Grünstrom aus dem Tagebau mit Fragezeichen
Grünstrom aus dem Tagebau mit Fragezeichen
bloomberg.com: Umwidmung von Bergbauflächen droht Wettbewerb auszubremsen. Kohlekonzerne erhalten zügig Genehmigungen für Wind und Solar.
Vor weniger als einem Jahr hat der deutsche Kohleriese Leag Pläne zur Umwandlung seiner Tagebaue in Wind- und Solarparks vorgestellt. Inzwischen mehren sich die Bedenken, dass das Unternehmen — genau wie andere Braunkohlekonzerne — in seinem Grünschwenk einen unfairen Vorteil ausnutzt.
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Bis 2030 soll 80% des deutschen Strombedarfs über erneuerbare Energien gedeckt werden. Die Bundesregierung hält die ehemaligen Bergbauareale dabei für geeignete Entwicklungsflächen — zumal sie weit weg von Siedlungen liegen. Für LEAG und Braunkohleförderer wie die RWE AG ist die Nutzung der bisherigen Tagebaue ein relativ schneller Weg, ihr Geschäftsmodell für die Zeit nach dem Kohleausstieg umzustellen.
Als Leag-Chef Thorsten Kramer im Oktober seinen 10-Milliarden-Euro-Investitionsplan ankündigte, um den Konzern zum grünen Kraftwerk der Nation zu machen, bezeichnete er die Bergbauareale als “Goldstaub”. Seitdem hat das Unternehmen in Südbrandenburg — wo der frühere Tagebau Cottbus-Nord geflutet werden soll — mit dem Bau der größten schwimmenden Solaranlage Deutschlands begonnen. Vergangene Woche erhielt die Leag grünes Licht für den Bau von 17 Windrädern auf Flächen des Tagebaus Jänschwalde, wie der tschechische Mutterkonzern EPH mitteilte.
Das Tempo, mit dem die Leag ihre Genehmigungen erhält, und der Umfang ihrer Investitionen lassen bei kleineren Projektentwicklern sowie ostdeutschen Verwaltungen die Alarmglocken läuten. Der Konflikt wurde am Donnerstag weiter geschürt, als Wirtschaftsminister Robert Habeck der Leag bei einem Besuch des Braunkohle-Kraftwerks in Jänschwalde bei Cottbus “volle politische Unterstützung” zusicherte.
Die Flächeneinstufung für die Leag-Areale sei problematisch, sagte Martin Maslaton, Regionalbeauftragter des Bundesverbandes Windenergie an Land (BWE). “Solche Überlegungen sind kartellrechtlich relevant.”
Mehr zum Thema: Kohleausstieg hat Nebenwirkungen: Berlin geht das Wasser aus Skeptisch sind auch die Länder Sachsen und Brandenburg, wo die Leag am stärksten vertreten ist. “Wir brauchen eine Vielfalt von Akteuren in der Energiewende”, betonte Gerd Lippold, stellvertretender Energieminister Sachsens. Und das brandenburgische Wirtschaftsministerium teilte mit, es begrüße “Varianten zur Entwicklung von Wind- und Solarparks unter Einbindung von Bürgern”, aber auch unternehmerische Partnerschaften und Kooperationen.
Die Leag argumentiert, ihre Energiewende-Pläne trügen dazu bei, mehr Industrie und Arbeitsplätze in den traditionell wirtschaftlich schwächeren Osten zu bringen. “Jeder Beitrag wird benötigt, wenn Deutschland seine Klimaziele erreichen will”, sagte Leag-Sprecherin Kathi Gerstner.
Die Bundesregierung hat den 16 Bundesländern auferlegt, bis 2032 2% ihrer Flächen für Windenergie auszuweisen. Die sächsische Landesregierung hätte dieses Ziel sofort erreichen können, indem sie alles der Leag überlassen hätte. Aufgrund von Bedenken zur Dominanz des Konzerns drängte das Land jedoch auf eine Änderung, wonach solche Flächen nur zur Hälfte auf das Ziel angerechnet werden können.
Der Bund schlug außerdem vor, für Braunkohle-Windparks ein beschleunigtes Genehmigungsverfahren in das Bundesgesetz aufzunehmen, was die Bergbauländer ablehnten. Die Bundesländer stehen dennoch vor einem Dilemma: Sie wollen ein grünes Monopol vermeiden, riskieren aber, dass sich die Erreichung der Ausbauziele für die erneuerbaren Energien verzögert… weiterlesen