Inflation verhindert Nachhaltigkeit

Inflation verhindert Nachhaltigkeit
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Inflation verhindert Nachhaltigkeit

Derzeit erleben wir eine Inflation, wie sie es sie in dieser Höhe seit Jahrzehnten nicht gab. Auslöser dafür mögen der Ukrainekrieg und der Wohnungsmangel sein – doch ursächlich sind dafür nicht.

Eine Verdopplung von Immobilienpreisen und Mieten kann nicht dadurch erklärt werden, dass wir eine erhöhte Zuwanderung hatten, dass sich mehr Menschen größere Wohnungen gönnen wollen oder dass der Neubau von Wohnungen zu gering war, um den Wegfall alter, unbrauchbarer oder nicht mehr zeitgemäßer Wohnungen zu kompensieren.

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Die wahre Ursache liegt unter anderem in den Folgen der Maßnahmen, die zur Bekämpfung der Finanzkrise ergriffen wurden. Die Null-Zins-Politik und die Geldschöpfung der Staaten zur Bekämpfung der Corona-Krise haben die Geldmenge kontinuierlich ausgeweitet. Das hat damals die Finanzkrise beendet, da damit genügend Geld zur Verfügung stand, um weitere Spekulationen bzw. Kursanstiege zu ermöglichen, also die Flucht aus Wertpapieren – den Crash – zu verhindern. Das Verhältnis des Bruttoweltproduktes zur Geldmenge betrug schon kurz nach der Finanzkrise etwa 1:10. 70 Billionen Dollar Weltprodukt standen 700 Billionen Dollar Finanzinvestments gegenüber. Doch nach einem Jahrzehnt der Spekulation mit Derivaten wird den Investoren langsam bewusst, dass Wertpapiere, die nicht mit echten Werten hinterlegt sind, nicht auf ewig zehn Prozent pro Jahr an Wert gewinnen können. Somit hat vor einigen Jahren eine Umschichtung begonnen, die daran erkennbar war, dass Lebensmittelspekulation zunahm, Land in Afrika und Ackerboden und Wald in Europa teurer wurden und vieles mehr. Für den Durchschnittsbürger wurde dieser Vorgang jedoch erst 2022 anhand der Inflation spürbar.

Hemmnisse für die Wirtschaft

Plötzlich taucht auch eine Angst vor Rezession auf – die nicht unbegründet ist. Die Inflation kann zu abnehmendem Konsum und zur Schrumpfung der Wirtschaft führen. Dies ist umso wahrscheinlicher, da unser Konsum nur zu einem kleinen Teil einen dringenden Bedarf darstellt. Auf Essen, Wohnung und Heizung kann man kaum verzichten – aber auf das zweite Handy oder das neueste Handymodell, den zusätzlichen Flatscreen im Schlafzimmer, die Solarzelle auf dem Hausdach oder das Sky-Abo schon. Der tatsächliche Nutzen jedes neu entwickelten Produktes nimmt derzeit ab, auch wenn fast überall von Innovationen gesprochen wird.

Eine neue Schlüsseltechnologie wie sie das Auto, der Computer oder das Internet darstellten, ist derzeit noch nicht so weit, dass sie die Wirtschaft wieder antreiben würde. Das größte Hemmnis für die Wirtschaft dürfte derzeit die mangelnde Bildung – erkennbar am Fachkräftemangel – sein, denn die zunehmende Zahl von komplexen Produkten bei gleichzeitig zunehmender Automatisierung erfordert eine stark wachsende Zahl von entsprechend ausgebildeten Menschen.

Das könnte man zunächst positiv sehen, da der Konsum und damit der Ressourcenverbrauch zurückgehen, wenn der Bürger sich weniger vom kaum benötigten Wohlstand leisten kann. Doch gibt es auch gegenteilige Effekte: Zum einen lenken Inflation und Rezessionsgefahr vom Klimawandel und Nachhaltigkeitsbemühungen ab. Der Bürger hat andere Sorgen, als sich um die Verbesserung seiner Welt zu bemühen. Zum anderen führen die steigenden Preise zu billig-Käufen. Ökostrom, Bio-Produkte, Fair-Trade-Produkte, ethisch hergestellte Produkte sowie Bemühungen um Recyclingfähigkeit und Recycling verlieren an Bedeutung, wenn der Geldbeutel zwickt.

Dilemma ohne Lösung

Nicht zuletzt wirkt der durch die Inflation ausgelöste Sparzwang über die Lieferketten auf unseren Planeten zurück. Wenn Kleidung aus Bangladesh, Hightech-Produkte aus China oder Rindfleisch aus Argentinien billiger sind als die vergleichbaren Produkte aus Deutschland, so nicht deshalb, weil die Menschen dort schneller oder effizienter arbeiten würden. Es liegt daran, dass dort weniger Umweltauflagen, weniger Sozialgesetze oder Arbeitsschutzregelungen existieren. Im Ausland wird also billiger produziert, weil man dort ohne Rücksicht auf die Umwelt Rohstoffe abbauen kann, sich nicht um (Gesundheits- und) Umweltrisiken scheren muss und den bei der Produktion entstehenden Müll irgendwo in die Landschaft entlassen kann.

Ein Dilemma, für das es derzeit keine Lösung gibt, weil es auf jahrzehntelangen falschen Weichenstellungen beruht. Es zeigt, dass fortschreitende Nachhaltigkeit nur möglich ist, wenn die Welt nicht nur durch Internet und globale Märkte, sondern auch in Bezug auf ihre (Umwelt-)Standards enger zusammenrückt.

Peter Strauß

Peter Straus
Ende offen
Der Weg des
Menschen
aus der Steinzeit
in die Zukunft
156 Seiten
14 €
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