Architektur-Projekt: Düsseldorfs grüne Oase

Architektur-Projekt: Düsseldorfs grüne Oase
Foto: Tadao Ando

Architektur-Projekt: Düsseldorfs grüne Oase

ad-magazin.de: Er soll dem projektierten Tadao Ando Campus in Düsseldorf Atem einhauchen. Wenn das jemand schafft, dann der Landschaftsplaner Enzo Enea.

Die Anbindung ist optimal, einerseits. Die S-Bahn hält gleich ums Eck, zwei Bundesstraßen und mehrere Verkehrsadern kreuzen sich quasi vor der Haustür. Und das ist, andererseits, auch das gewaltige Problem: Das Mörsenbroicher Ei nördlich der Düsseldorfer Innenstadt gilt als verlässlicher Kandidat, wenn es um horrende Staumeldungen geht. Selbst an den Wochenenden fließt der Verkehr hier enervierend zäh; keinem Expert:innenteam ist es in den vergangenen Jahrzehnten gelungen, diesen gordischen Knoten der Düsseldorfer Verkehrsplanung zu durchschlagen. Doch nun soll, wenn es nach der Vision eines Investors geht, der Euro Atlantic AG, alles besser werden am – oder zumindest mitten im – Ei. Ein bislang vor allem als Parkplatz genutztes Areal soll neu bebaut werden, ein „Campus“ mit Restaurants, Cafés und einem Museum entstehen, dazu sollen ein Ärztehaus, Co-Working-Spaces und nicht zuletzt ein „Hyatt Place“-Hotel mit 300 Zimmern einziehen. Die unwirtliche Problembrache könnte so zu einem Schmuckstück aufgewertet werden – dank eines echten Dreamteams aus Architekt und Landschaftsplaner: Tadao Ando und Enzo Enea

Lesen Sie auch:

Natürlich war es ein Coup, Tadao Ando für die Planungen zu gewinnen. Japans Stararchitekt, der noch nie ein Hochhaus geplant hatte, tat nun genau dies: Er entwarf einen lang gestreckten, aus der Vogelperspektive fast schiffsartigen Baukörper, der auf der Nordseite im 125 Meter hohen Ando Tower seine Krönung finden soll. Einzigartig wird der Wolkenkratzer durch ein leicht diagonal ins Gebäude eingestecktes mehrgeschossiges Glasprisma, das in luftiger Höhe aus den Längsseiten auskragt. Eine spektakuläre Geste der Durchlässigkeit an einem Ort, an dem sonst so vieles stockt, der Verkehr wie die Atemluft. Als vielleicht noch wichtiger für das Gelingen des Großprojekts könnte sich am Ende aber erweisen, dass Enzo Enea hinzugezogen wurde. Dem Schweizer Gartenmagier aus Rapperswil-Jona, der auch Büros in Zürich, Brooklyn und Miami unterhält, kommt die Herkulesaufgabe zu, das allseitig vom Verkehr umtoste Areal in eine grüne Insel zu verwandeln. Bislang gibt es vor allem Renderings, doch die lassen sich tatsächlich als Signal für eine Wende lesen. Es hat den Anschein, als sei als Ausgleich für jeden überbauten Quadratmeter dieselbe Fläche Dachgarten geplant. Oder anders formuliert: als wären die Bauten im Grunde überdimensionierte Pflanztöpfe für Bäume und duftende Sträucher. Das fängt ebenerdig in der unmittelbaren Umgebung an, wo lange Eiben-Reihen einen schützenden Sauerstoffgürtel um die Blockbebauung legen. Beide Riegel der Neubauten sollen, höhenmäßig gestaffelt, Dachgärten erhalten, die große Aufenthaltsqualität versprechen. Angedacht sind neben Hecken und Wäldchen auch ein Seerosenbecken, ein Kräuterbeet und, ungewöhnlich in solch urbanem Kontext, ein Gemüsegarten. 

Selbst das Rooftop in schwindelerregenden 125 Metern Höhe soll begrünt werden. Und das alles mit heimischen Pflanzen oder solchen, die mit den geänderten klimatischen Bedingungen hierzulande besonders gut klarkommen. Wie auch mit böiger Höhenluft. Die Rede ist von mehr als 275 Bäumen, angefangen bei immergrünen Pinien über Magnolien bis hin zu Linden, ja selbst Eichen – und vom ersten CO2-neutralen Bürokomplex der Welt. Bienen, Schmetterlinge und Vögel sollen ebenso den Weg über die vielspurigen Trassen finden wie, unterm Strich, die Menschen. Wagemutige Projekte zur Begrünung von Mammutgebäuden gibt es derzeit reichlich (etwa der Hochbunker an der Feldstraße in Hamburg oder das ehemalige Fernmeldehochhaus in Bielefeld), doch während manche Planung nach Wolkenkuckucksheim klingt, könnte der Tadao Ando Campus und Tower der schwierigen Ausgangslage zum Trotz grüne Wurzeln treiben – immerhin bringt Enzo Enea fast 30 Jahre Berufserfahrung mit (zuletzt gestaltete er die Gärten des „Mandarin Oriental“ in Beverly Hills). Und ein Team von 200 klugen Köpfen. 

Enzo Enea im Interview mit AD 
AD: Herr Enea, wie ist es, mit Tadao Ando zu arbeiten? Wie früh und intensiv wurden Sie in die Planungen eingebunden?

Enzo Enea: Der Entwurf von Tadao Ando wurde uns erstmals von den Bauherr:innen präsentiert. Wir sahen einen strengen, klassischen Garten im französischen Stil. Diese sehr formale Gestaltung war aber nicht das, was wir für das Projekt im Sinn hatten. Also haben wir einen Gegenvorschlag erarbeitet. Der überzeugte die Verantwortlichen und steht nun zur Ausführung bereit.

Das Mörsenbroicher Ei liegt citynah, ist verkehrsplanerisch aber ein gordischer Knoten, der nie durchschlagen wurde. Wie können Sie auf diese im Grunde lebensfeindliche Herausforderung mit Grün reagieren? Braucht es z.B. einen grünen Wall um das Areal?

Der Knoten ist für uns nicht zuletzt deshalb gordisch, weil sehr viele Kubikmeter verbaut wurden. Das Gebäude beansprucht viel Raum, der vermeintlich nicht als Grünfläche genutzt werden kann. Keine Grünfläche heißt: kein Sauerstoff. Darum dachten wir an einen Lebensraum, der uns wie kein anderer mit Sauerstoff versorgt – den Wald. So schaffen wir einen Gegenpol. Aber nicht nur in der Horizontalen! Durch die zusätzliche Nutzung der vertikalen Flächen als Waldboden können wir Lebensraum zurückerobern, an den der Mensch anknüpfen kann. Zu Ihrer Frage nach dem Wall: Ein Wall korrespondiert nicht mit unserem integrativen Anspruch. Wir möchten einbeziehen und die Lebensqualität verbessern. Darum haben wir uns für einen grünen Gürtel entschieden, der als Filter wirkt und das Stadt- und Mikroklima beeinflusst. Der grüne Gürtel wirkt positiv, wenn wir ihn durch die Fenster erblicken, allein schon der Farbe wegen, denn der Blick ins Grüne beruhigt nachweislich…. weiterlesen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

This site uses Akismet to reduce spam. Learn how your comment data is processed.