Pestizidprozess: Trotz zurückgezogenen 1374 Anzeigen noch kein Ende

Pestizidprozess in Südtirol: Zwei Brüder halten Strafanträge gegen Karl Bär aufrecht
Wir haben in der Vergangenheit schon wiederholt über den Prozess berichtet. Doch auch heute können wir leider noch kein Ende vermelden. Zwar haben inzwischen 1374 Personen ihre Anzeigen gegen Karl Bär, Referent für Agrar- und Handelspolitik am Umweltinstitut München, zurückgezogen. Da jedoch zwei Landwirte ihre Anzeigen aufrechterhalten, wird das Verfahren gegen Bär wegen angeblicher übler Nachrede fortgesetzt.
Mit der Rücknahme der Anzeigen reagierten die Landwirtinnen und Landwirte auf das im Juni 2021 erneuerte Angebot Bärs aus dem Herbst 2020, den Inhalt der im Zuge des Gerichtsprozesses beschlagnahmten und ausgewerteten Betriebshefte zum Pestizideinsatz gemeinsam zu diskutieren. In einem offenen Brief an Landesrat Schuler und die Obstwirtschaft hatte Bär am 23. Juni angekündigt, eine Rücknahme der Strafanträge auch dann zu akzeptieren, wenn zwei davon aufrechterhalten werden und das Verfahren weitergehe. Das Umweltinstitut sei nach wie vor bereit, die Ergebnisse der Auswertung der Betriebsdaten auf einer gemeinsamen Veranstaltung mit der Obstwirtschaft in Südtirol zu präsentieren und zu diskutieren.

„Wir wollten die Diskussion um den Pestizideinsatz in Südtirol nie im Gerichtssaal führen“, betont Bär. ”Die Südtiroler Obstwirtschaft und Landesregierung haben immer wieder versucht, Kritik am Pestizideinsatz gerichtlich zu verfolgen. Das ist nie gelungen. Auch die von Landesrat Arnold Schuler 2017 öffentlich forcierten, von über 1300 Bäuerinnen und Bauern unterstützten Strafanträge gegen das Umweltinstitut München und das Buch “Das Wunder von Mals” haben nur öffentliche Aufregung produziert. Der Buchautor Alexander Schiebel wurde freigesprochen, die Ermittlungen gegen seinen Verleger und den Vorstand des Umweltinstituts eingestellt und fast alle Strafanträge gegen mich zurückgezogen. Ich hoffe, dies führt zu einem konstruktiveren Umgang mit Kritikerinnen und Kritikern in Südtirol.”
Hintergrund zum Prozess gegen Karl Bär:
Anlass der Klage gegen Karl Bär vom Umweltinstitut München war die provokative Kampagne „Pestizidtirol“ im Sommer 2017. In deren Rahmen platzierte die Münchner Umweltschutzorganisation ein Plakat in der bayerischen Hauptstadt, das eine Tourismus-Marketing-Kampagne für Südtirol sowie die Südtiroler Dachmarke satirisch verfremdete. Zusammen mit einer Website hatte die Aktion zum Ziel, auf den hohen Pestizideinsatz in der beliebten Urlaubsregion aufmerksam zu machen. In den Apfelplantagen Südtirols werden nachweislich große Mengen an natur- und gesundheitsschädlichen Pestiziden ausgebracht. Bis zu zwanzig mal pro Saison werden dort die Apfelbäume gespritzt. Für den Text auf der Website und die Verfremdung des Südtirol-Logos steht Bär nun seit September 2020 in Bozen wegen angeblich übler Nachrede und Markenfälschung vor Gericht. (Quelle: Umweltinstitut München)
Infos zum Prozess und den Hintergründen unter http://www.umweltinstitut.org/aktuelle-meldungen/meldungen/2021/pestizidtirol/suedtiroler-pestizidprozess-kritikerinnen-verklagen-das-geht-nach-hinten-los.html
hjo