Wasser ohne Filter und Chemie frei von Mikroplastik

Wasser ohne Filter und Chemie frei von Mikroplastik
Foto: giogio55/pixabay CC/PublicDomain

Wasser ohne Filter und Chemie frei von Mikroplastik

1e9.community: Fast alle Gewässer der Erde sind inzwischen mit Mikroplastik verschmutzt. Aber muss das so bleiben? Nein. Beim Festival der Zukunft in München präsentierten gleich zwei Start-ups Innovationen, mit denen Wasser von Mikroplastiken befreit werden kann – ohne Filteranlagen und Chemikalien. Sie setzen stattdessen auf mikroskopisch kleine Luftbläschen und eine neuartige Zyklontechnologie.

„Die Wassertechnik auf unserem Planeten ist älter als Jesus Christus!”, sagt Roland Damann, Ingenieur und Geschäftsführer des Start-ups Microbubbles. „Was die Römer damals an Innovationen bei Abwassersystemen entwickelt haben, war bahnbrechend, am Prinzip hat sich allerdings im Grunde bis heute nichts geändert.” Er muss es wissen, denn immerhin arbeitet Damann seit 35 Jahren daran, Wasserreinigungssysteme für Kläranlagen und andere Aufbereitungsanlagen zu entwickeln.

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Sauberes, jederzeit verfügbares Wasser ist besonders in Deutschland zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Doch zwei Milliarden Menschen auf der Welt haben keinen Zugang zu Trinkwasser und können bestenfalls auf Plastikflaschen zurückgreifen. Die landen dann oft in Flüssen und im Meer, wo sie, wenn sie nicht gleich in ihrer ursprünglichen Form Ökosysteme und Tiere ersticken, als Kleinstteilchen – Mikroplastiken – wieder in die Nahrungskette gelangen. Jede Woche nehmen wir etwa fünf Gramm Mikroplastik in unsere Körper auf, was dem Gewicht einer Kreditkarte entspricht. Die Folgen davon sind noch kaum erforscht.

Wasser bedeutet Überleben. Doch wenn es durch Verschmutzung, Verschwendung, Krieg und Dürreperioden weiterhin zu einem immer knapperen Gut wird, kann es sehr schnell sehr eng für das Leben auf der Erde werden. Es braucht also dringend neue Innovationen, die über die Ideen des Römischen Reiches hinausgehen.

Microbubbles: Mikroplastik mit winzigen Bläschen einfangen

In praktisch allen Bächen, Flüssen, Seen und Meeren wurde inzwischen Mikroplastik nachgewiesen. Die Massen an Kunststoffteilen, die kleiner als fünf Millimeter sind, wieder aus den natürlichen Gewässern zu bekommen, scheint daher eine Sisyphusaufgabe von unvorstellbarem Ausmaß zu sein. Allerdings haben die Teilchen eine physikalische Eigenschaft, die es möglich macht, sie von organischen Stoffen zu trennen: Mikroplastiken sind hydrophob, also wasserabweisend. Das bedeutet, dass sie sich unter Wasser an Luftblasen in der richtigen Größe anschmiegen und mit ihnen an die Oberfläche gelangen.

Dieses Prinzip der Mikroflotation ist eigentlich schon lange bekannt. Roland Damann und sein Team setzen es bereits seit Jahrzehnten in Wasseraufbereitungsanlagen ein. Doch was ist mit natürlichen Gewässern? Was das Start-up Microbubbles jetzt entwickelt, sind neue Methoden, wie dieses physikalische Prinzip auch in n Seen und Flüssen angewendet werden kann.

Um die winzigen Plastikteilchen zuverlässig aus dem Wasser zu bekommen, braucht es ingenieurtechnische Feinarbeit. Nur an Blasen der richtigen Größe bleiben sie auch wirklich haften, bis sie an der Oberfläche sind. Das Microbubbles-Team hat hierfür eine Größe von 30 Mikrometern ermittelt. Über Düsen, die unter Wasser arbeiten und an einem Schwimmring befestigt sind, wird ein Nebel dieser mikroskopischen Bläschen erzeugt, innerhalb dessen sich die Kunststoffpartikel anhaften und an die Oberfläche gelangen. Hier bleiben sie innerhalb des Rings und können dann mittels eines Absaugsystems abgetragen werden. Die Luftzufuhr und der Absaugmechanismus, der von einem Staubsaugerroboter inspiriert ist, verbrauchen dabei kaum Energie. Die Konstruktionen könnten laut Damann, etwa mit Brennstoffzellen betrieben, wochenlang autonom arbeiten.

Damann sieht seine Mikrobläschen vor allem dort im Einsatz, wo Mikroplastik-Hotspots sind. Das können verschmutzte Regenrückhaltebecken oder Stauseen sein. Wellengang und Strömungen seien kein Problem für das System, das haben Versuche in Wellenbecken gezeigt. Da der meiste Plastikmüll über Flüsse in die offenen Weltmeere gelange, mache es mehr Sinn, in großen Fließgewässern anzusetzen, als die Ozeane selber zu durchforsten.

Microbubbles als Open-Source-Projekt

Das System ist einleuchtend, funktioniert in allen bisherigen Tests, und hat kaum einen eigenen ökologischen Fußabdruck. Aber wer soll, abgesehen von Unternehmen, die Kläranlagen betreiben, in so eine Technologie investieren? Immerhin sind Aufräumarbeiten auf einer globalen Skala eine Verantwortung, die kaum jemand freiwillig übernimmt.

„Ich kann mir vorstellen, dass der öffentliche Druck auf Kommunen, Städte und Länder wachsen wird, denn das Wasserthema wird immer wichtiger“, mein Damann. „Allerdings wollen wir nicht einzelne Anlagen produzieren, sondern möchten die Baupläne und Technologie allen in Form einer Open-Source-Plattform zur Verfügung stellen, so dass die Anlagen lokal konstruiert werden können. Was wir dann zusätzlich herstellen und vertreiben werden, sind Messdrohnen.” Denn, wenn man Gewässer von Mikroplastiken befreien will, muss man erst mal genau wissen, wo die höchsten Konzentrationen sind. Bisherige Messtechniken erfordern es, Wasserproben verdunsten zu lassen und dann die Plastikmengen abzuwiegen – viel zu umständlich. Die Messdrohnen von Microbubbles nutzen ein optisches Verfahren, um Konzentrationen von Mikroplastiken schnell und zuverlässig zu ermitteln… weiterlesen

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