UN-Hochseeabkommen: Gescheitert, aber nicht vom Tisch
UN-Hochseeabkommen: Gescheitert, aber nicht vom Tisch
Von Steve Trent, Geschäftsführer (CEO) und Gründer der Environmental Justice Foundation
Ein kollektives Versagen an Ehrgeiz und Weitsicht hat dazu geführt, dass die Verhandlungen der UN-Mitgliedstaaten über ein Abkommen zum Schutz der Hohen See erneut gescheitert sind.
Der Ozean ist unser größter Verbündeter im Kampf gegen die Klimakrise. Um bis 2030 mindestens 30 % der Weltmeere und damit unser Klima und die Lebensgrundlagen von Milliarden von Menschen zu schützen, müssen die führenden Politiker*innen der Welt ihr Versprechen einhalten und auf der UN-Biodiversitätskonferenz (COP15) im Dezember einen ehrgeizigen Vertrag für den Schutz der Hochsee abschließen.
Während sich der Zustand unserer Meere weiter verschlechtert, ist es den Ländern erneut nicht gelungen, die UN-Verhandlungen über einen neuen Vertrag für die Verwaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt der Hochsee abzuschließen. Kritisches Thema der Gespräche bildete die Aufteilung möglicher Gewinne aus der künftigen Erschließung von Meeresressourcen in internationalen Gewässern. Uneinigkeit gab es auch im Hinblick auf das Verfahren zur Einrichtung von Schutzgebieten (“Marine Protected Areas”, MPAs) – ein wichtiges Instrument, um marine Ökosysteme zu schützen und klare rechtliche Rahmenbedingungen für die industrielle Fischerei festzulegen.
Dieser jüngste Rückschlag zeigt, wie weit die Versprechen für den Meeresschutz, die Staats- und Regierungschef*innen in diesem Jahr auf dem One Ocean Summit und der UN-Ozeankonferenz gemacht haben, mit tatsächlichem politischen Handeln auseinanderklaffen.
„Der katastrophale Zustand unserer Meere erfordert einen grundlegenden Wandel im Umgang mit ihnen. Umso enttäuschender ist es, dass die Regierungen sich nicht auf ein Abkommen zum Schutz der Hohen See einigen konnten”, so Steve Trent, Geschäftsführer und Gründer der Environmental Justice Foundation (EJF). „Wir verdanken dem Ozean jeden zweiten Atemzug. Er ist entscheidend für ein stabiles Weltklima, die Ernährungssicherheit und unser Wohlergehen. Wenn die Regierungen der Welt es ernst mit der Bewältigung der Klima- und Biodiversitätskrise meinen, müssen sie ihr Versprechen für ein ehrgeiziges Abkommen zum Schutz der Hochsee bis Ende 2022 einlösen.”
Anhaltende Ausbeutung
Die Hohe See macht mehr als 60 % des Ozeans aus. Sie umfasst riesige Gebiete, die außerhalb der Gerichtsbarkeit der einzelnen Staaten – also außerhalb der ausschließlichen Wirtschaftszone eines Staates – liegen. Derzeit wird nur etwa ein Prozent der Hochsee durch internationale Abkommen geschützt.
EJF-Untersuchungen zeigen, wie mangelnde Transparenz in der globalen Fischerei sowie die lückenhafte Verwaltung unserer Meere illegale Fischerei und Menschenrechtsverstöße an Bord von Fischereischiffen begünstigt. Ein internationales Abkommen ist daher längst überfällig, um marine Ökosysteme vor der Zerstörung und potenziell irreversiblen Schäden zu schützen und Menschenrechte zu stärken.
Die Zeit läuft
Der Ozean ist das ‚blau schlagende Herz’ unserer Erde. Seine Gesundheit ist nicht nur wichtig für unseren Planeten, sondern steht auch in direktem Zusammenhang mit besseren Lebensbedingungen, insbesondere von Küstengemeinschaften: Derzeit sind mehr als drei Milliarden Menschen für ihren Lebensunterhalt auf die biologische Vielfalt der Meere und Küsten angewiesen.
Ohne ein starkes globales Abkommen, das die Weltmeere effektiv vor der Ausbeutung bewahrt, ist das Ziel vieler Staaten, bis 2030 30 % des Ozeans zu schützen, nicht zu erreichen. Auf der UN-Biodiversitätskonferenz (COP15) im Dezember in Kanada muss daher dringend ein globales Rahmenwerk für den Schutz der biologischen Vielfalt der Hohen See verabschiedet werden. Als Mitglied der „High Ambition Coalition on Biodiversity beyond National Jurisdiction” sollte insbesondere Deutschland sich seiner globalen Verantwortung stellen und in den Verhandlungen ehrgeizige und verbindliche Ziele forcieren.
15 Jahre ringen die UN-Mitgliedstaaten bereits um ein Schutzabkommen für unseren Ozean. Viel wurde verhandelt – nun braucht es entschiedene Maßnahmen, um unsere Meere und alles Leben, das von ihnen abhängt, zu bewahren.
Die Environmental Justice Foundation ist eine gemeinnützige Organisation, die sich weltweit für den Schutz der Umwelt und die Verteidigung der Menschenrechte einsetzt. Sie ist international aktiv und hat Standorte in Großbritannien, Belgien, Deutschland, Südkorea, Taiwan, Thailand, Indonesien, Japan, Ghana und Liberia. Am Standort in Hamburg leistet sie vorrangig Aufklärungsarbeit zu den Themen Klimakrise und Vertreibung sowie zu illegaler Fischerei und Menschenrechtsverletzungen auf See.