Wir müssen raus aus den fossilen Energien

Wir müssen raus aus den fossilen Energien
Screenshot zeit.de

Wir müssen raus aus den fossilen Energien

Zeit: Die Internationale Energieagentur sollte eigentlich die globale Ölversorgung sichern. Jetzt legt ihr Chef einen Plan vor, wie die Welt ohne Öl auskommt. Ein Interview von Mark Schieritz mit Fatih Birol:

DIE ZEIT: Herr Birol, Hochwasser in Deutschland, Überschwemmungen in China, Hitzewellen in den Vereinigten Staaten – was bedeuten diese Wetterereignisse?

Fatih Birol: Die Ursachen sind im Einzelfall immer komplex, aber für mich ist das ein Warnsignal der Natur. Die Wissenschaftler sagen uns schon seit einiger Zeit: Wenn wir so weitermachen wie in den vergangenen 100 Jahren, dann wird die Häufung extremer Wetterereignisse zunehmen. Genauso ist es gekommen – und womöglich zeigen sich die negativen Folgen des Klimawandels sogar früher, als es die meisten Forscher erwartet haben. Deshalb sagen wir: Wir müssen raus aus den fossilen Energien.

ZEIT: Sie sind Direktor der Internationalen Energieagentur, die nach den Ölkrisen der Siebzigerjahre gegründet wurde, um die Versorgung der westlichen Welt mit Brennstoff sicherzustellen. Und jetzt sagen Sie: Wir brauchen überhaupt kein Öl mehr?

Birol: Unser Auftrag war und ist die Energiesicherheit. Wir glauben, dass das nicht im Widerspruch zu den Klimazielen steht. Im Gegenteil: Der Energiesektor ist für etwa drei Viertel der globalen Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Wenn wir die Energiewirtschaft nicht umstellen, dann werden wir diese Ziele nicht erreichen. Wir haben uns das sehr genau angeschaut: Nach unseren Modellrechnungen ist es möglich, die Nettoemissionen von Kohlenstoffdioxid bis 2050 weltweit auf null zu senken, um so hoffentlich die globale Erwärmung wie international vereinbart auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.

ZEIT: Was schlagen Sie vor?

Birol: In vielen Ländern Afrikas ist beispielsweise das Potenzial für Solarenergie enorm. Da müssen wir ansetzen. In unserem eigenen Szenario gehen wir davon aus, dass im Jahr 2050 zwei Milliarden Menschen mehr auf der Erde leben als heute und dass die Wirtschaftsleistung doppelt so hoch ist.

ZEIT: Wie wollen Sie alle diese Menschen mit Strom und Wärme versorgen?

Birol: Im Moment belaufen sich die Energieinvestitionen weltweit etwa auf zwei Billionen Dollar jährlich; um die Energiewende hinzubekommen, müssen wir jährlich etwa fünf Billionen Dollar investieren. Um Ihnen die Dimensionen zu verdeutlichen: Wir gehen davon aus, dass der jährliche Zubau an solaren Kraftwerkskapazitäten im Jahr 2030 etwa 630 Gigawatt erreichen muss. Das bedeutet, dass bis dahin jeden Tag die Leistung der derzeit größten Solarparks der Welt zusätzlich ans Netz gehen müsste. Und auch technologisch sprechen wir über eine gewaltige Anstrengung. Im Jahr 2050 geht etwa die Hälfte der von uns angenommenen Einsparungen beim Energieverbrauch auf Technologien zurück, die heute noch nicht ausgereift sind. Wir reden hier über neue Batterietypen oder die Herstellung und Nutzung von Wasserstoff.

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