Energiewende: Wer soll das alles umsetzen?

Energiewende: Wer soll das alles umsetzen?
Windradbau Foto: Jens Rasch/PixabayCC/PublicDomain

Energiewende: Wer soll das alles umsetzen?

taz.de: Die Energiewende soll schnell kommen. Windräder und Solarpaneele gibt’s genug. Es fehlen Stromtrassen, Geschäftsmodelle und Arbeitskräfte.

„Das ist das größte energiepolitische Gesamtpaket der letzten zwei Jahrzehnte“, sagte Robert Habeck im April bei der Vorstellung des „Osterpakets“. Das Signal des grünen Wirtschafts- und Klimaministers: Vorbei die Zeiten, wo Energiewende und Klimaschutz von einer zögerlichen Politik ausgebremst wurden. Jetzt, so der Grüne, würden Gesetze geändert, Gelder bewilligt, die „Bremsklötze beseitigt“. Dieser Linie folgte in dieser Woche der Bundestag und stimmte für das Oster- und das Sommerpaket.

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Wenn es jetzt also noch klemmt, so die Regierung, hat das andere Gründe als bisher: „Die Probleme werden wir nicht bei den Gesetzen haben“, so Habeck, „sondern bei der Produktion und der Bautätigkeit.“

Denn vor Deutschland liegt ein gewaltiger Ausbau der Öko-Infrastruktur. Da trifft die Theorie des Klimaschutzes auf die Realität der Baustellen: Nach langem Dornröschenschlaf sollen die Erneuerbaren, vor allem Wind- und Solarenergie, jetzt in Deutschland mit einem Kaltstart hochgefahren werden. Aber es ist unklar, wie und von wem die großen Pläne überhaupt in der gewünschten Windeseile umgesetzt werden können. Woher sollen all die Wind- und Solaranlagen kommen? Wer soll sie planen, finanzieren und montieren?

Für die Umsetzung seiner Pläne ist das Ministerium auf viele Akteure und günstige Entwicklungen angewiesen. Habeck sagt: „Die Industrie muss sich darauf einstellen, ihre Kapazitäten enorm zu steigern.“

Die Ausbaupläne sind ehrgeizig: Der Anteil des Ökostroms am Gesamtaufkommen soll bis 2030 von etwa 45 Prozent (2021) auf 80 Prozent hochgeschraubt werden. Gleichzeitig soll insgesamt mehr Strom produziert werden. Dafür braucht es laut Habeck jedes Jahr zusätzlich 10 Gigawatt Leistung bei Wind an Land – etwa 5-mal so viel, wie 2021 installiert wurden. Bei Photovoltaik (PV) muss es 4-mal so schnell gehen wie jetzt und die Kapazität auf jährliche 22 Gigawatt steigen. Die Windkraft im Meer soll von derzeit 8 auf enorme 30 Gigawatt bis 2030 steigen.

„Dieser Ausbau ist zu schaffen“

Auch wenn manche in der Branche hinter vorgehaltener Hand meinen, das sei alles nicht machbar, sagt Dennis Rendschmidt, Geschäftsführer des Dachverbands VDMA Power Systems: „Dieser Ausbau ist von den industriellen Kapazitäten her zu schaffen.“ Der Dachverband vertritt die Herstellerfirmen von Energieanlagen. Der globale Windmarkt gebe diese Mengen her, ist Rendschmidt überzeugt. Ähnlich schätzt das der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) ein. Der Weltmarkt produziere inzwischen jährlich PV-Anlagen mit einer Kapazität von 150 Gigawatt, ein Vielfaches des deutschen Bedarfs. Weil die Fabriken hochautomatisiert sind, lasse sich das Produktionsvolumen leicht anpassen.

Allerdings hapere es oft an scheinbar kleinen Logistikfragen, warnen die Branchen. Dennis Rendschmidt kritisiert, dass die Genehmigungsprozesse derzeit zu starr und kompliziert sind. So seien für die Errichtung einer Windenergieanlage in Deutschland bis zu 120 Genehmigungen notwendig. Und „europaweit fehlt es zum Beispiel an Spe­zial­kränen, mit denen man die riesigen Anlagen aufstellen kann“, sagt Rendschmidt.

Am wichtigsten sei aber, dass sich die Unternehmen – anders als beim Auf und Ab der Vergangenheit – auf die langfristigen Rahmenbedingungen verlassen können. Erst wenn klar sei, dass Fragen wie Flächenbedarf, Bürokratie oder Artenschutz geklärt sind, werde die Industrie in neue Werke investieren, um langfristig die gewünschten Mengen herzustellen.

„Für den nötigen erhöhten Ausbau nach 2030 müssen die Signale jetzt kommen“, sagt Rendschmidt. Und der Industrievertreter wünscht sich höhere Preise für die Windanlagen: „Der Stahl für eine Windenergie­anlage ist in den letzten Jahren viermal so teuer geworden wie vorher.“… weiterlesen

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