Zufall hilft: Plastikmüll im Meer auf der Spur
Zufall hilft: Plastikmüll im Meer auf der Spur
Manchmal hilft der Zufall zur Erkenntnis: Einem Forscher-Team des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung in Kiel kam das Glück im Südpazifik zu Hilfe. So konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler jetzt erstmals Kunststoffteile untersuchen, die sie dort nachweislich nach mindestens 20 Jahren oder länger aus der Tiefsee fischten und so genauere Daten über den Abbau von Plastik im Ozean erkunden können.
Eigentlich war das Team 2015 für ein anderes Langzeitexperiment im sogenannten DISCOL-Gebiet 440 Seemeilen (815 Kilometer) vor der Küste Perus unterwegs. Dort hatten deutsche Wissenschaftler 1989 ein Stück Meeresboden umgepflügt, um die Auswirkungen eines potenziellen Abbaus von Manganknollen verstehen zu können. 1992, 1996 und 2015 besuchten sie die Stelle, um die Regeneration des Tiefseeökosystems zu untersuchen.
„Quasi nebenbei“, schreiben sie jetzt in einer Pressemeldung über ihre Forschungen, „barg der ferngesteuerte Tiefseeroboter ROV KIEL 6000 im Jahr 2015 auch einige Müllteile vom Meeresboden.“ Eine Plastiktüte mit einer Cola-Dose und eine Quark-Packung eines deutschen Herstellers, gefunden auf dem Meeresboden, geben nun exakt Auskunft darüber, wie sich Kunststoff im Meer abbaut – oder eben auch nicht.
Plastikmüll mit exaktem Datum: Glücksfall für die Forschung
„Die Dose aus Aluminium alleine wäre in der Tiefsee längst korrodiert. Aber sie war so dicht im Inneren der Plastikmülltüte eingewickelt, dass sie sich erhalten hat. Das zeigt auch, dass die Mülltüte das gleiche Alter haben muss“, sagt Dr. Matthias Haeckel vom GEOMAR, damals Projektleiter an Bord und jetzt Co-Autor der Studie.
Auf der Quark-Dose war eine Adresse aufgedruckt. Sie zeigt eine fünfstellige Postleitzahl. Die wurden in Deutschland 1990 eingeführt. Der Hersteller wurde aber schon 1999 von einer Konkurrenzfirma aufgekauft, womit der Markenname verschwand.
„Da das DISCOL-Gebiet nicht in der Nähe wichtiger Schifffahrtsrouten liegt, ließen sich die Plastiktüte und die Quarkverpackung den ersten DISCOL-Expeditionen 1989 und 1992 oder 1996 zuordnen“, sagt Forscher Haeckel. Immerhin bot sich so die extrem seltene Gelegenheit, datierbare Kunststoffteile aus der Tiefsee zuhause in Laboren genau zu untersuchen. „Dabei zeigte sich, dass weder die Tüte noch die Quarkpackung Zeichen von Fragmentierung oder sogar Abbau in ihre Bestandteile aufwiesen“, sagt Biochemiker Dr. Stefan Krause vom GEOMAR. Er leitete die Analysen an Land.
Mahnung: Besser auf den Müll achten
Die Studie bietet nun erstmals einen wissenschaftlich fundierten Anhaltspunkt über das Schicksal von Plastik auf dem Tiefseeboden. „Das ist auch eine wichtige Grundlage für unser aktuelles Projekt HOTMIC, in dem wir den Weg des Plastikmülls von den Kontinenten bis in die großen ozeanischen Wirbel und weiter auf den Tiefseeboden als finale Senke verfolgen wollen“, sagt Dr. Haeckel. Gleichzeitig sind die Funde für ihn ein gutes Argument, die Einhaltung von Vorschriften bezüglich von Müll an Bord noch genauer zu beachten.
red