Mehr Grünflächen – weniger Kriminalität

Mehr Grünflächen – weniger Kriminalität
mdr.de: Welchen Nutzen Parks fürs Stadtklima haben, weiß man schon lange. Aber nun wurde in den USA auch ein klarer Zusammenhang zwischen Grünflächen und Kriminalität nachgewiesen. Wo mehr Grün ist, gibt es weniger Straftaten, sagt eine Studie, in die Daten aus etwa 60.000 Wohngegenden in 301 US-amerikanischen Großstädten eingeflossen sind.
Auf den ersten Blick mag es unlogisch erscheinen: weniger Kriminalität bei mehr Parks und Grünflächen. Denn lauern die Räuber und andere Straftäter ihren Opfern nicht gerade gern im Dickicht auf? Und sind nicht Parks in einigen Städten als abendliche Drogenumschlagplätze bekannt?
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Manfred Rolfes beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Zusammenhang zwischen Geografie und Kriminalität. Er sagt, durch unsere Vorprägung durch Märchen und Krimis erwarten wir, dass die Schurken und Bösewichte im Dunkeln, im Wald oder im Park auf uns lauern. Das täten sie zwar auch hin und wieder, zum Beispiel bei sexuellen Belästigungen von Joggerinnen, und dann sei die mediale Aufmerksamkeit sehr groß. Aber: „De facto – und das wird Ihnen vermutlich jede/r Streifenbeamte/in erzählen – geschehen die meisten Eigentumsdelikte oder Gewaltdelikte natürlich nicht auf Grünflächen. Im Hinblick auf Gewaltdelikte sind z. B. gerade die eigenen vier Wände ‚gefährliche‘ Orte (vgl. Stichwort Häusliche Gewalt), weil dort überproportional viele Gewaltdelikte geschehen. Und da ist es dann egal, ob eine Grünfläche in der Nähe ist oder nicht“, so Professor Rolfes, der an der Uni Potsdam Angewandte Humangeographie und Regionalwissenschaften lehrt.
Nähe zu Grünflächen wirklich egal?
Mit dem letzten Satz des Forschers nimmt es nun aber eine sehr umfangreiche US-amerikanische Studie auf. Sie zeigt, dass die Nähe zu Grünflächen eben doch nicht egal zu sein scheint, jedenfalls in US-Großstädten. Zwar kann man als Ergebnis der Studie keinen kausalen Zusammenhang formulieren nach dem Motto „wegen mehr Grünflächen geschehen weniger Straftaten“. Aber zumindest eine deutliche statistische Korrelation nach dem Motto „bei mehr Grünflächen geschehen weniger Straftaten“ arbeiten die fünf Forscher in ihrer Arbeit heraus.
Solche statistischen Korrelationen zu zeigen, könnte man mit sehr plumpen Rechnungen versuchen, indem man zum Beispiel den Grünflächenanteil einer Stadt mit der Kriminalitätsrate derselben Stadt vergleicht – bzw. (damit beide Werte in dieselbe „Richtung“ zeigen) den Nicht-Grünflächen-Anteil einer Stadt mit der Kriminalitätsrate. „Je größer das eine, desto größer das andere“ wäre dann die Unterstellung für eine Korrelation.
Für Deutschland sähe das für 79 Großstädte grafisch folgendermaßen aus. Lesehilfe dazu: Je stärker ein roter Balken nach oben oder unten zeigt, umso stärker müsste auch sein gelber rechter Nachbarbalken in dieselbe Richtung zeigen, wenn die Werte korrelieren. (Und um welche Stadt es sich jeweils handelt, sehen Sie, wenn sie einen beliebigen Balken anklicken.)
Von einer deutlichen Korrelation kann bei dieser Betrachtung nicht wirklich die Rede sein, manche Unterschiede innerhalb der Balkenpaare sind immens, und nur rund die Hälfte der Balkenpaare (43 von 79) zeigt überhaupt wenigstens in dieselbe Richtung. Auch wenn man statt des reinen Grünflächenanteils der Städte die rechnerisch pro Einwohnerkopf zur Verfügung stehende Grünfläche benutzen würde, zeichnete sich ein sehr ähnliches Bild.
Städte als Ganzes dürften für so einen Vergleich aber auch eher ungeeignet sein. Das kann man sich an einem konkreten Beispiel veranschaulichen: Warum sollten Straftaten in der Dresdner Innenstadt (wo viele Menschen leben) davon beeinflusst werden, dass es im Norden bzw. Nordosten des Stadtgebiets die riesige Dresdner Heide gibt (wo wenige Menschen leben)?
Warum sollten aber Straftaten überhaupt von Grünflächen, Parks oder Wäldern beeinflusst werden oder zumindest ein statistischer Zusammenhang zwischen ihnen bestehen? Die Autoren der US-Studie können das nicht definitiv beantworten, verweisen aber auf mehrere wissenschaftliche Arbeiten, die nahelegen, dass Grünflächen und Parks die psychologische Gesundheit der Stadtbewohner verbessern, weil sie typische Vorläufer von Kriminalität wie Stress und Aggression reduzieren, die Aufmerksamkeit verbessern, die kognitive Müdigkeit reduzieren sowie das Glücksempfinden und prosoziale Verhalten fördern… weiterlesen