Kluft zwischen Klima- und Naturschutz

Kluft zwischen Klima- und Naturschutz

Deutschlandfunk.de: Bei der Energiewende spielt die Windkraft eine zentrale Rolle – vor allem auf See soll sie ausgebaut werden. Doch nicht überall sei Windkraft möglich, warnte Kim Kornelius Detloff, Leiter Meeresschutz beim NABU, im Dlf. Nord- und Ostsee seien in einem katastrophalen ökologischen Zustand.

Die neue Ampelregierung hat die Ausbauziele für die Windenergie auf See deutlich erhöht. Doch wieviel Meeresschutz muss für die notwendige Energiewende geopfert werden? Kim Kornelius Detloff, Leiter Meeresschutz beim NABU, warnte im Dlf davor, „Probleme, die wir an Land haben, ins Meer zu exportieren, weil wir meinen, dort sind die Erneuerbaren einfacher auszubauen“. Nach den aktuellen Ausbauplänen bräuchte man 30 Prozent der Nord- und Ostsee, um die Windräder aufzustellen. Doch bereits beim Bau entstünde durch das Rammen der Fundamente Lärm, der viele Tiergruppe, besonders Wale, massiv schädige. Und sind diese Parks gebaut, käme es zur Zerschneidung von Wanderrouten, zur Störung des Vogelzugs, zu Kollisionen und zu Lebensraumverlusten. Man müsse den Ausbau der erneuerbaren Energie auf See mit Augenmaß vorantreiben, mahnte Detloff. „Nicht überall ist Windenergie möglich.“

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Das Interview im Wortlaut:

Sandra Pfister: Wieviel Windkraft vertragen denn Nord- und Ostsee?

Kim Detloff: Das ist die ganz entscheidende Frage im Moment. Ich kann Ihnen sagen, dass die 70 Gigawatt Offshore-Wind aus dem Koalitionsvertrag zu viel sind, angesichts der Probleme, der Raumkonkurrenzen, aber auch der Situation der Nord- und Ostsee insgesamt. Denn das wird häufig vergessen. Wenn wir versuchen, Probleme, die wir an Land haben, ins Meer zu exportieren, weil wir meinen, dort sind die Erneuerbaren einfacher auszubauen, dann vergessen wir, dass Nord- und Ostsee in einem katastrophalen ökologischen Zustand sind. Den Meeren geht es schlecht, sie sind überlastet, die Bestände gehen zurück. Wir haben Umweltziele zum Beispiel der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie verfehlt und jetzt versuchen wir, massiv eine neue Nutzung in ein krankes System zu pressen, und das kann nicht funktionieren. Da treiben wir einen Keil zwischen Klima- und Naturschutz.

Pfister: Was ist denn das Problem bei den Windkraftanlagen? Inwieweit stören die denn das Ökosystem?

Detloff: Die Windenergie ist letztendlich eine sehr raumeinnehmende, raumwirksame Nutzung. Das heißt, wenn wir diese 70 Gigawatt ausbauen wollen, dann brauchen wir über den Daumen ungefähr 30 Prozent der deutschen Nord- und Ostsee, um diese Windräder aufzustellen. Die Konflikte, die beginnen beim Bau. Wenn die Fundamente gerammt werden mit hydraulischen Hämmern, dann wird es sehr, sehr laut, und Lärm im Meer ist ein großes Problem für alle Tiergruppen, insbesondere für Wale, die Lebensräume verlieren oder im Nahbereich zu diesen Anlagen sterben können. Wenn die Parks erst mal gebaut sind, dann kommt es zur Zerschneidung von Wanderrouten, zur Störung des Vogelzugs, zu Kollisionen und zu Lebensraumverlusten, weil wir wissen, dass streng geschützte Wildvögel in der Nordsee, Seetaucher, Basstölpel, Trottellummen diese Windparks meiden. Wir haben diese Effekte bei gerade mal ausgebauten acht Gigawatt, dass zum Beispiel ein Drittel des Vogelschutzgebietes östliche deutsche Bucht aufgrund der Windenergie unbrauchbar für diese Vögel geworden ist… weiterlesen


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