Kehrseite der Verkehrswende: Weg mit dem Schrott

Kehrseite der Verkehrswende: Weg mit dem Schrott

zeit.de: Die Millionen Verbrenner, die für die Verkehrswende aussortiert werden, landen meist im Ausland. Dort verdrecken sie die Luft – und machen den Verkehr unsicher.

Um anderthalb Tonnen Altblech loszuwerden, reicht ein Anruf – gerne darf es auch ein uralter Diesel sein. „Wir zahlen die besten Preise“, wirbt ein Händler auf seiner Visitenkarte. Autobesitzer und -besitzerinnen aus deutschen Großstädten kennen die kleinen Pappkärtchen, die Gebrauchtwagenhändlerinnen massenhaft an parkende Kfz am Straßenrand klemmen. Wählerisch ist die Branche nicht: Ein Berliner Händler nimmt laut Karte „auch Motorschäden und Unfallwagen“. Selbst Autos mit hohen Kilometerständen oder „ohne TÜV/Katalysator“ sind kein Problem.

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Das Werbekärtchen des Händlers glitzert bunt – dabei zeigt sich hier die schmutzige Seite der Mobilitätswende. Klimaneutral will Deutschland schnellstmöglich werden, auch und gerade im Verkehr. Rund 356.000 vollelektrische Autos wurden 2021 neu zugelassen – ein Plus von über 83 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Doch Neuwagen bedeuten seit jeher auch, dass alte aussortiert werden. Und die landen längst nicht alle auf dem Schrott. Einen Großteil der Verbrenner wird in andere Länder gebracht, wo sie weiter die Umwelt mit Abgasen belasten.

Das Problem ist ein globales. Millionen gebrauchter Autos, Vans und Kleinbusse werden aus Europa, USA und Japan exportiert – allein zwischen 2015 und 2018 rund 14 Millionen Kfz. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des UN-Umweltprogramms UNEP. Danach landen 80 Prozent der aussortierten Gebrauchten in Ländern mit mittlerem oder niedrigem Einkommen, davon mehr als die Hälfte in Afrika.

Millionen Autos mit veralteten Abgasnormen

Alarmierend ist vor allem der technische Zustand der Fahrzeuge. Viele sind laut dem Report nicht verkehrssicher. Afrika hat laut Weltgesundheitsorganisation die höchste Sterblichkeitsrate im Straßenverkehr mit 246.000 Fällen pro Jahr, Tendenz steigend.

Dazu kommen die schlechten Abgaswerte der Exportautos, viele erfüllen laut UNEP nicht einmal die 17 Jahre alte Abgasnorm Euro 4. So trügen sie erheblich zur Luftverschmutzung bei und behinderten die Bemühungen, die Auswirkungen des Klimawandels abzuschwächen. „Die Industrieländer müssen aufhören, Fahrzeuge zu exportieren, die bei Umwelt- und Sicherheitsinspektionen durchfallen und in ihren eigenen Ländern nicht mehr als verkehrstauglich gelten“, fordert UNEP-Direktorin Inger Andersen.

https://youtu.be/aW0iPctalTc

2021 waren von den über 48 Millionen in Deutschland zugelassenen Pkw immer noch 11,5 Millionen Fahrzeuge mit Euro-4-Abgasnorm unterwegs. Dazu kamen laut Kraftfahrt-Bundesamt weitere 5,8 Millionen Pkw mit den noch älteren Normen Euro 1 bis 3. Der Absatzrekord bei den Elektroautos zeigt sich nur sehr langsam im Bestand. Die meisten Deutschen fahren ihren alten Verbrenner weiter. 2021 erhöhte sich das Durchschnittsalter der Gebrauchtwagen auf 9,8 Jahre.

„Bis der TÜV uns scheidet“, sagt man gerne unter Alt-Auto-Fahrern. Los wird man das Wrack dann problemlos, wenn auch für wenig Geld. Freie Kfz-Händler werben gezielt damit, Autos in jedem Zustand anzukaufen. Weitervertrieben werden sie dann oft explizit „für den Export“. Der anfangs erwähnte Berliner Händler macht keinen Hehl daraus, wohin die Reise für das aufgekaufte Altmetall geht: Auf seiner Visitenkarte hat er das Foto eines großen Containerschiffs abgedruckt, darüber steht in fetten Lettern: „Export: Ostblockstaaten, Afrika“… weiterlesen

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