Privathaushalte zahlen die amerikanische KI-Zeche

Privathaushalte zahlen die amerikanische KI-Zeche
New York-Skyline bei Nacht Foto: davidvives90/Pixabay/PubicDomain

Privathaushalte zahlen die amerikanische KI-Zeche

n-tv.de: Die USA sind das Land der billigen Energie. Wer das Haus verlässt, macht meistens nicht einmal das Licht aus. Jetzt schauen Amerikaner immer häufiger fassungslos auf ihre Stromrechnung: Der KI-Boom fordert seinen Preis. Private Haushalte sollen zahlen.

Es ist ein ikonisches Bild: Wenn die Sonne untergeht, verwandelt sich New York in ein Lichtermeer. Unzählige Wolkenkratzer erleuchten die Nacht. Besser gesagt, ihre Fenster oder das, was sich dahinter verbirgt. Millionen Lampen, die einfach nicht ausgeschaltet werden. Warum auch? Die USA sind das Land der Spritschlucker und Klimaanlagen. Benzin und Strom sind für deutsche Verhältnisse unfassbar günstig.

Doch seit einiger Zeit wird das Leben in den USA spürbar teurer. Nicht nur der Restaurantbesuch. Anders als von US-Präsident Donald Trump versprochen, steigen auch die Energiekosten. „New York liegt ungefähr auf einem Breitengrad wie Barcelona oder Neapel“, sagt Sandra Navidi. „Man muss die Wohnung im Sommer also kühlen, sonst kann man nicht darin bleiben.“

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Navidi lebt seit mehr als 20 Jahren im Big Apple und ist die USA-Expertin von ntv. Und sie stellt fest: Die in den USA übliche Klimaanlage wird allmählich zum Luxusgut. In manchen Monaten steigt ihre Stromrechnung auf mehrere Hundert Dollar, wie sie im ntv-Podcast „Wieder was gelernt“ erzählt. Falls sie überhaupt laufen darf. An heißen Sommertagen werden Navidi und alle anderen New Yorker vom örtlichen Energieversorger Con Edison per Push-Mitteilung gebeten, Strom zu sparen und die Klimaanlagen zu drosseln, weil der Bedarf sonst nicht gedeckt werden kann.

Die Strompreise ziehen an

Der Trend in den USA ist so klar wie überraschend: Energie wird teurer, die Versorgungslage ist angespannt. Dabei wirken die Strompreise für deutsche Verhältnisse auf den ersten Blick wie ein Traum. Im Schnitt zahlen amerikanische Privathaushalte derzeit 18 Cent für eine Kilowattstunde Strom. In Deutschland sind es für Bestandskunden derzeit 40 Cent. Neukunden können bei einem Tarifwechsel etwa zehn Cent sparen.

Doch während die Strompreise in Deutschland nach der Energiekrise langsam, aber sicher fallen, ist die Situation in den USA umgekehrt. In den Vereinigten Staaten kommen sie von einem niedrigen Niveau, aber sie steigen. Im ersten Halbjahr haben die US-Amerikaner im Schnitt knapp zehn Prozent mehr für ihren Strom bezahlt als ein Jahr zuvor. Die landesweiten Zahlen der US-Energieinformationsbehörde EIA übertünchen allerdings die dramatische Verteuerung einzelner Regionen. Im Bundesstaat Missouri waren die Strompreise im ersten Halbjahr gut 38 Prozent höher als im Vorjahr. In North Dakota waren es fast 34 Prozent und in New Jersey beinahe 29 Prozent. Die Sorge ist: Das ist erst der Anfang.

Super Preise für das Unkraut

Die Ursachen für die steigenden Strompreise sind vielfältig. In Kalifornien wurden in den vergangenen Jahren viele Stromleitungen bei Waldbränden zerstört. Diese müssen neu gebaut werden – teils für viel Geld unter Erde, um sie vor weiteren Katastrophen zu schützen. Die Kosten für diese Arbeiten holen sich die Energieversorger von ihren Kunden zurück.

Ähnlich ist die Lage nach schweren Stürmen und Fluten an der Golfküste. Bundesstaaten wie Florida und Texas müssen ihre Energie-Infrastruktur ebenfalls fit für die Zukunft machen. Das treibt die Stromkosten nach oben.

Der Hauptgrund für die steigenden Preise ist aber das globale KI-Wettrennen. „Es war allen klar, dass der Energieverbrauch durch KI steigen wird“, sagt Navidi. „Das wurde häufig abgetan mit dem Argument, dass KI dabei helfen wird, Energie zu sparen. Aber jetzt schießen überall unglaublich große Rechenzentren wie Unkraut aus dem Boden und die Techfirmen vereinbaren mit den Energieversorgern super Strompreise zulasten der privaten Haushalte. Die sollen plötzlich mehr bezahlen. Im Grunde genommen finanziert der kleine Mann die profitabelsten Unternehmen der USA quer.“

Gigantische Stromfresser

Die Summen sind kaum zu greifen. Die US-amerikanische Investmentbank Goldman Sachs schätzt, dass nur die großen Technologieunternehmen aus den USA bis Ende nächstes Jahr 737 Milliarden US-Dollar für neue Rechenzentren ausgeben werden. Die Rechenzentren sind gigantische Stromfresser, die man nicht abschalten kann. Sind sie einmal in Betrieb, müssen sie für das KI-Training oder für KI-Anwendungen rund um die Uhr laufen und somit ununterbrochen mit Energie versorgt werden. Goldman Sachs sagt: Weltweit werden Rechenzentren in fünf Jahren 165 Prozent mehr Strom benötigen als heute… weiterlesen

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