Nach Energie- und Mobilitäts- jetzt die Bauwende
Nach Energie- und Mobilitäts- jetzt die Bauwende
Mit dem „Bauhaus der Erde“ hoffen Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber und seine Mitstreiter ein ganz neues – gleichwohl äußerst brisantes – Kapitel in der Klimapolitik aufzuschlagen. Gemeinsam mit Annette Hillebrandt vom Bund Deutscher Architekten und architektinnen (BDA) sowie Dirk Messner, dem Chef des Umweltbundesamts (UBA), leitet der Gründer des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung die „entschlossene Bauwende“ ein.
Allzu lange, so Schellnhuber, hätte Klimaschutzexperten auf der ganzen Welt den „Elefant im Zimmer“ ignoriert. „Ohne eine radikale Bauwende wird das Pariser Klimaabkommen scheitern“, betonte er jetzt vor der Presse in Berlin: Allzu lange habe die Klimaforschung den gewaltigen Einfluss des Bauen bei der Betrachtung der globalen Treibhausgase negiert. Dabei ist der Bausektor mit einem Anteil von 40 Prozent das eigentliche Schwergewicht unter den Emissionsquellen, die den Klimawandel befeuern. Allein 11 Prozent der globalen Emissionen stammen aus der Betonproduktion. Zum Vergleich: Der Flugverkehr steuert 2 Prozent zum Klimawandel bei.
Bausektor ist Treiber des Klimawandels
Wer länger die Augen vor diesen Zahlen verschließe, riskiere das Scheiterns des weltweiten Klimaschutzes. Vom in Paris 2015 formulierten Ziel sei die Menschheit derzeit nur noch „ein Viertel Grad entfernt“, sagt Schellnhuber. Es ist also Eile geboten. Davon sind die Initiatoren überzeugt. Den neuen, auf private Initiative der beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gegründeten Verein, unterstützt die Laudes Foundaton.
Das „Bauhaus der Erde“ soll Treiber der Bauwende werden. Die Initiatoren sehen sich in der Tradition des originalen Bauhaus, das 2020 sein hundertjähriges Jubiläum beging. Sie sind sicher, dass Walter Gropius heute analog zu seiner Designrevolution von damals heute eine Materialrevolution anstoßen würde.
Das ehrgeizige Projekt ist auf längere Sicht angelegt. Bauen umfasse, so die Gründer, normalerweise von der Idee über die Planung und Umsetzung bis zur Nutzung fertiger Gebäude einen längeren Horizont. Fest aber steht der Ansatz: Es geht um die Umstellung auf organische Materialien. Nachwachsende Rohstoffe sind zugleich Kohlenstoffspeicher. Und sie sind recycelbar.
Schellnhuber: „Wenn wir mit nachwachsendem Material statt Beton oder Aluminium bauen, trocknen wir die CO2-Quellen aus und stärken zugleich die Kohlenstoffsenken, weil wir Wälder pflanzen und nachhaltig bewirtchafften.“
Bauen und wohnen braucht neue Wertsetzung
Heute dagegen verschlingt der Bausektor neben immensen Mengen Energie, die dann auch seine Klimabilanz ins Negative drehen, mmense Rohstoffressourcen. Mancherorts wird sogar Sand schon zur Mangelware. Nur 9 Prozent der im Bausektor in Europa verbrauchten Rohstoffe stammen allerdings von eigenen Kontinent. Die Masse importieren wir aus anderen Regionen.
Lesen Sie auch:
Die Bauwende will noch mehr anstoßen. Es gehe, betont Annette Hillebrandt, um eine neue Wertsetzung. Gerade die aktuelle Lage in der Pandemie mache vielen Menschen bewusst, dass Wohnen mehr sei als in vier Wänden zu hausen. Es gelte, schreiben die „Bauhaus der Erde“-Initiatoren, die „überragenden und einzigartigen Eigenschaften lebendiger Wesensheiten für das Bauwesen zu entdecken“.
Holz als Werkstoff habe Vorteile. Sie müssten dafür nur weiter erforscht und richtig eingesetzt werden. Dann lasse sich daraus erbebensicherer als mit Stahlbeton und kostengünstiger Bauen. Auch aus Naturschutzsicht speche nichts gegen die Bauen mit Holz – solange das Material dafür aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern stamme und Primärwald dagegen intensiver als heute geschützt bleibe.
pit