Teurer Rückzug aus dem Klimaschutz

Teurer Rückzug aus dem Klimaschutz
tagesschau.de: Der Klimaschutz scheint in Deutschland an Priorität zu verlieren. Eine alarmierende Entwicklung, finden Fachleute. Denn die Schäden durch Naturgefahren steigen – und diese betreffen die gesamte Volkswirtschaft.
Sturmfluten, Waldbrände, Hitzetote – längst traurige Normalität. Aber in den USA tönt Donald Trump gewohnt klimawandelskeptisch. Und auch in Deutschland stehen andere Themen im Vordergrund: Sicherheit, Wirtschaft, Wachstum. Von der einstigen Klimaschutz-Euphorie scheint nicht viel übrig – dabei alarmieren aktuelle Zahlen. Laut der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) ist die Konzentration von klimaschädlichem CO2 auf neuem Rekordniveau. Wie passt das zusammen?
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Klimaschutz hat keine Priorität
„Wir haben wirklich sehr ambitionierte Klimaziele verabschiedet in Deutschland und in der EU. Und wenn es um die Umsetzung und das Erreichen dieser Ziele geht, wird erstmal klar, wie schwierig es ist, diese Ziele zu erreichen“, erklärt Matthias Kalkuhl, Professor für Klimaökonomie am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung, im Gespräch mit der ARD-Finanzredaktion. „Und das war, glaube ich, in der großen Phase der Euphorie der Klimaziele nicht allen so klar.“
Klimafolgen aber spüren alle – und sie kosten. Die Schäden durch Naturgefahren hätten global und in Deutschland in den vergangenen 20 Jahren zugenommen, sagt Jörg Asmussen, Chef des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft. „Wir haben allein im letzten Jahr 5,5 Milliarden Euro für Schäden bei Extremwetterereignisse gezahlt.“
Und dennoch scheint der Klimaschutz politisch nicht mehr so Priorität zu haben. Das habe im Wesentlichen drei Gründe, so Kalkuhl. Zum einen seien Klimafolgen ein schleichendes Problem, der Druck scheine vielleicht nicht so groß. Ein Trugschluss, weiß der Experte.
Klimaschäden treffen jeden
Das zweite Problem ist auch Sicht von Kalkuhl, „dass die Lösung des Klimaproblems Kosten verursacht, die sehr unterschiedlich verteilt sind“. Es sei herausfordernd, eine sozial gerechte Lösung zu finden. „Und das dritte Problem ist, dass eigentlich alle Regierungen an einem Strang ziehen müssten“, betont der Fachmann.
Was sie aber nicht tun. Dazu kommen geopolitische Herausforderungen, der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine – eine völlig andere sicherheitspolitische Lage – all das macht laut Kalkuhl auch globale Klima-Allianzen schwieriger.
Letztlich seien es alle, die die Rechnung zahlen würden, so der Klimaökonom weiter. Denn Klimaschäden treffen Volkswirtschaften, entwerten Vermögen und treiben Steuern in die Höhe, weil der Staat bei Naturkatastrophen oft einspringt.
Klimagerechter Bau nötig
Damit auch Versicherungen etwa für Gebäude bezahlbar bleiben, müsse mehr nach vorne gedacht werden, sagt Versicherungsexperte Jörg Asmussen. „Wir bauen immer noch so einzelne Wohngebäude, aber auch ganze Städte, als wenn es den Klimawandel nicht gäbe. Insofern müssen wir klimaangepasst bauen, was viele Teile der Welt – in Asien, die sich mit Monsunregen schon lange auskennen – schon tun. Wir tun das noch nicht.“
Asmussen fordert Bauverbote in überschwemmungsgefährdeten Gebieten und Städte mit grünen Dächern, um die Hitze besser auszuhalten. Dafür aber müssen auch die Verfahren schneller werden, im Bürokratieland Deutschland eine Mammutaufgabe.
CO2-Preis als mächtiges Instrument für den Klimaschutz
Nach wie vor sei der CO2-Preis ein mächtiges Instrument für den Klimaschutz, so Kalkuhl. Dieser setze einen marktwirtschaftlichen Anreiz in der gesamten Wirtschaft, CO2 einzusparen – und auch, um private Investitionen anzulocken… weiterlesen