Große Konzerne setzen wieder auf Öl und Gas
Große Konzerne setzen wieder auf Öl und Gas
zeit.de: Erneuerbare verdrängen die fossilen Energieträger, könnten man meinen. Doch Konzerne wie Exxon, Shell und Saudi Aramco investieren wieder in Öl und Gas – und profitieren.
Wenn es um die Zukunft geht, hat Chevron keine Zweifel. Kürzlich bat der US-Energiekonzern seine Follower auf X, zu schätzen, ob die weltweite Nachfrage nach Öl und Gas künftig steigen, sinken oder eher gleich bleiben werde. Knapp 87 Prozent der Nutzer gingen davon aus, dass die Nachfrage steigt – was natürlich, Chevron löst das Rätsel auf, stimme. In Zukunft sei man von Erneuerbaren UND von Öl und Gas abhängig, schrieb das Unternehmen. Kein Wort davon, dass sich die Welt von klimaschädlichen Energien verabschieden sollte, wenn es das 1,5-Grad-Ziel auch nur annähernd einhalten will.
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Der amerikanische Ölkonzern Chevron steht mit seinem Fokus auf fossile Rohstoffe nicht allein da. Trotz Klimakrise investieren Energiekonzerne weltweit in fossile Brennstoffe und planen sogar, die Fördermengen auszuweiten. Mit milliardenschweren Übernahmen haben beispielsweise Exxon und Chevron in diesem Jahr ihren Glauben an das Ölzeitalter bekräftigt. Und der weltgrößte Erdölkonzern Saudi Aramco aus Saudi-Arabien plant, bis 2030 sein Fördervolumen noch einmal deutlich zu erhöhen.
Es sind Ansagen, die alle Klimabemühungen konterkarieren. In einem Sonderreport hat die Internationale Energieagentur (IEA) erst kürzlich festgestellt, dass die Ölproduktion in den nächsten Jahren weiter steigen dürfte, wenn man die Pläne und Prognosen aus aller Welt zusammenzählt. Dabei müsse sie schnell sinken, um die Klimaziele des Pariser Abkommens zu erfüllen. Über die nächsten Jahrzehnte könnte eine gewaltige Lücke zwischen Zielen und Realität entstehen.
Auffällig ist dies vor allem bei den Erneuerbaren. Die Autoren des IEA-Reports schreiben, die Öl- und Gasindustrie habe im vergangenen Jahr rund 20 Milliarden Dollar in erneuerbare Energien investiert – das sind nur 2,5 Prozent ihrer gesamten Investitionen. Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens einzuhalten, müssten sie allerdings die Hälfte ihrer Ausgaben in klimafreundliche Energien stecken. Wie passt das mit den Absichtserklärungen zusammen, ökologisch nachhaltiger zu werden? Und wie mit den Klimaschutzmaßnahmen, die zurzeit in Dubai auf der Weltklimakonferenz verhandelt werden?
Zu verlockend sind die gestiegenen Ölpreise
Eigentlich, müsste man meinen, sollte die globale Nachfrage nach Öl und Gas in den kommenden Jahren stetig zurückgehen: Europa und die USA trimmen ihre Produktion auf klimafreundlich, auch China investiert massiv in erneuerbare Energien. Die IEA geht selbst davon aus, dass bis zum Ende dieses Jahrzehnts der Höhepunkt der Öl- und Gasnachfrage erreicht werde. Die Ölfirmen würden sich daher langfristig keinen Gefallen tun, denn die Gewinne aus Öl und Gas würden wegen der sinkenden Nachfrage weniger.
Doch die großen Ölfirmen rechnen offenbar anders. „Man hat die erneuerbaren Energien ausgebaut, aber es ist nicht ausreichend gelungen, die Fossilen aus dem System zu drängen“, sagt Ottmar Edenhofer, Leiter des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung. Die neu entstandenen Kapazitäten an erneuerbarer Energie würden also nur zum Teil Kohle, Öl und Gas ersetzen, während man eigentlich gleichzeitig den Ölverbrauch unattraktiver machen müsse.
Wie wenig das bislang passiert, zeigt der britische Ölkonzern Shell. Das Unternehmen gehörte jahrelang zu den Konzernen, die sich am glaubhaftesten einem grünen Wandel unterzogen haben, hat beispielsweise in nachhaltige Kraftstoffe, Windkraft und Wasserstoff investiert, eine eigene Solarzellproduktion gestartet. Doch der Umstieg wird längst nicht mehr so konsequent verfolgt wie noch vor einigen Jahren. Zwar gibt sich der Konzern nach außen hin immer noch als klimafreundlich: Man unterstütze das Pariser Klimaabkommen und mit zahlreichen Klimaschutzprojekten sorge man für einen CO₂-Ausgleich, heißt es von dem Konzern… weiterlesen