Umdenken am Herd und Esstisch
Umdenken am Herd und Esstisch
Klimaschutz beim Essen: Malte Rubach schreibt in seinem Buch „Ökobilanz auf dem Teller“, wie das machbar sein soll – und denoch schmecken kann. Es gehe ihm dabei nicht um den „absoluten Verzicht auf tierische Ernährung“. Er sucht nach neuen Konsummustern. Die könnten und sollen es uns ermöglichen, den ökologischen Fußabdruck unserer Ernährung zu schmälern – durch saisonale und regionale Produkte. Rubach vergleicht dabei immer wieder unsere tagtäglichen Handlungen mit der Klimawirkung unserer Lebensmittel. Dabei deckt er mitunter erstaunliche Zahlen auf. Die lösen auf jeden Fall ein Nachdenken aus – und hoffentlich auch ein Umdenken sowie ein Umsteuern unseres Verhaltens an Herd oder Esstisch.
Im Gespräch mt globalmagazin erkärt der Autor und Ernährungswissenschaftler, warum diese Vergleiche wichtig sind:
Ist es nicht ein Luxusproblem, die Klimawirkung unseres Essens zu beleuchten, wenn anderswo Menschen hungern?
Dr. Malte Rubach: Keinesfalls, wir essen in den Industriestaaten tendenziell zu viele Kalorien und Eiweiß, was wir uns sparen könnten und damit die dazu nötigen Ressourcen und entstandenen Klimagase. Damit lösen wir zwar nicht das Hungerproblem, aber leisten einen Beitrag für die Umwelt.
Sie reden davon, dass wir Essen „guten Gewissens genießen können“: Wie soll das gehen, wenn ich ständig berechnen muss, wie viel CO2 mein Steak oder mein Müsli verursacht haben?
Sie müssen nichts berechnen, wenn Sie sich an drei einfache Grundregeln halten: maximal 300-600 Gramm Fleisch pro Woche, überwiegend Leitungswasser trinken sowie möglichst frisch, regional und saisonal selbst kochen.
Verzicht auf tierische Nahrung muss nicht sein
(Warum) Macht es überhaupt Sinn, die Klimawirkung unseres Essens stetig mit anderen Alltagshandlungen zu vergleichen?
Ja, schauen Sie: Pro Person macht die Ernährung in Deutschland und Österreich etwa 15 Prozent des Klima-Fußabdrucks aus. Das heißt 85 Prozent liegen in anderen Alltagshandlungen. Wo ist also der größere Hebel? Essen müssen wir immer, auf manches anderes könnte man verzichten, auf manches aber auch wieder nicht. Ein Vergleich hilft, das gesamte Konsumverhalten im Blick zu haben und nicht nur einzelne Lebensmittel entweder als Klimakiller oder Klimaretter zu betiteln.
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Den „absoluten Verzicht auf tierische Nahrungsmittel“ brauche es nicht, sagen Sie. Welche wichtigen Regeln muss ich stattdessen beachten?
Jeder muss sich darüber klar sein, dass es bei Umweltwirkungen der Ernährung nicht nur um das Klima geht. Auch Wasserverbrauch und Landnutzung sind weitere Faktoren. Cashews haben zum Beispiel einen ähnlich hohen Wasserverbrauch wie Rindfleisch, werden aber oft für tierfreie Ersatzprodukte hergenommen. Leider wachsen die aber nur dort, wo es ohnehin schon wenig Wasser gibt, während die deutsche Landwirtschaft nur gerade ein Prozent des Frischwassers verbraucht, der Rest fällt als Regen vom Himmel. Regionale Produkte sind deshalb immer nachhaltiger als Importe außerhalb der EU. Wenn es auch saisonal ist, noch besser.
Niemand muss ein Starkoch werden
Regional und saisonal gelten als Prinzipien für eine nachhaltige Ernährung. Nun gibt es aber Menschen, die aufs Geld schauen (müssen): Was sollen die kochen?
Möglichst frisch und wenig hoch verarbeitete Fertig-Lebensmittel selber verarbeiten. Fleisch wie gesagt begrenzen, dann kommt man tatsächlich gut hin, auch was die Kosten betrifft.
Sie raten uns, mehr „selbst zu kochen“ und „mehr zu genießen“: Was mache ich, wenn zum Kochen die Zeit fehlt und zum Genießen ein Mit-Esser?
Die Zeit muss sich jeder nehmen, so oft es eben geht. Die Zeit wird auch immer weniger, je mehr Übung man hat und je besser man plant. Und niemand muss kochen wie ein Star-Koch, es gibt klasse Rezeptbücher für den Einstieg, mit wenigen Zutaten und maximal 15 Minuten Aufwand. Gesellschaft beim Essen ist wichtig, aber jeder sollte sich im Zweifel auch selbst genug sein, schließlich geht es um Körper, Gesundheit und die Umwelt. Eine schöne Ess-Atmosphäre ist übrigens immer förderlich: Kerzen anzünden, Musik im Hintergrund, den Tisch schön decken und so unsere Mahlzeiten auch durch das Ambiente wertschätzen.
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Dr. Malte Rubach
Die Ökobilanz auf dem Teller
Wie wir mit unserem Essen
das Klima schützen können
Hirzel Verlag,
Stuttgart, 2020
248 Seiten, 18 Euro