Wasser wird in Deutschland immer kostbarer

Wasser wird in Deutschland immer kostbarer
faz.net: Wassermangel war lange kein Thema. Aber vielerorts sinkt der Grundwasserspiegel. Der Privatverbrauch ist derweil zuletzt wieder gestiegen. Auch die Industrie nutzt viel Wasser, um Anlagen zu kühlen.
Wasser, immer und überall – diese Gewissheit gerät selbst im an sich wasserreichen Deutschland durch den Klimawandel mehr und mehr ins Wanken. Wie schon in den Dürrejahren 2018 bis 2020 und 2022 sorgen auch in diesem Sommer anhaltende Hitzeperioden und ausbleibende Niederschläge für ausgetrocknete Böden, versiegte Bäche und trockengefallene Brunnen. Die öffentliche Wasserversorgung stellt dies vor ungekannte Probleme.
Lesen Sie auch:
In einer Umfrage des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) unter rund 357 Wasserversorgungsunternehmen gaben 19 Prozent an, dass im Jahr 2022 Engpässe bestanden, weil Brunnen trockengefallen waren. Bei 9 Prozent der Wasserbetriebe mussten zeitweise Tankwagen ausrücken. Angesichts der von Jahr zu Jahr heißer und trockener werdenden Sommer muss sich Deutschland verstärkt mit Wassermangel auseinandersetzen. Gegenüber dem Zeitraum 1961 bis 1990 ist laut Umweltbundesamt das langjährige Wasserdargebot, also die Menge an Oberflächen- und Grundwasser, die pro Jahr durch Niederschläge und abzüglich der Verdunstung verfügbar ist, in der Zeit von 1991 bis 2020 um mehr als 6 Prozent geschrumpft. Zwar betont der DVGW, dass die Wasserversorgung aktuell gesichert sei, doch die Auswirkungen der Klimakrise machen die Ressource Wasser langfristig zu einem knapperen Gut.

In Deutschland sind rund 6000 Wasserbetriebe mit der Wasserversorgung von Privathaushalten, Kindergärten und Krankenhäusern beauftragt. Leitungswasser muss in Deutschland den strengen mikrobiologischen und chemischen Qualitätsparametern der Trinkwasserverordnung genügen. Laut DVGW sind sie der Grund dafür, dass deutsches Trinkwasser qualitativ zu dem besten der Welt zählt. Im Jahr 2019 förderten die Versorger fast 5,4 Milliarden Kubikmeter Wasser – das fast zweifache Volumen des Starnberger Sees. Dabei ist nach Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) die Fördermenge der öffentlichen Wasserversorger seit 1990 zwar um mehr als 20 Prozent zurückgegangen. Das Grundwasser ist die wichtigste Trinkwasserressource hierzulande.
Mehr als zwei Drittel des Trinkwassers werden aus Grund- und Quellwasser gewonnen. Die Förderraten variieren allerdings von Bundesland zu Bundesland beachtlich. In Schleswig-Holstein stammt fast das gesamte Trinkwasser aus Grund- und Quellwasser, Thüringen deckt seinen Trinkwasserbedarf nur zu 42 Prozent aus Grundwasser. Der Grund: Die Grundwasservorkommen sind regional sehr unterschiedlich verteilt. Reiche Vorkommen finden sich in den mächtigen Sand- und Kiesablagerungen des Norddeutschen Tieflandes und des Alpenvorlands. Auch der Oberrheingraben und die Niederrheinische Bucht haben ergiebige Vorkommen. Schlechter sieht es hingegen in den deutschen Mittelgebirgen aus.
Die Grundwasserstände sind einer Analyse des Recherchebüros Correctiv zufolge von 1990 bis 2021 an vielen Messstellen gesunken. Für mehr als die Hälfte der Messstellen, an denen das Grundwasser besonders stark gesunken ist, verzeichnen die Landesumweltämter laut Correctiv eine zu geringe Neubildung. Grundwasser stammt letztlich aus Regenwasser, das im Boden versickert. Das Versickern ist ein langsamer Prozess, für den die Menge des Niederschlags und der Zeitpunkt entscheidend sind. Durch höhere Temperaturen in den Sommermonaten verdunstet das Regenwasser jedoch, bevor es versickern kann. Sind dann auch noch die Winter zu trocken, bildet sich viel weniger neues Grundwasser.
Der individuelle Wasserverbrauch steigt – nach Jahren des Rückgangs – seit 2015 wieder an. Im zunehmenden täglichen Pro-Kopf-Verbrauch schlägt sich der höhere Wasserbedarf während der heißen und trockenen Sommer nieder. Dennoch sind die Deutschen mit einem durchschnittlichen täglichen Verbrauch von 127 Litern je Einwohner im internationalen Vergleich sparsam unterwegs… weiterlesen