Wiederansiedlung der Europäischen Auster
Wiederansiedlung der Europäischen Auster
Mit der Wiederansiedlung der Europäischen Auster (Ostrea edulis) im Borkum Riffgrund starten das Bundesamt für Naturschutz (BfN) und das Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), die europaweit erste Restaurationsmaßnahme für diese Art in einem Natura 2000-Meeresnaturschutzgebiet im offenen Meer.
Nach erfolgreichen Voruntersuchungen ist es jetzt gelungen, im Naturschutzgebiet Borkum Riffgrund Austernriffe anzulegen. Sie bilden den Grundstein für eine nachhaltige Wiederansiedlung der ökologisch wertvollen und einst zahlreich vorhandenen heimischen Europäischen Auster. Gefördert werden diese Maßnahmen mit Mitteln des Bundesumweltministeriums im Rahmen des Projektes RESTORE.
Austern: Durchmenschliche eingriffe gefährdet
Dezimiert durch menschliche Einflüsse wie Überfischung und Umweltbeeinträchtigungen, werden in ganz Europa die Bestände der Europäischen Auster als stark gefährdet eingestuft. In der deutschen Nordsee gilt die Art seit etwa 1930 bis auf seltene Einzelfunde als ausgestorben. „Dabei haben Austern für das ökologische Gesamtgefüge der Nordsee wichtige Funktionen“, erklärt Prof. Beate Jessel, Präsidentin des BfN: „Sie können nicht nur große Wassermengen filtrieren, sondern auch Riffe bilden. Solche biogenen, also von Lebewesen aufgebauten Riffe, sind in der Nordsee heute sehr selten. Sie weisen eine besonders hohe biologische Vielfalt auf und haben damit eine große Bedeutung für den Meeresnaturschutz.“
Dr. Bernadette Pogoda, Projektleiterin am AWI, berichtet von der Ausbringung der Austern in der Nordsee Ende Juli: „Wir haben trotz der Herausforderungen der Offshore-Bedingungen weit draußen mit Wind, Wellen und größeren Wassertiefen planmäßig Austernriffflächen mit jungen Austern unter Wasser im Borkum Riffgrund aufbauen können. Das ist ein großer Erfolg und könnte schon in wenigen Jahren durch die großflächige Umsetzung dieser Meeresnaturschutzmaßnahme zu wichtigen ökologischen Effekten führen.“
Die Austernriffflächen wurden in etwa 30 Meter Tiefe auf dem Meeresboden angelegt: Auf dem sandigen Untergrund wurden durch das Tauchteam lebende Austern direkt oder auf Kalksteinen und Sandsteinblöcken ausgebracht. Zusammen mit der jeweiligen Unterlage bilden diese das Pilotriff. Weitere Flächen sollen zukünftig angelegt werden, wobei berücksichtigt wird, auf welchen Unterlagen sich die Austern im Offshore-Bereich am besten entwickeln. Solche Maßnahmen bilden einen wichtigen Beitrag für das Management und das Erreichen der Schutzziele der küstenfernen Meeresschutzgebiete in der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ), für die das BfN zuständig ist.
Hintergrund
Biogene Austernriffe leisten viele wertvolle Ökosystemfunktionen und bilden einzigartige Lebensräume. Sie erhöhen die Biodiversität, bieten Nahrung, Schutz, Siedlungssubstrat, Laichgrund und Kinderstube für Fischarten, verbessern die Wasserqualität durch Filtration und festigen Sedimente. Um die Bestände der Europäischen Austern, die einst zahlreich über den Meeresboden der deutschen Nordsee verbreitet waren, nachhaltig wieder anzusiedeln, arbeiten das BfN und das AWI für diese Pioniermaßnahme des Naturschutzes Hand in Hand.
Nach erfolgreichen Voruntersuchungen konnte man mit dem Anlegen des Austernriffs im Naturschutzgebiet Borkum Riffgrund in die praktische Umsetzung gehen. Diese Maßnahme ist Teil der vom BfN aufgestellten Managementmaßnahmen für das Naturschutzgebiet Borkum Riffgrund in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone.
Die jungen Austern stammen aus zeitweiser Haltung in einer vom AWI auf Helgoland aufgebauten Zuchtanlage für Europäische Austern aus dem verbundenen Austernzuchtprojekt PROCEED. Die Zuchtanlage wird seit 2018 für die längerfristige vollständige Austernzucht zur nachhaltigen Wiederansiedlung entwickelt. Dieses vom BfN inhaltlich begleitete Projekt wird im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das BMU gefördert und ist als offizielles Projekt der UN-Dekade Biologische Vielfalt ausgezeichnet worden.
Mit dem erfolgreichen Aufbau der Borkum Riffgrund-Austernriffflächen wurde jetzt der Grundstein für die weitere Entwicklung gelegt. In den kommenden Jahren werden nun das Wachstum und der Gesundheitszustand der Austern und die ökologische Funktion der Austernbänke untersucht. Dabei wird zum Beispiel die Biodiversität, also welche weiteren Organismen das Riff besiedeln oder zur Eiablage und als Kinderstube nutzen, erfasst. Insgesamt werden wissenschaftliche und praktische Grundlagen für weitere zukünftige Entwicklungen und Maßnahmen für die Wiederansiedlung der Europäischen Auster geschaffen, um wieder großflächige und sich selbst erhaltende Bestände der bedrohten Austernart und des Ökosystems Austernbank aufzubauen.
In verschiedenen europäischen Ländern laufen bereits Projekte zur Wiederherstellung von Austernriffen. Als europaweit erste Wiederansiedlungsmaßnahme der Europäischen Auster in einem Naturschutzgebiet auf offenem Meer ist das Pilotriff im Borkum Riffgrund eine Pioniermaßnahme in einem Natura 2000-Gebiet und ein Novum.
Weitere Informationen zur Wiederansiedlung der Europäischen Auster sind auch hier abrufbar.