Solateur: Büros sollen Stress mindern

Solateur: Büros sollen Stress mindern
Mooswänden und Holz im Innenraum sorgen für eine hohe Aufenthaltsqualität. Foto: ESS Kempfle

Solateur: Büros sollen Stress mindern

Die Photovoltaikbranche boomt. Weil immer mehr Menschen und Unternehmen energieautark ihren eigenen Strom produzieren wollen, hat die Firma ESS Kempfle enorme Zuwachszahlen. Aus dem einst 20 Mitarbeiter großen Betrieb ist ein Solateur-Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von mehr als 45 Millionen Euro geworden.

Deshalb hat Unternehmer Wolfgang Kempfle unlängst investiert und im Leipheimer Industriegebiet an der Langenauer Straße eine mehr als 2.400 Quadratmeter (m²) große Immobilie erworben. Die ehemalige Flüssigeiabfüllfabrik im Riedweg wurde nun aufwändig umgenutzt und modernisiert. Neben 700 m² Büro- finden sich dort 1.000 m² Lagerflächen. Inzwischen arbeiten 55 Menschen am neuen Standort – in dem auch das Unternehmerehepaar Bettina und Wolfgang residiert.

Stresslevel senken

Doch wenn es gut läuft, hat der Schwung meist eine Schattenseite. „Wir haben oft einen enormen Stress in der Arbeit“, gesteht Wolfgang Kempfle. Der Druck, Termine auf den Baustellen zu halten, sei groß. Hinzu kämen volatile Einkaufspreise und der Fachkräftemangel. „Da immer einen kühlen Kopf zu bewahren, ist nicht einfach“, so der 53-jährige Chef.

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Um das branchenbedingte Stresslevel zu senken, hat sich der Mittelständler etwas einfallen lassen. Die neuen Innenräume der Immobilie sind nach Feng-Shui-Prinzipien gestaltet. Wie das im Detail aussieht und welche Wirkung sich die Kempfles von erdigen Farbtönen, Holzvertäfelungen, Mooswänden und einem Metallbrunnen erhoffen, erklärt Cornelia Schmid aus Erolzheim.

Die gelernte Chemielaborantin und ehemalige Projektmanagerin lebte berufsbedingt mit ihrem Mann zwei Jahre in Indien und hat sich auf dem Gebiet der chinesischen Raumkultur weitergebildet. Heute berät die Mutter zweier kleiner Kinder jährlich rund 20 Klienten – Menschen, die ihr Wohnhaus nach dem Energieflussprinzip einrichten wollen. Oder eben Unternehmer, die ihren Gebäuden ein Wohlfühlklima einhauchen möchten.

Energiefluss steht im Zentrum

Bei der Feng-Shui-Lehre steht der Energiefluss im Zentrum. Den gilt es fließen zu lassen – allerdings nicht zu schnell. Experten reden hier von Chi. „Der in Indien Prana heißt und früher in Europa als Äther bekannt war“, wie Schmid verdeutlicht. Laien könnten sich den Chi-Fluss wie einen Luftstrom vorstellen. „Wenn der durch die Büros pfeift, ist es meist stressig“, erklärt die 37-Jährige.

Wer nun die renovierten Räume im Riedweg betritt, dem fällt auf, dass der Fußboden an keiner Stelle durchgängig verläuft. Stattdessen finden sich wellenartige Muster im geschwungenen Teppich, eine Kaffee-Küche ist mit Parkettboden optisch abgesetzt. In einer Besprechungsecke sorgt eine 3 mal 4 Meter große Mooswand für Raumfeuchte und Schallschutz. Ein Highlight ist der Wasserbrunnen aus Metall im Eingangsbereich.

Das rieselnde Nass hebt die Luftfeuchte im Raum und verlangsamt den Puls. „Wir wollen eine Atmosphäre des Wohlbefindens schaffen“, sagt Schmid. Die Bürofläche soll beruhigen. Dafür sorgen die vielen Holzelemente an Wänden und Decken sowie einige Zimmerpflanzen. Doch die chinesische Raumkunst geht noch weiter. Sie beruht auf fünf Elementen: Feuer, Wasser, Erde, Metall und eben Holz, die den Himmelsrichtungen zugeordnet und mit Farbtönen hinterlegt sind.

Chefbüro ist feurig und kreativ

Rot – man ahnt es – steht für Feuer und blau für Wasser. Metall ist nicht nur Blech oder Kupfer, sondern auch Glas und alles andere, was glänzt und glatt an der Oberfläche ist. Erde und Holz sind sinnigerweise Erd- und Holztöne bzw. -materialien. Wem das nicht reicht, der kann im Businesskontext noch die Arbeitsplätze der Menschen deren persönlichen Elementen zuordnen. Diese ergeben sich aus dem Geburtsjahr. Können laut Lehre aber auch Mischtypen sein.

Deutlich wird das im Chefbüro. Wolfgang Kempfle ist ein Holz-Typ. Der fühlt sich in Rot- und Grüntönen wohl. Kempfles Büro, ist daher in zart-rosé gehalten. Außerdem hat es eine Kommandoposition erhalten. „Im Altbau stand mein Schreibtisch unter der Treppe – wie bei Harry Potter“, lacht Kempfle. Der neue Ort ist gen Süden gerichtet und ein Eck- statt eines Durchlaufbüros. „Feurig und kreativ“, wie Schmid analysiert.

Dabei betont sie die 5.000 Jahre alte, naturwissenschaftliche Expertise, die der Raumgestaltung zugrunde liege. Und lässt ihren Kunden gleichwohl Raum für Individualität. „Wir haben schon geschaut, dass sich alle an ihren Arbeitsplätzen wohlfühlen“, betont Schmid, die seit vier Jahren selbständig ist. Als Basispapier schreibt sie den Kempfles eine 100-seitige Vorlage, davor misst, rechnet und kalkuliert die Expertin. Und findet unter dem Fußboden noch Störquellen: Wasseradern und Erdverwerfungen werden schließlich mit einer baubiologischen Folie abgedeckt. Darauf liegt jetzt der mehrfarbige Teppich.

Hohe Aufenthaltsqualität

Und was sagen die Mitarbeiter? „Die sind happy“, fasst Kempfle zusammen, der nun zudem den Altbau in der Max-Eyth-Straße nach Feng-Shui-Prinzipien umgestalten will. Teurer als eine herkömmliche Büroeinrichtung sei die chinesische Variante übrigens nicht unbedingt, so Schmid. Im Gegenteil, weil von Anbeginn alles harmonisiert wird, gelinge der Baustellenablauf ohne Rückschläge oder Mängel, ist sie sich sicher. Und auch wer Feng-Shui nichts abgewinnen kann, der müsse zugeben, dass die Büros eine hohe Aufenthaltsqualität haben, so Kempfle. Das sehen auch seine Mitarbeiter so. Und für die sind die Räume ja gemacht.

Lukas Nekher

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