Urbane Plätze für Mensch und Tier gestalten

Urbane Plätze für Mensch und Tier gestalten
Foto: Pixabay CC/PublicDomain

Urbane Plätze für Mensch und Tier gestalten

Auch auf städtischen Plätzen siedeln sich Tiere und Pflanzen an. Daraus ergeben sich Chancen für mehr Biodiversität und menschliches Wohlempfinden. Forschende der Technischen Universität München (TUM) haben auf 103 Plätzen in München untersucht, wie sich unterschiedliche Faktoren auf Flora und Fauna auswirken. Sie plädieren dafür, die Gegebenheiten vor Ort genau zu betrachten und öffentliche Flächen individueller zu gestalten.

Biodiversität ist die Grundlage für funktionierende Ökosysteme: Artenreiche Ökosysteme sind stabiler und widerstandsfähiger gegenüber klimatischen Veränderungen. Doch auch darüber hinaus profitiert der Mensch von Artenreichtum in seiner Umgebung. Immer mehr Studien zeigen den positiven Einfluss auf das menschliche Immunsystem, die Stimmung und das Mikrobiom, also die Mikroorganismen, die den Körper besiedeln. „Gerade im Zuge der fortschreitenden Urbanisierung macht es Sinn, das Zusammenleben von Mensch und Tier in der Stadt genauer zu betrachten“, sagt Wolfgang Weisser, Professor für Terrestrische Ökologie an der TUM.

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Große Differenzen zwischen Plätzen

Gemeinsam mit Andrew J. Fairbairn und Sebastian T. Meyer, den Erstautoren der Studie, sowie Studierenden und Mitarbeitenden des Lehrstuhls untersuchte Wolfgang Weisser deshalb die Biodiversität auf 103 Plätzen in München. Das Team betrachtete Faktoren wie Größe, Bodenbeschaffenheit, Pflanzen- und Baumbewuchs, künstliche Lichtquellen und das Umfeld des Platzes in einem Radius von 1.000 Metern. Die Vielfalt der Plätze reichte von nahezu vollständig versiegelten Flächen bis hin zu parkähnlichen Anlagen.

Ihre Ergebnisse zeigen am Beispiel München, wie groß die Differenz zwischen Plätzen ausfallen kann. Auf dem stark versiegelten Marienplatz zählten die Forschenden nur 20 Arten, hiervon je eine Moos- und eine Vogelart, zudem einige wenige Insekten und Fledermausarten. Der mit Rasenflächen, Büschen und Bäumen ausgestattete Pfrontener Platz hingegen kommt auf 156 Arten, davon allein 21 Vogelarten. Auf dem Johannisplatz finden sich 118 Arten, denn trotz stärkerer Versiegelung gibt es hier Bäume, Hecken und etwas Rasenflächen.

Grün ist nicht gleich Grün: Bepflanzung detaillierter planen

Mehr Pflanzen bieten also – wenig überraschend – für viele Arten Vorteile und sind ein Faktor, den Modelle zur Stadtplanung bereits berücksichtigen. Die Studie zeigt nun aber, dass Rasenflächen, Bäume und Büsche sich stark in der Vielfalt und Menge der von ihnen angezogenen Arten unterscheiden. Diesen Aspekt berücksichtigt die Stadtplanung laut den Forschenden aktuell kaum.

Fast alle untersuchten Arten profitieren von Rasenflächen, denn diese beherbergen unter anderem Bodenlebewesen, die auch als Nahrungsgrundlage für etwa Igel und Vögel dienen. Bäume und Büsche wirken sich ebenfalls positiv aus, besonders wenn sie um Grasflächen ergänzt werden. Zugleich konnte das Team nachweisen, dass manche Arten die Wärme des Stadtkerns suchen, während andere den kühleren Stadtrand bevorzugen, der zudem weniger von Lichtverschmutzung betroffen ist.

Das Zusammenleben von Mensch und Tier bewusst gestalten

Nicht jeden Platz nach dem gleichen Muster zu gestalten, sondern die Gegebenheiten vor Ort und die Bedürfnisse der Arten zu betrachten, erhöht deshalb die Chance auf eine große Artenvielfalt, so die Forschenden. Wer beispielsweise möchte, dass sich mehr Bienenarten ansiedeln, sollte nicht nur nektartragende Blumen pflanzen, sondern zusätzlich offenen Grund als Lebensraum und Material für den Nestbau zur Verfügung stellen – auch nah am Stadtkern, denn Bestäuber mögen es warm.

„Uns ist klar, dass Plätze unterschiedliche Funktionen erfüllen und nicht jede Fläche geeignet ist, um sie im großen Maßstab umzustrukturieren,“ sagt Wolfgang Weisser. „Aber mit wenigen Maßnahmen kann man bereits viel erreichen und somit das Zusammenleben mit der Natur in eine gute Richtung lenken. Wenn wir Faktoren, die die Biodiversität positiv beeinflussen, in die Stadtplanung einfließen lassen, nutzen wir Potenziale und tun damit nicht nur der Natur etwas Gutes, sondern eben auch uns selbst.“

Anja Lapac

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