gehören zur Zielgruppe für die Abfüllvorrichtung, die mit Recycling-Beton betrieben wird. Und weil weit mehr als 95 Prozent aller Deutschen ein Smartphone besitzt und damit Zugriff auf eine der von Fisel bespielten Plattformen hat, rechnet der Mittelständler mit rascher Amortisation der Anlage.
Michael Sudahl