Freispruch für Pestizidkritiker Alexander Schiebel

Freispruch für Pestizidkritiker Alexander Schiebel
Foto: Jörg Farys

Freispruch für Pestizidkritiker Alexander Schiebel

Großer Erfolg für die Meinungsfreiheit. Prozess gegen Karl Bär geht allerdings weiter.

Wie das Umweltinstitut München mitteilt, wurde der österreichische Buchautor und Pestizidkritiker Alexander Schiebel im Prozess in Bozen von dem Vorwurf der angeblich üblen Nachrede freigesprochen. Der Richter begründete das Urteil damit, dass der Tatbestand der üblen Nachrede nicht vorliege. Schiebel hatte in seinem Buch “Das Wunder von Mals” und in seinem gleichnamigen Film den hohen Pestizideinsatz in den Apfelplantagen der beliebten Urlaubsregion Südtirol scharf kritisiert. Der Strafprozess wegen übler Nachrede gegen den Agrarwissenschaftler Karl Bär vom Umweltinstitut München geht hingegen weiter. Der Südtiroler Landesrat für Landwirtschaft, Arnold Schuler, hatte seit September 2020 wiederholt öffentlich versprochen, seine und alle anderen Anzeigen gegen Bär zurückzuziehen und damit den Prozess zu beenden. Doch auch am dritten Prozesstag in Bozen blieben weiterhin alle 1376 Anzeigen gegen Bär bestehen. Allein die Nebenklägerschaft von Landesrat Schuler und zwei Obleuten von Südtiroler Obstgenossenschaften wurden zurückgezogen. 

Karl Bär, Agrarreferent beim Umweltinstitut München: “Der Freispruch für Alexander Schiebel ist ein Freispruch für alle, die seit Jahren den hohen Pestizideinsatz in Südtirol kritisieren. Kein Pestizidkritiker und keine Pestizidkritikerin sollte jetzt noch befürchten, in Südtirol vor Gericht gezogen zu werden. Dies ist ein großer Sieg für die Meinungsfreiheit und gleichzeitig ein Denkzettel für Landesrat Arnold Schuler, der diese absurden Prozesse erst in die Wege geleitet hatte. Nun muss auch endlich der Prozess gegen mich beendet werden.”

Das Umweltinstitut habe stets betont, dass es die Diskussion um den gesundheits- und umweltschädlichen Einsatz von Pestiziden in Südtirol nicht vor Gericht führen wolle. Doch werde man nun auf diese Bühne gezwungen, würde diese auch genutzt.

“Wir werden dem Gericht und der breiten Öffentlichkeit mit Zahlen und Zeugen beweisen, dass das Pestizidproblem in der beliebten Urlaubsregion Südtirol real ist. Belegen werden das Expert:innen aus ganz Europa als Zeug:innen vor Gericht sowie uns exklusiv vorliegende Daten über den wahren Pestizideinsatz in Südtirol”, sagte Bär.

Richter Ivan Perathoner rief die Beweisanträge für das Verfahren gegen Bär auf.

Richter Ivan Perathoner rief die Beweisanträge für das Verfahren gegen Bär auf. Im weiteren Prozess werden nun insgesamt 88 Zeugen:innen zur Verteidigung des Umweltinstituts die negativen Umwelt- und Gesundheitsauswirkungen des hohen Pestizideinsatzes in den Südtiroler Apfelplantagen vor dem Landesgericht Bozen darlegen. Der nächste Verhandlungstermin wurde auf den 22.10.2021 gesetzt. An diesem Tag werden die zwei Südtiroler Obstbauern und Brüder Stephan und Tobias Gritsch als Zeugen der Anklage gehört – die beiden einzigen Klagenden, die vor der heutigen Verhandlung keinerlei Bereitschaft zum Dialog gezeigt hatten. 

Obwohl der Südtiroler Landesrat für Landwirtschaft, Arnold Schuler, bereits mehrfach öffentlich versprochen hatte, seine und alle anderen Anzeigen zurückzuziehen, blieben auch am zweiten Prozesstermin alle 1.376 Anzeigen bestehen. Lediglich die Nebenklägerschaft von Landesrat Schuler und zwei Obleuten von Südtiroler Obstgenossenschaften wurden zurückgezogen. 

Nicola Canestrini, vertretender Rechtsanwalt: “Karl Bär wird sich nun voraussichtlich über Jahre hinweg mit diesem absurden Prozess beschäftigen müssen, nur weil er die Wahrheit über Pestizide in Südtirol gesagt hat. Die EU-Kommission muss solchen SLAPP-Verfahren endlich einen gesetzlichen Riegel vorschieben. Die Meinungsfreiheit muss gegen Angriffe von Politiker:innen oder Lobbyvertreter:innen verteidigt werden.”

Der Prozess löste im Herbst letzten Jahres eine Protestwelle in ganz Europa aus, in deren Verlauf sich über 100 Organisationen mit den Beklagten solidarisch erklärt und über 250.000 UnterzeichnerInnen mit ihrer Unterschrift die Einstellung der Verfahren gefordert hatten. Dem Angeklagten drohen horrende Schadenersatzforderungen und eine Gefängnisstrafe. (Quelle: Umweltinstitut München)

Die Vorgeschichte gibt es beim Umweltinstitut unter https://www.umweltinstitut.org/mitmach-aktionen/pestizidrebellen-vor-gericht.html

red

Alexander Schiebel
Das Wunder von Mals
Wie ein Dorf der Agrarindustrie die Stirn bietet
Oekom Verlag
256 Seiten, 19 Euro
ISBN: 978-3-96006-014-7

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