Betonkugeln unter Wasser als Stromspeicher

Betonkugeln unter Wasser als Stromspeicher
Grafik: Fraunhofer IEE

Betonkugeln unter Wasser als Stromspeicher

t3n.de: Ein Forschungsprojekt installiert hohle Betonkugeln auf dem Meeresboden vor Kalifornien, um Strom im Megawatt-Maßstab zu speichern.

Strom lässt sich nicht nur in Batterien bunkern, sondern auch in Betonkugeln. Dies hat das Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik (IEE) bereits vor Jahren im Bodensee gezeigt. Jetzt will es das System in größerem Maßstab vor der Küste Kaliforniens testen.

Woher die Energie in den Kugelspeichern kommt

Die hohlen Betonkugeln befinden sich unter Wasser und machen sich den Druck der Wassersäule zunutze. Gibt es überschüssigen Strom im Netz, werden sie von Pumpturbinen leer gesaugt, sodass ein Vakuum entsteht. Um die Energie zurückzugewinnen, strömt Wasser mit hohem Druck zurück in die Kugeln, treibt dabei die Pumpturbinen an und erzeugt Strom. Ein Unterwasserkabel überträgt ihn an Land.

Der erste Pilotversuch am Bodensee im Rahmen des Projekts „StEnSea“ fand schon 2016 statt. Damals versenkte das IEE eine drei Meter große Kugel in 100 Metern Tiefe. In Kalifornien, vor der Küste von Long Beach, soll es jetzt eine neun Meter große Kugel in einer Tiefe von 500 bis 600 Metern werden. Ein solcher Kugelspeicher leistet 0,5 Megawatt und kann 0,4 Megawattstunden Strom speichern.

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Am Projekt beteiligt sind der Pumpenhersteller Pleuger Industries und das Startup Sperra, das die Betonkugel „im 3D-Druckverfahren, womöglich in Kombination mit dem klassischen Betonbau“ herstellen wird, wie es in einer Pressemitteilung des IEE heißt.

Vorteil der Kugelspeicher liegen in Kosten und Kapazität

Die Effizienz des Systems liegt nach Angaben des IEE mit 75 bis 80 Prozent etwas niedriger als bei klassischen Pumpspeicherwerken. Der Vorteil der Betonkugeln gegenüber Batterien und Pumpspeichern: geringere Kosten und große Kapazität. Bei einem Speicherpark mit sechs Kugeln, einer Gesamtleistung von 30 Megawatt und 520 Zyklen pro Jahr sollen die Speicherkosten rund 4,6 Cent pro Kilowattstunde betragen, so das IEE.

Entscheidend für die Wirtschaftlichkeit ist die Wassertiefe. Nach Berechnungen der Fraunhofer-Fachleute sind 600 bis 800 Meter ideal: „Dort stehen Parameter wie der Druck, das nötige Kugelgewicht und die erforderliche Wandstärke in optimalem Verhältnis zueinander.“

Geeignete küstennahe Standorte sieht das IEE unter anderem in Norwegen, Portugal, Brasilien, Japan oder der US-West- und Ostküste, oder auch in tiefen Seen oder gefluteten Tagebauen. „Der Meeresboden sollte einigermaßen eben und waagerecht sein, muss aber vor der Installation der Kugel nicht präpariert werden“, sagt Projektleiter Bernhard Ernst gegenüber der MIT Technology Review.

Allein die zehn besten europäischen Standorte bieten laut IEE ein Potenzial von 166.000 Gigawattstunden. Zum Vergleich: Alle deutschen Pumpspeicher-Kraftwerke kommen auf rund 40 GWh, die derzeit installierten Batteriespeicher auf knapp 17 GWh.

Zwei Geschäftsmodelle

Vor allem zwei Geschäftsmodelle kommen für die Kugelspeicher in Frage: der Arbitrage-Handel von Börsenstrom und die Bereitstellung von Regelenergie zur Stabilisierung der Stromnetze.

Die Lebensdauer der Betonkugel schätzen die Forschenden auf 50 bis 60 Jahre. Nach jeweils 20 Jahren müssten Pumpturbine und Generator getauscht werden. „Der Speicher besteht aus der äußeren Betonkugel und der inneren technischen Einheit mit Pumpe, Mess- und Regelungstechnik“, erläutert Bernhard Ernst. „Diese technische Einheit können wir für Wartungen und Reparaturen an die Oberfläche bringen. Die Betonkugel verbleibt auf dem Meeresboden.“

Abgesehen von den Dimensionen der Kugeln hat sich beim Design wenig geändert. „Beim Versuch im Bodensee hatten wir einen Entlüftungsschlauch an Land gelegt und über ein Ventil mit der Kugel verbunden“, sagt Ernst. „Da im Betrieb kein Unterschied zwischen geöffnetem und geschlossenem Ventil festzustellen war, verzichten wir beim aktuellen Projekt auf den Schlauch.“

Ziel: 30-Meter-Kugeln

Vor Kalifornien gehe es nun vor allem darum, „die Technik in großer Tiefe zu testen und eine andere Logistik und Installation zu erproben. So werden wir diesmal keinen Kran verwenden und die Kugel wird direkt im Hafen gefertigt.“

Ende 2026 soll die Anlage in Betrieb sein. Das nächste Ziel sind Kugeln mit 30 Metern Durchmesser. Das Bundeswirtschaftsministerium fördert das Vorhaben mit knapp 3,4 Millionen Euro, das US-amerikanische Department of Energy mit rund vier Millionen US-Dollar… weiterlesen

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