E-Fuels: Wann kommen die grünen Treibstoffe?

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E-Fuels: Wann kommen die grünen Treibstoffe?
tagesschau.de: „Grüne“ Treibstoffe: Sie gelten als klimafreundliche Möglichkeit, weiterhin Verbrennungsmotoren zu betreiben. Aber es wird noch lange Zeit nicht genug davon geben. Auch der Import ist derzeit keine Lösung.
Vor wenigen Tagen hat der Autogipfel beim Bundeskanzler beschlossen: Das „Verbrenner-Aus“ soll möglichst erst später kommen als – wie geplant – 2035. Schon in der letzten Legislaturperiode hatte Verkehrsminister Volker Wissing bei der EU durchgesetzt, dass das Verbot aufgeweicht wird: Fahrzeuge, die nur mit sogenannten E-Fuels betrieben werden, sollen davon nicht betroffen sein.
E-Fuels sind Treibstoffe, die mit Hilfe von Strom hergestellt werden. Wie die meisten Kraftstoffe gehören auch sie zur Gruppe der Kohlenwasserstoffe, für die es eine Kohlenstoffquelle und Wasserstoff braucht. „Grün“ können solche Treibstoffe sein, wenn der Strom ausschließlich regenerativ erzeugt wird – und zwar auch die Energie, die zusätzlich nötig ist, um Wasserstoff aus Wasser herzustellen. Der Kohlenstoff kann aus verschiedenen Quellen stammen: aus Biomasse (beispielsweise aus Biogas oder Abfallprodukten der Landwirtschaft und der Nahrungsmittelindustrie) oder aus dem Treibhausgas Kohlendioxid.
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Technisch klappt die Herstellung
Technisch sind Prozesse, mit denen E-Fuels hergestellt werden können, grundsätzlich umsetzbar. Vor allem kommt das seit hundert Jahren bekannte „Fischer-Tropsch-Verfahren“ in Frage, mit dem etwa Südafrika rund 30 Prozent seines Treibstoffbedarfs deckt. Dort ist derzeit vor allem Kohle der Rohstoff – so wie zur Zeit der Erfindung des Prozesses.
Die Nutzung von CO2 als Ausgangsstoff (etwa aus dem Abgas von Industrieanlagen oder aus der Luft) ist dagegen technisch deutlich anspruchsvoller. Entsprechende Anlagen im Industriemaßstab existieren noch nicht.
Bisher gibt es nur Forschungs- und Pilotprojekte wie etwa Care-o-sene, an dem das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) beteiligt ist. „Wir konnten dabei eine Kerosin-Ausbeute von rund 80 Prozent erzielen“, berichtet KIT-Forscher Jan-Dierk Grunwaldt, der die Rohstoffe also ohne große Verluste umwandeln kann. „Allerdings ist das, verglichen mit fossilen Rohstoffen, deutlich teurer.“ Der Preis für die künstlich hergestellten Treibstoffe liegt etwa beim Vierfachen, so das Ergebnis mehrerer Studien, darunter des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung.
Aber die Rohstoffe fehlen
Die derzeit größte Anlage in Deutschland wird von der Firma INERATEC in Frankfurt am Main betrieben und könnte rund 2.500 Tonnen Treibstoffe pro Jahr produzieren. Zum Vergleich: Der Frankfurter Flughafen benötigt 15.000 Tonnen Kerosin – allerdings täglich.
Bei INERATEC heißt es dazu: Um mehr E-Fuels herzustellen, fehlt es an den nötigen Rohstoffen. Weder steht bisher „grüner“ Wasserstoff in nennenswerter Menge zur Verfügung noch Kohlendioxid, das nicht aus fossilen Quellen stammt. Für beide Gase müssten die entsprechenden Anlagen erst in ausreichender Zahl gebaut werden. Das erfordert politische Unterstützung und Planungssicherheit für Unternehmen. Beides scheint derzeit nicht ausreichend zu sein.
Und selbst wenn die entsprechenden Investitionsentscheidungen jetzt getroffen würden: Es würde Jahre dauern, bis sowohl Wasserstoff als auch Kohlendioxid klimafreundlich erzeugt werden können. Dann konkurrieren jedoch auch andere Branchen darum – so benötigt die Stahlindustrie zukünftig grünen Wasserstoff, die Chemiebranche wird auf Kohlendioxid statt auf Erdöl als Rohstoff angewiesen sein. Und nicht zuletzt muss auch noch eine Infrastruktur aufgebaut werden: ausreichend Leitungen für regenerativen Strom sowie Pipelines, die beide Rohstoffe (CO2 und Wasserstoff) in der benötigten Menge dorthin transportieren, wo sie zur Produktion benötigt werden.
Import als Lösung?
Viele Fachleute setzen deshalb auf den Import künstlich hergestellter Treibstoffe. Damit befasst sich aktuell auch eine Konferenz des Weltenergierats und des Wirtschaftsverbands Fuels und Energie e. V. (en2x). Hintergrund ist unter anderem der in Deutschland relativ hohe Strompreis.
Die Idee: Kraftstoffe – oder mindestens grünen Wasserstoff – in Ländern zu produzieren, in denen Solar- oder Windstrom wenig kosten und sie zu uns zu verschiffen. Beispielsweise hat Porsche im Jahr 2022 eine entsprechende Anlage in Chile in Betrieb genommen. Sie ist auf eine Produktionsmenge von maximal 130.000 Liter pro Jahr ausgelegt. Wie viel davon derzeit tatsächlich produziert wird, dazu gibt es keine Angaben. Aber selbst diese Höchstmenge wird den Bedarf nicht annähernd decken.
Das Potsdam-Institut rechnet vor, dass alle derzeit weltweit geplanten Anlagen nur etwa zehn Prozent dessen produzieren könnten, was allein in Deutschland zur Einhaltung der Klimaziele benötigt wird. Auch Matthias Runkel, Mobilitätsexperte beim Thinktank Forum ökologisch-soziale Marktwirtschaft, hält den großflächigen Import in nächster Zeit für unrealistisch: „Man muss dabei berücksichtigen, dass andere Länder natürlich auch Pläne für künstliche Treibstoffe und grünen Wasserstoff haben.“… weiterlesen