Ehemahliger Kühlturm des geplanten THTR in Hamm Foto:Wikimedia CC 3.0/Fitty
Deutscher Atomkraftwerksbau wird zum Alptraum
telepolis.de: Steuerzahler müssen für Rückbau des störanfälligen Thorium-Reaktors aufkommen: Betreibergesellschaft ist insolvent und entzieht sich der Verantwortung.
Ein geradezu typisches Beispiel für diesen Irrweg ist der Fall des Thorium-Hoch-Temperatur-Reaktors THTR-300, einem heliumgekühlten Kugelhaufenreaktor im nordrhein-westfälischen Hamm mit einer elektrischen Leistung von 300 Megawatt. Für Planung, Finanzierung, Bau und Betrieb wurde 1968 die HKG gegründet.
Störanfälliger Betrieb und teure Stilllegung
Das Kraftwerk galt als extrem störanfällig mit 125 meldepflichtigen Ereignissen in nur 423 Tagen Volllastbetriebsdauer, sodass letztlich wegen gebrochener Haltebolzen in der Heißgasleitung am 01.09.1989 die endgültige Stilllegung beschlossen und das Kraftwerk bis zum Start des Rückbaus nach 2030 im sicheren Einschluss gehalten wurde.
Von den seit dem Ende des kommerziellen Betriebs angefallenen Kosten von ca. 441 Mio. Euro wurden ca. 133 Mio. Euro vom Bund, 152 Mio. Euro vom Land NRW und ca. 156 Mio. Euro. von der Betreibergesellschaft übernommen. Hinsichtlich der Kosten für den Rückbau gibt es seit Jahren Streit zwischen der Betriebsgesellschaft und den staatlichen Einheiten Bund und dem Land NRW.
Juristische Auseinandersetzungen und drohende Insolvenz
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte im Sommer 2025 entschieden, dass das Land Nordrhein-Westfalen gemeinsam mit dem Bund nicht verpflichtet ist, die Mehrkosten für den Stilllegungsbetrieb oder gar den Rückbau des seit 1989 abgeschalteten THTR-Reaktors in Hamm-Uentrop zu tragen. Damit blieb offensichtlich als Ausweg nur die seit Monaten drohende Insolvenz der Betriebsgesellschaft, und diese wurde inzwischen angemeldet.
Das Amtsgericht Dortmund hat am 23. September 2025 die vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen der Hochtemperatur-Kernkraftwerk GmbH (HKG) angeordnet. Wer die Rückbaukosten nun übernehmen muss, zeichnet sich bereits ab.
Da die Gesellschafter der Betreiberfirma, hinter der aktuell die Energieriesen RWE und Preußen Elektra (E.ON) sowie die Städte Bielefeld, Aachen, Hagen und Wuppertal stehen, im Rahmen der Energiewende auch für den Netzausbau aufkommen müssen, suchen sie nach Möglichkeiten sich der lästigen, politisch verursachten Altlasten zu entledigen.
Zukunft des Reaktors und ungelöste Entsorgungsfragen
Seit 36 Jahren befindet sich der THTR jetzt im sicheren Einschluss, dessen Fortführung derzeit bis 2027 geplant ist. Ab 2028 sollen dann die Vorbereitungen für den Abbau begonnen werden, der sich noch bis zum Jahr 2044 hinziehen wird. Zudem lagern insgesamt 305 Castor-Behälter mit etwa 675.000 bestrahlten Kugeln im Brennelemente-Zwischenlager Ahaus und warten dort auf eine sichere Endlagerung.
Während die Kosten für die Lagerung des Atommülls aus dem Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung (Kenfo) finanziert werden sollen, sind die Betreiber des THTR-300 für den Rückbau selbst verantwortlich. Mit der Insolvenzanmeldung haben sie hier jetzt die Reißleine gezogen.
Der Bau des THTR-Reaktors war Wunsch der Politik und nicht der Energiewirtschaft
Das Konzept eines grafitmoderierten gasgekühlten Reaktors erlaubt es, im Reaktorkern so hohe Temperaturen zu erzeugen, dass man Turbineneintrittstemperaturen und damit Kreislaufwirkungsgrade erreicht, wie sie bei fossilen Kraftwerken auch in den 60er Jahren schon üblich waren. Also Dampftemperaturen über 500°C und Wirkungsgrade von ca. 40 Prozent.
Die Bauform der Hochtemperaturreaktoren zwang gegenüber den 1970 betriebenen bzw. in Bau befindlichen Leichtwasserreaktoren zu wesentlich geringeren Leistungsdichten im Reaktorkern und damit größerem Bauvolumen. Dieser für die Investitionskosten eines Hochtemperaturreaktors nachteilige Umstand, hat aber den Vorteil einer spezifisch geringeren Nachwärmeerzeugung, was die Nachwärmeabfuhr und damit die Verhinderung von Kernschmelzen erleichtert.
Ziel bei der Entwicklung der Hochtemperaturreaktoren war es daher, die aus der Physik resultierenden Sicherheitsvorteile zu nutzen. Die Reaktorleistung stabilisiert sich auf grund inhärenter physikalischer Gesetzmäßigkeiten durch den negativen Temperaturkoeffizienten der Reaktivität von selbst. Zudem ergab die große Wärmespeicherkapazität der Reaktoreinbauten mehr Zeit für Einriffe in Prozessabläufe bei Abweichungen vom bestimmungsgemäßen Betrieb.
Die Baukosten von insgesamt 2.045 Millionen Euro für den THTR-300 wurden maßgeblich vom Steuerzahler finanziert. Mit 1.284 Millionen Euro war der Bund und mit 233 Millionen Euro war das Land NRW beteiligt, während sich der Anteil der Betreibergesellschaft auf 167 Millionen Euro beschränkte und die Hersteller 100 Millionen Euro zu den Baukosten beitrugen. 261 Millionen Euro wurden über Darlehen finanziert.
Der Hochtemperaturreaktor war eine Weiterentwicklung der militärischen Graphitreaktoren zur Plutoniumerzeugung, und in den Brennelementkugeln war offensichtlich auch auf 93 Prozent angereichertes, waffenfähiges und leicht abtrennbares Material enthalten. Mit der Technik des Hochtemperaturreaktors wollte sich die damalige Bundesregierung wohl auch die Zugriffsmöglichkeit auf waffenfähiges Material erhalten…. weiterlesen
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