Die Folgen des Kriegs in der Ukraine fürs Klima
Die Folgen des Kriegs in der Ukraine fürs Klima
tagesschau.de: Beim russischen Angriffskrieg in der Ukraine wird auch die Umwelt in Mitleidenschaft gezogen. Militärgeräte sorgen zudem für einen hohen Ausstoß von Treibhausgasen. Werden die Klimaziele dadurch gefährdet?
Raketen, Kampfjets und jede Menge Panzer: Was vor allem für die Menschen in der Ukraine fatale Auswirkungen hat, ist auch für die Umwelt extrem schädlich. Denn der russische Angriffskrieg sorgt zum einen lokal für massive Zerstörung und Umweltverschmutzung. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) schreibt von „weitreichenden und schweren Schäden mit unmittelbaren und längerfristigen Folgen für die menschliche Gesundheit und die Ökosysteme“.
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Nach Angaben des ukrainischen Ministeriums für Umwelt und natürliche Ressourcen sind bereits 20 Prozent aller Schutzgebiete des Landes in Mitleidenschaft gezogen worden. Allein die Rückstände von Munition, Landminen oder andere explosive Kriegsrückstände können Böden und Grundwasser mit Metallen und Giftstoffen jahrzehntelang verseuchen.
Erhöhter Ausstoß von Treibhausgasen
Der Krieg führt auch zu einem erhöhten Ausstoß von Treibhausgasen wie Kohlenstoffdioxid (CO2). „Es gibt die unmittelbaren Emissionen, die im Rahmen des Kampfgeschehens auftreten, beispielsweise den Beschuss ukrainischer Städte durch Marschflugkörper oder die Feuerwalze der russischen Artillerie“, sagt Anselm Vogler, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg. „Das ist – auch – eine enorme Umweltbelastung.“
Die NGO Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED) zählte seit Februar mehr als 18.000 Artillerie-, Raketen- und sonstige Angriffe. Hinzu kommen die Emissionen, die Militärfahrzeuge wie Panzer, Kampfjets oder auch Schiffe ausstoßen – und davon werden in der Ukraine jede Menge eingesetzt, wie allein die russischen Verluste nach Angaben des ukrainischen Militärs zeigen. Ein sowjetischer T-72-Panzer verbraucht etwa 250 Liter Diesel pro 100 Kilometer, Kampfjets sogar etwa 5000 Liter Kerosin pro Flugstunde.
Ebenfalls in die Klimabilanz des russischen Angriffskriegs mit einberechnet werden müssen zum Beispiel auch das Abfackeln von Erdgas in Russland und der Wiederaufbau in der Ukraine – die Zementproduktion ist besonders kohlenstoffintensiv. Kurioserweise streiten sich Russland und die Ukraine sogar darum, welchem Land die CO2-Emissionen in den von Russland völkerrechtlich annektierten Gebieten angerechnet werden – beide beanspruchen die Emissionen für sich, um ihren territorialen Anspruch zu untermauern.
Staaten müssen Militäremissionen nicht angeben
Genaue Berechnungen dazu, wie viel Treibhausgase infolge des russischen Angriffskriegs bereits freigesetzt wurden, gibt es bisher noch nicht. Es gibt lediglich Untersuchungen dazu, wie klimaschädlich frühere Kriege waren. Nach Angaben der NGO Oil Change International war beispielsweise der Irak-Krieg in den ersten vier Jahren für die Freisetzung von 141 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent verantwortlich. Die Ölbrände während des Zweiten Golfkriegs von 1991 sollen ungefähr zwei Prozent der weltweiten CO2-Emissionen aus fossilen Brennstoffen in jenem Jahr ausgemacht haben.
Ein Problem bei der Schätzung von Klimafolgen durch Kriege ist jedoch, dass viele Länder über die Emissionen ihres Militärs keine oder nur unzureichende Angaben machen – weil sie es nicht müssen. Daher gibt es nur grobe Schätzungen. Laut der britischen Wissenschaftsorganisation Scientists for Global Responsibility (SGR) verursachen die Militärs der Welt und die Industrien, die ihre Ausrüstung liefern, etwa fünf Prozent aller globalen Emissionen. Inwieweit auch die Aufrüstung vieler westlicher Staaten infolge der russischen Invasion zu einem Anstieg der Emissionen führen wird, ist noch nicht untersucht worden… weiterlesen