Wenig Anzeichen für Demokratie-Müdigkeit in Europa

Wenig Anzeichen für Demokratie-Müdigkeit in Europa

Wenig Anzeichen für Demokratie-Müdigkeit in Europa

Zeichen der Zuversicht: Im Gegnsatz zum Bild, das Trump-Amerika dereit bitet, deuten neue Studien von Politikwissenschaftlern der Universität Mannheim darauf hin, dass es unter den Bürgerinnen und Bürgern Europas keine tiefgreifende Demokratieverdrossenheit herrscht. „In 18 untersuchten europäischen Gesellschaften blieb die Unterstützung für die Demokratie auf hohem Niveau konstant“, heißt es dazu in einer Meldung des Wissenschaftsdienstes idw. Vereinzelte Anzeichen für eine zunehmende Offenheit gegenüber nicht-demokratischen Regierungsformen seien „nur in wenigen Ländern zu erkennen“.

Die Deutschen erweisen sich demnach „im internationalen Vergleich als treue Anhänger der demokratischen Idee“.

Das Recht auf Selbstregierung verteidigen

Für den Erhalt des demokratischen Staatswesens komme es nicht nur auf konsensbereite Eliten, sondern auch auf die Bürger selbst an. Demokratien sind stabil, wenn Bürger bereit sind, ihr Recht auf Selbstregierung zu verteidigen. „Eine Demokratie ohne Demokraten ist dauerhaft schwer vorstellbar“, begründen die Wissenschaftler, die in zwei Studien der Universität Mannheim der Frage nachgehen, ob sich die Bürgerinnen und Bürger Europas von der Demokratie abwenden.

Die Forscher untersuchen, inwieweit die Demokratie als Staatsform, ihre Institutionen und Werte Rückhalt unter den Bürgern verloren haben.

Ergebnisse: In 18 untersuchten europäischen Demokratien zeigen sich keine Hinweise auf eine um sich greifende Demokratiemüdigkeit. Über den Zeitraum von 1981 bis 2018 blieb die Unterstützung für die Demokratie als bevorzugte Staatsform auf konstant hohem Niveau.

In Deutschland befürworten 98 Prozent der Bürger das demokratische System als solches. Auch zwischen den Generationen lassen sich keine nennenswerten Unterschiede feststellen. Vertrauen in demokratische Institutionen wie dem Parlament fluktuierte ohne klaren Abwärtstrend.

Auch zeigt sich nicht, dass Bürgerinnen und Bürger in Europa die Demokratie heutzutage als weniger wichtig erachten. Insgesamt sind die Einstellungen der Bürger zur Demokratie vor allem durch Stabilität gekennzeichnet.

„Von einer Demokratie ohne Demokraten sind wir weit entfernt“

Studienautor Alexander Wuttke: „Dass sich die Menschen reihenweise von der Demokratie abwenden, ist ein Mythos. Von einer Demokratie ohne Demokraten sind wir weit entfernt. Jede Demokratie hat Mängel und muss sich stets erneuern. Momentan deuten aber alle verfügbaren Zahlen darauf hin, dass die Menschen in überwiegender Mehrzahl weiterhin von diesem System überzeugt sind.“

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Allerdings: Das Konzept der Demokratie bei einer Befragung zu unterstützen, bedeute noch nicht, die Grundprinzipien der freiheitlichen Demokratien zu verstehen und zu befürworten. So seibeispielsweise in Italien im letzten Jahrzehnt der Anteil von „Pseudodemokraten“ gewachsen, die zwar nach eigenen Angaben das demokratische System weiterhin unterstützten, sich aber zugleich ein System mit starkem Führer ohne Parlamente wünschten.

Doch gerade in Deutschland blieben, so die Studien, liberal-demokratische Grundprinzipien wie Meinungsfreiheit oder das Mehrparteiensystem weitgehend akzeptiert: 9 von 10 Deutschen stimmen zu, dass „eine lebensfähige Demokratie ohne politische Opposition nicht denkbar ist“.

Unterstützung der Demokratie durch die Bürger ist „gutes Zeichen“

Insgesamt zeichnen die Studien ein positives Bild – auch bei der jüngeren Generation. Studienautor Konstantin Gavras: „Oft wird gesagt, die junge Generation wüsste die Demokratie nicht wertzuschätzen, weil für sie freie Wahlen ganz selbstverständlich seien. Tatsächlich zeigen die Daten, dass die Generation Z und die Millennials ebenso sehr an der Demokratie hängen wie die Nachkriegskohorten.“

Ob die Bevölkerung im Zweifelsfall auch bereit sein werde, das demokratische System auf der Straße oder an der Wahlurne zu verteidigen, hänge jedoch auch davon ab, ob ihnen demokratische Prinzipien wichtiger seien als parteipolitische Vorlieben. Denn in den Wahlentscheidungen einzelner Bürger sei die Demokratietreue der zur Wahl stehenden Kandidaten und Parteien nur eines von mehreren Kriterien.

Dazu sagt Prof. Dr. Harald Schoen: „Für die Stabilität der Demokratie ist die anhaltend starke Unterstützung der Bevölkerung ein gutes Zeichen, aber auf gesichertem Grund steht das System der Selbstregierung damit noch nicht. Damit ein demokratisches System dauerhaft bestehen kann, kommt es letztlich auf die Bereitschaft der Bürger an, im Zweifelsfall der Einhaltung demokratischer Prinzipien den Vorrang vor parteipolitischen Vorlieben und anderen Eigeninteressen einzuräumen.“

red

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