UN-Klimagpfel: Korruption auf allen Ebenen
UN-Klimagpfel: Korruption auf allen Ebenen
Von Steve Trent, Geschäftsführer (CEO) und Gründer der Environmental Justice Foundation
Erdöl-Boss Sultan Al Jaber wurde zum Präsidenten der COP28 ernannt – ein klares Zeichen dafür, dass die jährlichen Weltklimakonferenzen vollständig von der fossilen Brennstoffindustrie dominiert werden, obwohl sich die Klimakrise Tag für Tag weiter verschärft. Dieser zutiefst schädliche Einfluss muss dringend beendet werden.
Die diesjährige COP28 bietet den Regierungen der Welt die Gelegenheit, sich zu zügigen und radikalen Emissionssenkungen zu verpflichten, um die Klimakatastrophe abzuwenden. Doch schon im Vorfeld stehen die Zeichen schlecht: Die Vereinigten Arabischen Emirate haben Dr. Sultan Ahmed Al Jaber, Geschäftsführer der Abu Dhabi National Oil Company (ADNOC), zum Präsidenten des nächsten UN-Klimagipfels in Dubai ernannt. Die Hoffnung auf echte Klimaschutzmaßnahmen scheint damit in weite Ferne gerückt.
Dass der amtierende CEO eines Ölkonzerns die größte Klimakonferenz der Welt leiten darf, stellt einen eindeutigen Interessenkonflikt dar. Der jüngste IPCC-Bericht bestätigt erneut, dass fossile Brennstoffe nicht mit dem Ziel, die Erdüberhitzug auf 1,5 °C zu begrenzen, vereinbar sind. Folgendes Zitat legt nahe, dass Al Jaber nicht vorhat, sich für eine Zukunft ohne fossile Energie einzusetzen:
„Wir sind ein aufstrebendes Upstream-Unternehmen (…) mit dem Ziel, weiterhin das unerschlossene Öl- und Gaspotenzial der Vereinigten Arabischen Emirate auszuschöpfen.“
EINFLUSS DER FOSSILEN BRENNSTOFFINDUSTRIE
Al Jabers Präsidentschaft ist der jüngste verhängnisvolle Schritt in der allmählichen, aber systematischen Übernahme der Weltklimagipfel durch die fossile Brennstoffindustrie. Trotz eindeutiger Beweise dafür, dass ihre Interessen einer nachhaltigeren Zukunft und allem Leben auf der Erde zuwiderlaufen, ist ihr Einfluss von Jahr zu Jahr gewachsen.
Die stetig steigende Zahl der Delegierten für fossile Brennstoffe bei den Konferenzen verdeutlicht diesen Trend: So nahmen im letzten Jahr 636 entsprechende Lobbyist*innen an der COP27 in Ägypten teil – mehr als die 503 Delegierten der COP26 und mehr als jede andere nationale Delegation außer den Gastgebern der COP28. Sie nutzten den Anlass, um Fehlinformationen über die Klimakrise zu verbreiten, wichtige Maßnahmen zur Emissionsminderung zu verzögern, Gas als „Übergangskraftstoff“ zu bezeichnen und Verhandlungen über neue Vereinbarungen hinter verschlossenen Türen zu beeinflussen.
Wenn die Vereinigten Arabischen Emirate den Chef eines Mineralölkonzerns als Präsidenten zulassen, wird die COP28 zu einer Konferenz, die es Unternehmen ermöglicht, das Ende des fossilen Zeitalters unnötig hinauszuzögern – und das, obwohl fossile Energieprojekte die Auswirkungen der Klimakrise für die am stärksten von ihr betroffenen Menschen verschärfen.
Frühere Weltklimagipfel waren dafür berüchtigt, von Konzernen mit hohem Emissionsausstoß gesponsert zu sein. Dieses Vorgehen ist überaus kritisch und stößt auch auf Missverständnis und Widerspruch in der Öffentlichkeit. Letztes Jahr sponserte Coca-Cola die Veranstaltung – eine traurige Demonstration von Greenwashing, denn das Unternehmen ist hauptverantwortlich dafür, dass unsere Erde im Plastikmüll erstickt.
IGNORIERTE STIMMEN DER BETROFFENEN
Während die Industrie für fossile Brennstoffe sich ihren Weg zur Einflussnahme und Macht erkauft, werden die Menschen, die am stärksten unter den Auswirkungen unserer sich aufheizenden Welt leiden, systematisch vom Weltklimagipfel ausgeschlossen.
Im letzten Jahr wurden so etwa viele afrikanische Aktivist*innen von der COP27 – der angeblichen Konferenz „in Afrika für Afrika“ – ausgeschlossen, während andere gezwungen waren, sich an strenge Protestauflagen zu halten. Auch innerhalb der Verhandlungsräume sah es nicht besser aus: Obwohl 300 indigene Delegierte am Klimagipfel teilnahmen, wurden sie weitgehend ignoriert, als es darum ging, die Rechte indigener Völker in die Abschlusserklärung aufzunehmen.
Damit die COP28 globale Klimagerechtigkeit wirkungsvoll voranbringen kann, müssen die Machtverhältnisse rund um den UN-Klimagipfel neu geordnet werden. Die Interessen der fossilen Brennstoffindustrie dürfen nicht weiter im Mittelpunkt der Verhandlungen stehen. Stattdessen muss sichergestellt werden, dass die Menschen, die am stärksten von der Klimakrise betroffen sind, echten Einfluss auf die Entscheidungsfindung nehmen können.
Maßnahmen für Klimaschutz sind die beste Investition in eine sichere, nachhaltige und gerechte Zukunft, die die Staats- und Regierungschef*innen der Welt heute tätigen können – sie dürfen damit nicht erst auf den nächsten Klimagipfel warten.
Es ist zwingend notwendig, dass wir unsere Emissionen schnell und radikal reduzieren. Für eine nachhaltige Transformation unserer Wirtschaft und Gesellschaft müssen Industrienationen mutig vorangehen. Einerseits braucht es dafür eine vollständige Umstellung auf eine Energieversorgung, die auf erneuerbaren Energien basiert, ebenso wie Investitionen in naturbasierte Lösungen, um die Klimakrise zu stoppen. Gleichzeitig bedarf es einer ausreichenden Klimafinanzierung, um die Länder des Globalen Südens finanziell bei der Reduzierung von Treibhausgasemissionen und der Anpassung an klimatische Veränderungen infolge der globalen Erwärmung zu unterstützen.
Wir können unsere Welt mit oder ohne Klimakonferenz verändern – es ist an der Zeit, heute für die Zukunft von morgen zu handeln.
Den Originalartikel finden Sie hier…
Über den Autor:
Steven Michael Trent ist Geschäftsführer (CEO) und Gründer der Environmental Justice Foundation. Er verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung im Bereich Umweltschutz sowie im Bereich Interessensvertretung. Er selbst hat bereits mehrere verdeckte Untersuchungen durchgeführt und Kampagnen in über 30 Ländern geleitet, darunter in Bangladesch, Brasilien, Kambodscha, Ecuador, Indonesien, Liberia, Sierra Leone, Thailand und Vietnam.
Steve ist Mitbegründer und Präsident von WildAid, wo er Programme zur Bekämpfung des illegalen Handels mit Wildtieren in China und Indien leitete. Zuvor war er Kampagnendirektor bei der Environmental Investigation Agency (EIA).
Die Environmental Justice Foundation ist eine gemeinnützige Organisation. Sie setzt sich weltweit für den Schutz der Umwelt und die Verteidigung der Menschenrechte ein. Sie ist international aktiv und hat Standorte in Großbritannien, Belgien, Deutschland, Südkorea, Taiwan, Thailand, Indonesien, Japan, Ghana und Liberia. Am Standort in Hamburg leistet sie vorrangig Aufklärungsarbeit zu den Themen Klimakrise und Vertreibung sowie zu illegaler Fischerei und Menschenrechtsverletzungen auf See.