Strom umsonst: So will das ein Gründer erreichen

Strom umsonst: So will das ein Gründer erreichen
Foto: Pixabay CC/PublicDOmain

Strom umsonst: So will das ein Gründer erreichen

focus.de: Strom ist teuer – müsste er aber nicht sein. Er könnte praktisch umsonst sein, sagt Philipp Schröder. Der Unternehmer, einst Teslas Deutschland-Chef, will mit seinem neuen Projekt Deutschlands Strommarkt umkrempeln. Wie das funktionieren soll, und warum die Fossil-Lobby sich gerade schlimmer verhält als einst die Tabak-Lobby, erklärt Schröder im großen Interview mit FOCUS online.

Er ist kein Unbekannter, wenn es um klimafreundliche Technologie geht: Mit 24 Jahren gründete Philipp Schröder sein erstes Unternehmen, später mit 28 den Batteriespeicher-Spezialisten Sonnen. Nur zwei Jahre später, Ende 2013, machte ihn Elon Musk zum Deutschlandchef des Autobauers Tesla. Heute ist Schröder 39 Jahre alt, und gründet immer noch. Mit seinem jüngsten Projekt will er die Erfahrungen all dieser Jahre vereinen – und nebenbei den Strommarkt umkrempeln.

FOCUS online: Herr Schröder, nach Tesla Deutschland und Sonnen nun „1Komma5°“ – was verbirgt sich dahinter?

Philipp Schröder: „1Komma5°“ besteht aus zwei Säulen: Wir übernehmen zum einen mehrheitlich Elektrikerfachbetriebe in ganz Europa, die heute schon auf Wärmepumpen, Speicher und Solaranlagen spezialisiert sind. Und digitalisieren dann alle Abläufe in den Betrieben, weil wir alles günstiger, einfacher, schneller und integrativer machen wollen.

Die zweite Säule ist unsere eigene Technologie, die Software-Plattform „Heartbeat“, die alle Systeme unserer Kunden zu einem großen virtuellen Kraftwerk verbindet. Der Clou ist, dass unsere Kunden so zum Beispiel von überschüssigem – und damit günstigem – Windstrom profitieren und damit die Amortisationszeit seines Investments reduziert.

FOCUS online: Das klingt nach „alt trifft neu“. Aber was genau soll dabei für den Kunden herauskommen?

Schröder: Weil wir selbst die Handwerker stellen, bekommt der Kunde von der Planung bis zum Netzanschluss alles aus einer Hand. Denn im Handwerk des Elektrikers treffen alle Megatrends an Gebäuden zusammen. Früher gab es Ölkessel und Verbrennerautos und Strom aus der Steckdose. Heute kommt der günstigste Strom vom Dach und betreibt sowohl Auto als auch Wärmepumpe.

Viel wichtiger ist aber „Heartbeat“, die einen optimalen wirtschaftlichen Nutzen schafft. Das Auto soll dann aufladen, wenn gerade die Sonne scheint und der eigene Strom zur Verfügung steht. Aber gleichzeitig – und das ist entscheidend – weiß das System eben auch, wenn der Strom an der Börse günstig, ja beinahe kostenlos ist. Dann werden Wärmepumpe und Elektroauto zum besten Zeitpunkt mit billigstem Strom geladen. Das senkt die Kosten ungemein, gerade wenn man das mal auf 20 Jahre hochrechnet.

Denn trotz Energiekrise und Rekordpreisen an den Märkten hatten wir auch jüngst wieder einen Windenergieüberschuss und daher Tage, ja Wochen, an denen stundenlang der Strompreis auf unter Null fiel! Genau davon sollen unsere Kunden profitieren – nahezu kostenfreier Strom. Gleichzeitig helfen wir so auch, dass erneuerbarer Strom besser integriert wird.

FOCUS online: Strom selber erzeugen, speichern, und den Verbrauch intelligent steuern – das gibt es doch schon. Was ist wirklich neu bei „1Komma5 ° “?

Schröder: Bislang gab es für einige Produkte bestimmter Hersteller. Bei Sonnen war das unser Ansatz. Auch Tesla denkt in dieser Richtung. Wir setzen bei „1Komma5°“ auf eine herstellerunabhängige Plattform, das ist neu. Unser Anspruch ist es, alle relevanten Systeme der führenden Hersteller in einem „virtuellen Kraftwerk“ zu vernetzen.

Der Clou dabei ist, dass wir Zugriff auf die nötigen Schnittstellen haben und so alles durch unsere Software zentral steuern können. Dadurch kann das System der Kunden mitwachsen. Egal ob Air Conditioning, Poolpumpen, Elektroautos, Wärmepumpe – das alles können wir mit „Heartbeat“ vernetzen, steuern und der Kunde kann dies über unsere App überwachen.

FOCUS online: Ein Rundum-sorglos-Paket hört sich zwar gut an, aber ein solches Angebot muss teuer sein. Wie finanziert sich 1Komma5Grad?

Schröder: Wir sind zwar erst 19 Monate alt, aber schon jetzt mit 45 Standorten von Helsinki bis Sydney vertreten und beschäftigen über 1000 Mitarbeitende. 2022 haben wir knapp 210 Millionen Euro Umsatz gemacht und sind bereits profitabel. Und das bei einem Wachstum von knapp 900 Prozent gegenüber 2021.

Natürlich haben wir auch große Investoren an Bord. Wir brauchen Kapital, um uns an Unternehmen aus dem Fachhandwerk zu beteiligen und um eigene Standorte zu eröffnen. Porsche hat beispielsweise investiert, ebenso wie andere renommierte Investoren wie Haniel oder eCapital. Unsere erste Finanzierungsrunde war mit rund 200 Millionen Euro die größte, die es bislang für eine sogenannte Series A in Europa im Energiebereich gab.

FOCUS online: Nach kaum zwei Jahren schon profitabel – das schaffen die wenigsten Startups.

Schröder: Ja. Profitabilität ist ein wichtiger Punkt für uns. Ein Grund, warum wir so schnell sein konnten, ist, dass wir ein großes, erfahrenes Team von ehemaligen Mitarbeitern von Tesla, Google und Sonnen haben, das bereits miteinander gearbeitet hat.

Darüber hinaus haben wir über Jahre einen persönlichen Zugang zum Fachhandwerk aufgebaut. Schon bei Tesla haben wir intensiv mit Fachbetrieben für Ladelösungen geredet. Bei Sonnen dasselbe. Weltweit habe ich persönlich bestimmt schon mit 2000 Installateuren gesprochen… weiterlesen

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