Fake-Ökolabel für Atom und Gas noch verhindern

Fake-Ökolabel für Atom und Gas noch verhindern
Der EU-Rat stimmt Anfang Juli endgültig über die umstrittene Taxonomnie ab. Das wollen Umweltverbände verhindern. Ein Gast-Kommentar von DUH-Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner und DUH-Energie und Klimaschutz–Experte Julian Schwartzkopff:
Zu Beginn des Jahres hat die EU-Kommission entgegen jeder Vernunft vorgeschlagen, fossiles Gas und Atomenergie mit einem grünen Label zu versehen und in die EU-Taxonomie für nachhaltige Aktivitäten aufzunehmen. Diese völlig unverantwortliche Entscheidung würde dazu führen, dass Milliarden Euro in diese klimaschädlichen Technologien investiert werden anstatt in Erneuerbare zu fließen. Das wäre reinstes Greenwashing und würde der Taxonomie jegliche Glaubwürdigkeit entziehen – denn die soll eigentlich richtungsweisend für nachhaltige Investitionen sein. Deswegen kämpft die Deutsche Umwelthilfe (DUH) seit Monaten dafür, diese klima- und umweltpolitische Katastrophe noch abwenden.
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Angesichts des russischen Überfalls auf die Ukraine wäre es fatal, die Abhängigkeit Europas von russischen Gaslieferungen und Uran-Brennelementen durch die Förderung neuer Gas- und Atomkraftwerke noch weiter zu erhöhen und den menschenverachtenden Krieg so weiter zu finanzieren. Zudem würde eine solche Aushöhlung der Taxonomie geltende Standards für grüne Investitionen untergraben, denn Grüne Anleihen schließen Atomkraft und fossiles Gas aktuell klar aus. Auch die Europäische Investitionsbank kritisiert den Kommissionvorschlag massiv und verkündet jetzt schon, ihn für die eigenen Vergabekriterien ignorieren zu wollen.
Eil-Appell an EU-Abgeordnete zur Verhinderung des Greenwashings
Obwohl die Bundesregierung angekündigt hat, gegen den Kommissionsvorschlag stimmen zu wollen, ist eine Ablehnung im EU-Rat fast ausgeschlossen – denn hier wurde der dreckige Deal ursprünglich ausgehandelt. Das Europäische Parlament kann die Taxonomie noch davor retten, zu einem Feigenblatt für Atomkraft und fossiles Gas zu verkommen. Am 14. Juni wurde dafür ein wichtiger Etappensieg erreicht: Der Umwelt- und der Wirtschaftsausschuss des Europaparlaments hat sich gegen das grüne Label für Atom- und Gaskraftwerke ausgesprochen. Damit sind wir aber lange noch nicht am Ziel, denn am 6. oder 7. Juli wird das gesamte EU-Parlament über den Vorschlag abstimmen – und aktuell sieht es nicht danach aus, dass die nötige Mehrheit für eine Ablehnung zustande kommt.
Die DUH ruft Bürger:innen daher in einem Eil-Appell dazu auf, die Europaabgeordneten mit Protestmails dazu aufzufordern, gegen das Taxonomie-Greenwashing zu stimmen. Vor allem die CDU und FDP-Abgeordneten, die den Kommissionsvorschlag durchwinken wollen, müssen umgestimmt werden. Nur so können sie zeigen, dass Klimaschutz für sie mehr als ein Lippenbekenntnis ist.
DUH-Rechtsgutachten zeigt: Taxonomie ist europafrechtswidrig
Ein von der DUH in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten belegt, dass die Aufnahme von fossilem Gas und Atomkraft in die Taxonomie europarechtswidrig ist und insbesondere gegen das sogenannte „Do No Significant Harm“-Prinzip sowie das in den EU-Verträgen verankerte Vorsorgeprinzip verstößt. Wir behalten uns also auch rechtliche Schritte vor, falls das Parlament dem Vorschlag keinen Einhalt gebietet. Und dasselbe fordern wir von der Bundesregierung: Sie muss sich der von Österreich und Luxemburg angekündigten Klage gegen die Taxonomie vor dem Europäischen Gerichtshof anschließen.
Der Kampf um die historische Entscheidung, ob die Finanzmärkte Europas den grünen oder den fossil-nuklearen Weg gehen, erfordert einen langen Atem. Doch wir können es uns nicht leisten, ihn zu verlieren. Die komplette Entwertung der Taxonomie wäre eine Katastrophe für den Klimaschutz und ein Geschenk an Putin.
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer DUH
Julian Schwartzkopff, Projektmanager Energie und Klimaschutz DUH