Was wäre, wenn alle Bauern Biobauern wären?

Was wäre, wenn alle Bauern Biobauern wären?
Foto: Thophilong/Pixabay CC/PublicDomain

Was wäre, wenn alle Bauern Biobauern wären?

agrarheute.com: Viele Politiker und Verbraucher wünschen sich das. Und die Ökoverbände sowieso. Was wäre eigentlich, wenn alle Bauern Biobauern wären?

Hätten wir dann eine bessere Landwirtschaft? Nur mal so ein Gedankenspiel.

Fast scheint es wie ein Naturgesetz: Während die Zahl der konventionellen Bauernhöfe dramatisch schrumpft, nimmt die Zahl der Ökobauern immer weiter zu. In den letzten zwanzig Jahren hat sich die Zahl der konventionellen Bauernhöfe halbiert. Von den verbliebenen Betrieben wirtschaftet mittlerweile die Hälfte im Nebenerwerb – weil das Einkommen aus der Agrarproduktion nicht mehr ausreicht. Die aktuelle Agrarpolitik beschleunigt allem Anschein nach den Strukturwandel – obwohl sie das Gegenteil behauptet.

Ganz anders die bei den Ökobetrieben: Hier hat sich die Zahl der Höfe im gleichen Zeitraum mehr als verdreifacht. Die Ökofläche hat sogar um das Vierfache zugenommen. Mittlerweile bewirtschaften Ökobauern in Deutschland knapp 10 Prozent der Fläche und sie stellen 13 Prozent aller Betriebe.

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Doch Politik und Gesellschaft sind damit nicht zufrieden: Die Bundesregierung plant einen Ausbau des Ökolandbaus bis 2030 auf 20 Prozent – einige Bundesländer – etwa Bayern – wollen 30 Prozent erreichen.Der BÖLW-Vorsitzende Felix Prinz zu Löwenstein vertritt die Auflassung: „Wir brauchen 100 Prozent Öko. Die Frage ist nur, wie kommen wir dahin.“

Flächenbedarf ist sehr hoch – wegen schwacher Erträge

Das A und O in der Landwirtschaft ist die Versorgungssicherung der Bevölkerung mit bezahlbaren Lebensmitteln – in Deutschland – in Europa und weltweit. Schaut man einmal auf die Getreideerträge in Deutschland, so zeigt sich, dass die Erträge bei den Biobauern im Schnitt der letzten Jahre nur halb so hoch waren wie im konventionellen Anbau.

In Zahlen: Während die konventionalen Haupterwerbsbetriebe im Schnitt 75 dt Weizen ernteten – waren es im Ökolandbau 36 dt. Das heißt auch: Um die deutsche Weizenernte von rund 23 Millionen Tonnen von den Feldern zu holen, brauchen konventionelle Landwirte etwa 3 Millionen Hektar – Biolandwirte benötigen für die gleiche Menge Weizen etwa 6,4 Millionen Hektar – und damit mehr als das doppelte der Fläche.

Der Grund für diese gewaltige Ertragslücke im Ökolandbau ist der vollständige Verzicht auf mineralische Dünger und chemische Pflanzenschutzmittel – und natürlich auch auf jede Art von Gentechnik. Die Wissenschaftlerin Hanna Treu vom Thünen-Institut in Braunschweig fand heraus: „Eine überwiegend ökologische Ernährung in Deutschland bräuchte rund 40 Prozent mehr Fläche als die konventionelle Produktion“ – bei einem etwa gleichem Verbrauch.

Immer mehr Menschen brauchen immer mehr Lebensmittel

Hinzu kommt: Die Auswirkungen der Ertragslücke sind auch für andere Bereiche einer nachhaltigen Produktion sehr groß – werden aber meist ausgeblendet. Das bestätigen auch Eva-Marie Meemken und Matin Quaim von der Universität Göttingen. Sie kommen in einer Auswertung verschiedener Studien ebenfalls zu dem Ergebnis, dass man für ökologische Lebensmittel wegen der niedrigeren Erträge mehr Ackerfläche benötigt als für die gleiche Menge konventioneller Produkte.

Nach ihrer Einschätzung relativieren sich damit auch die Umwelt- und Klimavorteile des Ökolandbaus und kehren sich für einige Parameter sogar um. „Die Ertragsunterschiede müssen aber berücksichtigt werden, weil die globale Nachfrage nach Lebensmitteln weiter wächst“, sagt Matin Qaim. Außerdem käme es bei einer Umstellung auf Ökolandbau zu einer Verteuerung der Nahrungsmittel, wovon insbesondere Menschen mit geringem Einkommen in Entwicklungsländern negativ betroffen wären, sagt Quaim.

Global gesehen beträgt der Flächenanteil der Biolandwirtschaft derzeit rund ein Prozent, sagt Adrian Müller vom Schweizer Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL). „Um die globale Landwirtschaft bis 2050 komplett auf Bio umzustellen, wäre weltweit etwa ein Drittel mehr Nutzfläche nötig als heute“, schätzt Christian Schader, Mitverfasser einer Studie des FiBL. Zusätzliches Ackerland in dieser Größenordnung steht jedoch nicht zur Verfügung.

Im Gegenteil: Laut Prognosen der FAO wird die Weltbevölkerung bis 2050 um weitere zwei Milliarden Menschen anwachsen und alle wollen ausreichend zu essen. Gleichzeitig gehen weltweit jedes Jahr etwa 10 Millionen Hektar Ackerfläche unwiederbringlich durch Erosion oder Versiegelung verloren… weiterlesen

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