Plastik-Reycling hat ein Giftproblem

Plastik-Reycling hat ein Giftproblem
welt.de: Massen von Plastikmüll belasten die Umwelt. Recyling kann eine Lösung sein. Forscher haben aber die Kunststoffe untersucht und extrem viele giftige Stoffe und Pestizide gefunden. Für die angestrebte Kreislaufwirtschaft ist das ein Problem.
Als eine Lösung im Kampf gegen Plastikmüll in der Umwelt gilt das möglichst umfassende Recycling von Kunststoffen. Doch es gibt ein Problem: Recycelter Kunststoff kann eine ganze Reihe gefährlicher Stoffe enthalten, wie die Analyse eines Forschungsteams um Bethanie Carney Almroth von der Universität Göteborg und Eric Carmona vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig kürzlich ergab. Recycelte Kunststoffe seien daher für die meisten Zwecke ungeeignet und eine echte Kreislaufwirtschaft so zunächst nicht möglich, lautet sein Fazit.
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Zwar gibt es einige nationale und regionale Vorschriften für die zulässigen Konzentrationen gefährlicher Chemikalien in bestimmten Kunststoffprodukten, aber weniger als ein Prozent der Kunststoffchemikalien unterliegen internationalen Vorschriften. Mit Kunststoffabfällen wird aber international gehandelt, eine umfassende Überwachung von Chemikalien in recycelten Materialien finde nicht statt, so die Forscher.
Viele Chemikalien machen das Recycling schwierig
In der EU unterliegen die Bausteine der Kunststoffe sowie die zugesetzten Hilfsstoffe der EU-Chemikalienverordnung „Reach“, wie es vom Umweltbundesamt (UBA) heißt. Ihr Risiko für Mensch und Umwelt müsse jeweils geprüft werden. Richtig sei aber, dass bei Recyclingkunststoff noch zusätzliche Auflagen benötigt würden, da zum Beispiel unter „Reach“ Verunreinigungen möglicherweise nicht ausreichend betrachtet würden. „Daneben ist es zutreffend, dass im globalen Kontext noch viel zu tun ist.“
Generell aber sei Kunststoffrecycling ein notwendiger Beitrag zur Kreislaufwirtschaft, betont UBA-Expertin Ines Oehme.
Das Team um Almroth und Carmona hatte Pellets aus recyceltem Kunststoff aus Recyclinganlagen 13 verschiedener Länder in Afrika, Südamerika, Asien und Osteuropa untersucht. Insgesamt wurden 28 Granulatproben von recyceltem Polyethylen hoher Dichte (HDPE) sowie zum Vergleich ein aus neuem HDPE hergestelltes Pellet analysiert. Die Pellets aus recyceltem HDPE enthielten demnach hunderte giftige Chemikalien, darunter hochgiftige Pestizide sowie Arzneimittel. Weitere der insgesamt mehr als 600 identifizierten chemischen Verbindungen waren Industriechemikalien und Kunststoffadditive.
Bestimmte Chemikalien wie N-Ethyl-o-Toluensulfonamid, ein bei der HDPE-Verarbeitung verwendeter Weichmacher, seien in allen Produkten gefunden worden, hieß es. Die Chemikalie mit der zweithöchsten Häufigkeit sei der Gummizusatzstoff N,N-Dimethyl-p-phenylendiamin gewesen, schreiben die Forscher im Fachjournal „Data in Brief“. Giftige Chemikalien werden demnach zum einen bei der Herstellung von Kunststoffen verwendet, zudem können diese während ihrer Verwendung chemische Substanzen absorbieren.
Der untersuchte Kunststoff HDPE sei anders als etwa Polyethylenterephthalat (PET) sehr aufnahmefähig für Stoffe, erklärt UBA-Expertin Oehme zu den Ergebnissen. „Das heißt, Stoffe können sehr leicht in den Kunststoff migrieren und sind dort auch nur schwer wieder vollständig herauszubekommen.“ Auf andere Kunststoffe seien die Ergebnisse der Studie daher nicht direkt übertragbar.
Was jeweils die Ursache für die Verunreinigung der Rezyklate – insbesondere für die Funde an Pestiziden – war, lasse sich nur vermuten, da diese an vielen Stellen der Wertschöpfungskette stattfinden könne. Im konkreten Fall sei das besonders schwierig, da die Abfallströme nicht bekannt seien, aus denen die Rezyklate gewonnen wurden, sagt die Leiterin des UBA-Fachgebiets Kunststoffe und Verpackungen.
Als Ursache infrage kommen etwa die Fehlentsorgung von Behältern für Pestizidprodukte oder andere gefährliche Stoffe, die Umfüllung solcher Substanzen durch Kleinanwender etwa in HDPE-Flaschen mit anschließender Sammlung für ein Recycling oder eine Verunreinigung unbelasteter Kunststoffabfälle während Transport und Lagerung.
Risiko für die Beschäftigten und die Verbraucher
Insgesamt werden dem Team um Almroth und Carmona zufolge rund 13.000 Chemikalien bei der Herstellung von Kunststoffen und Kunststoffprodukten verwendet. Ein Viertel davon werde als gefährlich eingestuft. Für tausende Chemikalien lägen noch keine Daten vor, nicht einmal grundlegende toxikologische Angaben.
Das Wissen um potenzielle Gefahren von Stoffen sei nie endgültig, sondern immer Erkenntnisstand zum jeweiligen Zeitpunkt, erklärt Oehme. Der Datenbestand stehe dabei in Bezug zu den jeweiligen regulatorischen Anforderungen.
In der EU hängen die von den Unternehmen einzureichenden Informationen Oehme zufolge wiederum von den Mengen des Stoffes ab, die jedes Jahr dort hergestellt oder importiert und auf den Markt gebracht würden. Bei Mengen zwischen einer und zehn Tonnen pro Jahr seien nur einfache Studien zum Screening auf bestimmte Gefährlichkeitsmerkmale gefordert, die bestenfalls Hinweise auf potenzielle Effekte auf Mensch oder Umwelt und die darin lebenden Organismen gäben…. weiterlesen