In der Asse deutet sich eine Katastrophe an

In der Asse deutet sich eine Katastrophe an
Foto. Pixabay CC/PublicDomain

In der Asse deutet sich eine Katastrophe an

zeit.de: Die Schächte des Atommüll-Endlagers laufen offenbar schneller mit Wasser voll, als bislang vermutet wurde. Was bedeutet das? Die wichtigsten Antworten

„Ich bin besorgt. Das Atomdesaster in der Asse schreibt ein neues Kapitel“, sagte kürzlich der niedersächsische Umweltminister Christian Meyer. Politiker und Experten sind alarmiert über die Situation im Atommülllager Asse in der Nähe von Braunschweig und Salzgitter. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Was passiert gerade im Atommülllager Asse?

In der Schachtanlage liegen in 13 Kammern rund 126.000 Fässer – 47.000 Kubikmeter – mit schwach- und mittelradioaktiven Abfällen. Seit Jahrzehnten dringt dort Wasser durch Risse im Salz und Gestein ein, lange wurde die Salzlösung in nahezu konstanten Mengen aufgefangen. Nun aber nimmt die Menge an der Hauptauffangstelle ab. Das Wasser wird demnach nicht mehr zurückgehalten, sondern dringt in die Grube ein – laut Spiegel ist die Ursache eine schadhafte Folie. Die Befürchtung ist, dass das Lager nun vollläuft. Passiert das, wäre es kaum mehr möglich, den eingelagerten Atommüll zu bergen.   

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Was ist der Worst Case?

Laut Spiegel zieht die Betreibergesellschaft BGE in Erwägung, das ehemalige Bergwerk gezielt zu fluten und dauerhaft zu verschließen. Experten befürchten demnach jedoch, dass das kontaminierte Wasser durch den Druck des Gesteins, das auf der Grube lastet, nach oben gedrückt werden könnte. Dadurch könnten im schlimmsten Fall Grundwasser und Flüsse verseucht werden.

Wie ist das Atommülllager Asse entstanden?

Die drei Schachtanlagen wurden bereits um 1900 im niedersächsischen Landkreis Wolfenbüttel auf dem Asse-Heeseberg-Höhenzug errichtet, um Kali- und Steinsalz abzubauen. Davon ist heute nur noch eine, Asse II, zugänglich. Asse I musste bereits 1906 wegen Wassereinbruchs aufgegeben werden, die Nutzung von Asse III wurde 1924 eingestellt, der Schacht ist ebenfalls seit Jahrzehnten vollgelaufen. 1965 kaufte der Bund das Bergwerk, um dort in einem der Schächte die Endlagerung radioaktiver Abfälle zu erforschen. Von 1967 bis 1978 wurden besagte 126.000 Fässer mit schwach- und mittelradioaktiven Abfällen eingelagert. Ab 1971 wurde Asse II dabei tatsächlich als Endlager verstanden, nicht mehr als Versuchslager. Denn offiziell galt das Bergwerk zunächst als trocken und standfest genug, obwohl von Beginn an Wasser in die Stollen eindrang. Vom verantwortlichen Gutachter Klaus Kühn hieß es vor Aufnahme des Betriebs noch, dass „die Gefahr von Wasser- oder Laugeneinbrüchen als minimal anzusehen bzw. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sogar auszuschließen“ sei.  

Warum wurde Asse als Endlager aufgegeben?

Heute heißt es vom Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE): „Die Asse ist eine atomare Altlast, die nie als Endlager hätte genutzt werden dürfen.“ Der Grund für das Ende der Einlagerung dort war zunächst eine Änderung des Atomgesetzes 1976, das fortan für die Endlagerung radioaktiver Abfälle ein atomrechtliches Planfeststellungsverfahren erforderte – das es für Asse nicht gegeben hatte. Ende der Achtzigerjahre wurde dann das Problem des einsickernden Wassers offensichtlich, seinerzeit waren es täglich rund 12.000 Liter. Damals warnten Experten bereits, dass einige der 13 Kammern auf verschiedenen Ebenen instabil werden und sogar einstürzen könnten; teils brachen bereits Zwischendecken weg. Später, zwischen 1995 und 2004, wurde damit begonnen, Hohlräume zu verfüllen, um dem entgegenzuwirken. Der Erfolg blieb begrenzt.  

Was folgte nach dem Ende der Einlagerung?

2008 entschieden der Bund und das Land Niedersachsen, den Betrieb der Asse dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) zu übertragen – mit dem Auftrag, die Grube zu schließen. Verschiedene Optionen wurden abgewogen, schließlich fasste das BfS den Plan, sämtliche radioaktive Abfälle zu bergen. Das allerdings ohne Klarheit über den weiteren Verbleib, ob nun in einem Zwischenlager oder dauerhaft. Gleichzeitig galten von nun an die strengeren Anforderungen des Atomrechts an den Betrieb, die Stilllegung und den Strahlenschutz, nicht mehr die schwächeren des Bergrechts. In einem Untersuchungsausschuss des niedersächsischen Landtags, der ab 2009 tief in die Materie einsteigt, bezeichnete der damalige Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) die Asse als einen „der größten Problemfälle, die wir in Europa haben“. Und er nannte es „skandalös“, dass die Atomindustrie ein Bergwerk „löchrig wie ein Käse“ für eine „Billigentsorgung“ genutzt habe… weiterlesen

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