Klimawandel macht Nordostpassage frei

Klimawandel macht Nordostpassage frei
t3n.de: Die globale Erwärmung hat der Arktis bereits extrem zugesetzt. Doch das schmelzende Eis macht den Weg frei – für noch mehr Schiffe.
Fischereiboote, Öl- und Gastanker, Containerfrachter, Kreuzfahrtschiffe: Es wird voll in der Nordostpassage entlang der norwegischen und russischen Küste. Das schmelzende Meereis eröffnet dem zunehmenden Schiffsverkehr in der Arktis neue Wege. Wegen der günstigeren Eisbedingungen und einfacheren nautischen Anforderungen ist die Nordostpassage die am meisten befahrene Route. Aber nicht nur die Zahl der Schiffe steigt, sie legen auch immer größere Strecken zurück. Innerhalb eines Jahrzehnts hat sich die jährliche Gesamtstrecke aller Schiffe mehr als verdoppelt. Das bleibt nicht ohne Folgen für das Klima der Arktis.
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Es wird immer heißer im Nordpolargebiet
Kürzlich berichtete der Arktische Rat, dass sich das Nordpolargebiet seit 1979 dreimal schneller erwärmt als der globale Durchschnitt. Die jährlichen Lufttemperaturen sind seit 1971 bereits um drei Grad gestiegen und die Oberflächenlufttemperaturen liegen zunehmend über den Gefrierpunkt.
Besonders gravierend trägt der zunehmende Schiffsverkehr bei. Anders als in südlicheren Breiten heizt hier ausgerechnet auch der Ruß aus der Verbrennung fossiler Treibstoffe unmittelbar in der Nähe der Schiffsrouten das Klima der empfindlichen Arktis auf – zusätzlich zu den Treibhausgasen, die sowieso zur globalen Erwärmung beitragen.
Die Rußpartikel von unverbranntem Schweröl aus den Dieselmotoren, „black carbon“ genannt, setzen sich auf den Eisflächen ab, wo sie das Sonnenlicht besonders stark absorbieren und sich aufheizen. Die Folge: Das Eis schmilzt an diesen Stellen noch schneller.
Welche Auswirkungen hat Ruß auf Schnee und Eis?
Insgesamt trägt Ruß über einen Zeitraum von 20 Jahren mehr als dreitausendmal so stark zur Erwärmung des Klimas bei wie die gleiche Menge CO2 in der Atmosphäre. In seinem jüngsten Sachstandsbericht hat der Weltklimarat (IPCC) den Schätzwert des Erwärmungspotenzials von Ruß auf Schnee und Eis im Vergleich zum vorherigen Bericht verdoppelt, da die Forscher:innen seine Auswirkungen auf Schnee und Wärmebilanz inzwischen besser verstehen.
Schweröl ist der teerartige Rückstand aus der Erdölverarbeitung, der nicht weiter destillierbare Abfall. Seit dem 1. Juli vergangenen Jahres dürfen eigentlich keine damit betriebenen Schiffe arktische Gewässer befahren – eigentlich. Denn die Internationale Maritime Organisation IMO, eine UN-Organisation, hat bis 2029 so viele Ausnahmen erlaubt, dass sich erst einmal nicht besonders viel ändern wird.
Saubere Schifffahrt? Fehlanzeige
Die Clean Arctic Alliance, eine Gruppe von 21 Nichtregierungsorganisationen, die sich für staatliche Maßnahmen zum Schutz der arktischen Tierwelt und ihrer Bewohner einsetzt, betont weiterhin, dass nicht genug getan wird, um den Anstieg der Ruß- und Methanbelastung durch die Schifffahrt in der Arktis einzudämmen. Ihre leitende Beraterin, Sian Prior, erklärte in einer am 14. Mai 2025 veröffentlichten Stellungnahme, dass „sich die Rußemissionen der Arktisschifffahrt in den letzten Jahren mehr als verdoppelt haben“.
Eine Modellanalyse des Internationalen Rats für sauberen Transport ICCT zeigt denn auch, dass es unter dem Schwerölverbot immer noch für mehr als 70 Prozent der Flotte möglich sein könnte, die Arktis weiterhin mit Schweröl zu befahren. Die Black-Carbon-Emissionen würden sich damit nur um weniger als zehn Prozent reduzieren.
Ökologische Schäden durch die Schifffahrt
Der Boom im Seeverkehr in der Arktis verursacht aber auch eine ganze Reihe ökologischer Schäden. So stört der immer lauter werdende Unterwasserlärm Wale und Robben. Ihre eigenen Laute dringen nicht mehr durch, um Nahrung und Partner zu finden, Raubtieren auszuweichen und Wanderwege zu erkennen.
Auch Abfälle und Abwasser aus dem Schiffsbetrieb landen im Meer, wo sie unter den extremen klimatischen Bedingungen nur sehr langsam abgebaut werden.
Mehr Schiffe, mehr Ballastwasser: Durch dessen Austausch könnten sich nicht-heimische oder gar invasive Arten im arktischen Ozean einnisten und heimische Arten verdrängen.
Nicht zuletzt steigt auch das Risiko für Unfälle und Havarien mit kaum abschätzbaren Folgen. Denn Rettungs- und Reinigungsaktionen sind in diesen nach wie vor abgelegenen, harschen Gebieten kompliziert und kostspielig, zumal es oft an der notwendigen Infrastruktur mangelt.
Das befahrbare Gebiet im Eismeer wächst
Ein Blick auf die Entwicklung des Meereises zeigt: Allein der durch die globale Erwärmung verursachte Rückgang des Meereises führte zwischen 2013 und 2019 zu einem Anstieg des Schiffsverkehrs um 25 Prozent.
Das Gebiet, in dem Schiffe das Eismeer während der drei Sommermonate sicher in offenen Gewässern befahren können, hat sich zwischen 1979 und 2018 um 35 Prozent vergrößert. Jedes Jahr wächst es weiter.. weiterlesen


