Klimaschutz könnte 4.500 Milliarden Euro kosten

Klimaschutz könnte 4.500 Milliarden Euro kosten
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Klimaschutz könnte 4.500 Milliarden Euro kosten

berliner-zeitung.de: Eine neue DIHK-Studie offenbart große Sorgen der deutschen Wirtschaft wegen der EU-Klimapolitik. 4500 Milliarden Euro soll es kosten. Die Industrie kritisiert scharf. 

Ob 15 Millionen Elektroautos auf deutschen Straßen bis 2030, 80 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien oder 65 Prozent weniger klimaschädliche Emissionen gegenüber 1990: Die Bundesregierung ist mit einigen ambitionierten Zielen gestartet. Doch der russische Überfall auf die Ukraine und die damit einhergehende Energiekrise brachten die Pläne gehörig durcheinander. Die deutsche Wirtschaft befindet sich in der Krise.

Eine neue Studie der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) und dem Verband kommunaler Unternehmen (VKU) zeigt nun, dass die Unternehmen in Deutschland zunehmend damit überfordert sind, die strengen Vorgaben beim Klimaschutz einzuhalten. Die Studie stellt dar, dass das vorgeschlagene Klimaziel 2040 auf optimistischen Annahmen in Bezug auf die Verfügbarkeit von Technologien, Fachkräften, Rohstoffen und den Mitteln für Investitionen beruht. Wenn diese nicht eintreten, drohen aus Sicht von DIHK und VKU mehr Regulierung, steigende Kosten sowie politische und wirtschaftliche Verwerfungen. Was sagen das Bundeswirtschaftsministerium und die Industrie dazu?

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Nach derzeitigen Emissionsprognosen der EU-Mitgliedstaaten würde bereits das für 2030 anvisierte europäische Ziel einer 55-prozentigen CO₂-Reduktion verfehlt, heißt es in der Studie. Das Erreichen eines 2040-Ziels von minus 90 Prozent gerate damit außer Reichweite. Die Formulierung immer neuer höherer Klimaziele führe „zu einer tiefen Verunsicherung in der Breite der Wirtschaft“, warnt der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks. Daher fordern DIHK und VKU mehr Realitätssinn in der Politik: Es sei kontraproduktiv, langfristige Ziele zu verschärfen, wenn man kurzfristigere nicht erreiche. Der Fokus solle stattdessen darauf liegen, wie das Ziel für 2030 kosteneffizient und wirtschaftlich tragbar angestrebt werden kann.

Die deutsche Wirtschaft habe beim betrieblichen Klimaschutz schon viel erreicht, erklärt Dercks. „Die energieintensive Industrie ist im europäischen Vergleich in den letzten Jahren auf einem markanten CO₂-Einsparpfad – allerdings vor allem bedingt durch kostenbedingte Einschränkungen der Produktion.“ In vielen Unternehmen vergrößere sich die Sorge, dass die politischen Einsparziele zu noch mehr Regulierungen und weiteren Preiserhöhungen für Energie führen. „Dabei sind die Kosten für Strom und Gas bereits heute schon problematisch hoch“, kritisiert Dercks. Insgesamt könnten sich laut einer von DIHK und VKU in Auftrag gegebenen Studie der Organisation The Climate Desk die Kosten für die Energiewende auf insgesamt 4500 Milliarden Euro belaufen.

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Dercks betont: „Während in früheren Jahren viele Unternehmen auch Chancen in der Energiewende für den eigenen Betrieb sahen, überwiegen seit zwei Jahren deutlich die Risiken.“ Die Politik  solle daher aufpassen, dass nicht ganze Branchen bei den Themen Energiewende und Klimaschutz völlig die Zuversicht verlieren. VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing ergänzt: „Es ist wichtig, die Klimaziele möglichst schnell zu erreichen. Aber der Weg zur Klimaneutralität kann nicht beliebig verkürzt werden, insbesondere in ‚trägen‘ Sektoren wie Verkehr und Gebäude.“

Auf Anfrage der Berliner Zeitung bestätigen mehrere Verbände, dass die Sorge in der deutschen Wirtschaft zunimmt. Ein Sprecher des Industrieverbands Agrar (IVA) erklärt, dass man derzeit neue Wege erschließe, mit Innovationen die Emissionen in der Landwirtschaft ohne Ernteverluste weiter zu reduzieren. „Das geht aber nicht ohne politische Unterstützung. In der Landwirtschaft sind Emissionen nicht vollständig vermeidbar.“ Auch aus Sicht des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) „wird die Umsetzung der vollständigen Dekarbonisierung bis 2045 täglich unrealistischer“, wie ein Sprecher auf Anfrage sagt.

Das Wirtschaftsministerium von Robert Habeck allerdings wollte sich Anfrage nicht zur Studie äußern, verwies stattdessen auf eine Studie des BDI und den Bericht des früheren EZB-Präsidenten Mario Draghi. Sie würden zeigen, wie die Wettbewerbsfähigkeit und das Ziel der Klimaneutralität zusammen erreicht werden können. Dass die Vorschläge vom BDI und von Draghi mit immensen Investitionen in dreistelliger Milliardenhöhe verbunden und somit eigentlich nur durch hohe neue Schulden realisierbar sind, wurde vom Ministerium nicht erwähnt.

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Fraglich bleibt, wie die hohen Kosten des Klimaschutzes in Zeiten einer schwachen deutschen Konjunktur finanziert werden sollen. Nicht nur deswegen gibt es derzeit eine hitzige Debatte in der Wirtschaft und der Politik darüber, ob die Schuldenbremse möglicherweise ausgesetzt oder reformiert werden sollte. „Fest steht: Politik ist mehr als Ziele setzen“, betont ein Sprecher des Verbands der Automobilindustrie (VDA) gegenüber der Berliner Zeitung. „Die Politik hat als Aufgabe, den Weg zur Zielerreichung zu ermöglichen, Entwicklungen aufeinander abzustimmen, nachzusteuern und gegebenenfalls zu korrigieren und wenn notwendig schnellstmöglich die eigentlich längst bekannten Schritte zur Verbesserung der Situation einzuleiten.“………. weiterlesen

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