Vorbild Fahrverbot: Party auf der Straße
Vorbild Fahrverbot: Party auf der Straße
taz.de: Fahrverbote standen für Verkehrsminister Volker Wissing nie wirklich zur Debatte. Aber es gibt sie: Paris, Mexiko-Stadt und Athen zeigen, wie es geht.
Autofreie Straßen am Wochenende, mehr Platz für ausgelassene Spaziergänge, weniger Lärm, saubere Luft. Ohne Angst vor schweren Unfällen über die Straße gehen. Geld sparen, weil Tanken nicht nötig ist. All das hatte Volker Wissing (FDP) wohl nicht im Kopf, als er vor gut einer Woche mit Fahrverboten drohte. Der Bundesverkehrsminister habe auch nicht wirklich die Frage aufwerfen wollen, wie der Verkehrssektor schnell klimafreundlicher werden kann. Das sagt Frederic Rudolph, Institutsleiter im T3 Transportation Thinktank für die Verkehrswende. „Das hat er gemacht, weil er nicht wollte, dass die sektoralen Klimaziele bleiben“, meint Rudolph.
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Bisher noch gelten für verschiedene Bereiche, zum Beispiel die Industrie und den Verkehr, sogenannte Sektorenziele. Vergangene Woche hat sich die Bundesregierung auf eine Änderung des Klimaschutzgesetzes geeinigt. Demnach soll es zwar weiterhin CO2-Ziele für die Sektoren geben. Werden sie verfehlt, sind die zuständigen Minister:innen aber nicht mehr verpflichtet, ein Sofortprogramm auszuarbeiten.
Wissings Drohung vor Fahrverboten
Ohne die Gesetzesreform, so argumentierte Wissing, müsste er bald schon zu drastischen Mitteln greifen, um die Grenzwerte einzuhalten. Zum Beispiel zu „flächendeckenden und unbefristeten Fahrverboten an Samstagen und Sonntagen“, wie er in einem Brief an die Fraktionsspitzen der Ampelkoalition schrieb. „Restriktiv“ und „der Bevölkerung kaum vermittelbar“, nannte Wissing das.
Dabei gibt es Orte, an denen Fahrverbote gelten – zu bestimmten Zeiten, für bestimmte Fahrzeuge oder in bestimmten Zonen. In Paris ist jeder erste Sonntag in Monat „une journée sans voiture“, ein Tag ohne Auto. Die Regelung ist Teil der Aktion „Paris respire“, auf Deutsch: „Paris atmet“, die es schon seit 2003 gibt. In den ersten vier Stadtteilen ist der motorisierte Verkehr an diesen Sonntagen verboten. Ausnahmen gelten nur für einzelne große Boulevards. Taxis, Busse und Krankenwagen dürfen fahren, aber nicht schneller als 20 Kilometer pro Stunde.
Von wann bis wann die Innenstadt autofrei ist, variiert. Am nächsten entsprechenden Tag, dem 5. Mai 2024, gehören die Straßen im ersten, zweiten, dritten und vierten Arrondissement von 10 bis 18 Uhr den Fußgänger:innen und Radfahrer:innen. „In diesen Vierteln wird der Tag ohne Auto in einigen Monaten Alltag sein“, sagte David Belliard der französischen Zeitung Libération. Belliard ist im Rathaus der Stadt verantwortlich für Mobilität und die Transformation des öffentlichen Raums. Er deutete an, dass beim Autoverkehr ab Sommer dauerhaft Abstriche gemacht werden.
Vorbilder Paris oer Mexiko-City
„Wenn man die Nutzung des Autos einschränkt, steigt ein Teil der Autofahrer:innen nach einer Weile auf andere Transportmittel um“, sagte Belliard. „Genau das sieht man in Paris, heute gibt es nur noch halb so viel Autoverkehr wie vor 25 Jahren.“ Am 22. September, dem internationalen autofreien Tag, war schon in den vergangenen Jahren fast die ganze Stadt verkehrsberuhigt. Der Tag „erlaubt, den Ausstoß von Treibhausgasen zu verringern und die Erderwärmung zu bekämpfen“, heißt es auf der Website der Stadt Paris.
Trotzdem ist die Klimawirkung der Maßnahme noch nicht ganz erforscht. Messungen von Airparif, einer Agentur des französischen Umweltministeriums, ergaben immerhin, dass die Lärmbelastung am 22. September 2023 um 40 Prozent und die Luftverschmutzung durch Stickoxide um 20 Prozent zurückgegangen sind. In der Region Île-de-France wird laut Airparif die Hälfte der Stickoxide im Straßenverkehr freigesetzt.
In Mexiko-Stadt entscheidet das Nummernschild, ob das Auto stehen bleibt
In Mexiko-Stadt sind die Fahrverbote schon weitreichender – allerdings nur, wenn die Schadstoffbelastung in der Luft gewisse Grenzwerte überschreitet. Um gegen den Smog anzukämpfen, müssen Autobesitzer:innen in der mexikanischen Hauptstadt ihr Fahrzeug an einem Tag in der Woche stehen lassen. An welchem Tag das Verbot gilt, hängt von der Endnummer des Nummernschilds ab. Die Regelung gilt seit 2016. Damals wurde in der Stadt nach über zehn Jahren erstmals wieder ein sogenannter Umweltalarm ausgerufen wegen überhöhter Ozonwerte… weiterlesen