Ein Weckruf zur ganzheitlichen Transformation

Ein Weckruf zur ganzheitlichen Transformation
Foto: Pixabay CC/PublicDomain

Ein Weckruf zur ganzheitlichen Transformation

Mit „Earth for All – Deutschland“ bringt der Club of Rome, in Zusammenarbeit mit dem Wuppertal Institut, eine überzeugende Analyse der Herausforderungen und Lösungsansätze für eine nachhaltige Zukunft auf nationaler Ebene heraus. Der Bericht, im oekom-Verlag (siehe unten) erschienen, geht weit über klassische Klimafragen hinaus und wirft ein Schlaglicht auf die Verantwortung Deutschlands für eine umfassende Energiewende – eingebettet in eine weltweite Bewegung. In präziser Sprache wird gezeigt, wie stark unsere Entscheidungen hierzulande die globalen Ökosysteme beeinflussen.

Das Buch beginnt mit einem Blick auf die globale Ausgangslage und die Tradition der Berichte des Club of Rome, um anschließend zu Deutschlands Verantwortung überzuleiten. „Alles, was getan oder gelassen wird, hat eine Wirkung“, heißt es sinngemäß – eine Einsicht, die sich wie ein roter Faden durch das gesamte Werk zieht. Mit dem Zitat des Philosophen Isaiah Berlin, „Freiheit für Wölfe hieß oft Tod für die Schafe“, illustriert der Bericht die Risiken einer ungezügelten Marktwirtschaft und schafft eine gedankliche Brücke zur gegenwärtigen Wirtschaftspolitik, wo die „unbegrenzte Freiheit der Konzerne“ oft den Mittelstand an den Rand drängt. Diese Wechselwirkungen prägen auch die fünf „Wenden“, die das Buch als zentrale Bausteine einer erfolgreichen Transformation herausarbeitet.

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Fünf Wenden als notwendige Schritte zur Zukunftsfähigkeit

Das Buch analysiert fünf Schlüsselbereiche, die für die Wende zu einer nachhaltigen Gesellschaft notwendig sind: die Armutswende, die Ungleichheitswende, die Empowermentwende, die Ernährungswende und die Energiewende. All diese Wenden sind miteinander verflochten und basieren auf komplexen Computermodellen, die eindrucksvoll veranschaulichen, wie eng die Herausforderungen der modernen Gesellschaft miteinander verbunden sind. Jede dieser Wenden wird auf das Jahr 2045 projiziert, wobei das Szenario „Too Little, Too Late“ dem „Giant Leap“ gegenübergestellt wird – ein Kontrast zwischen einem halbherzigen Vorgehen und einem entschlossenen Wandel, der weitreichende Veränderungen ermöglichen könnte.

Bei der „Armutswende“ geht es nicht nur um finanzielle Mittel: Armut betrifft Mobilität, Bildung und soziale Teilhabe, vor allem in finanzschwachen Kommunen. Die „Ungleichheitswende“ zeigt, wie stark Wohlstand und Klimabilanz zusammenhängen und dass wachsende Vermögensungleichheit den Nährboden für populistische Strömungen bildet, die die demokratische Ordnung gefährden können. Die „Empowermentwende“ unterstreicht die Bedeutung von Selbstwirksamkeit: Wer aufgrund von Pflege- oder Erziehungsaufgaben überlastet ist, kann sich selbst weniger verwirklichen und tragen zur sozialen Stagnation bei.

Die „Ernährungswende“ behandelt die sozialen und ökologischen Folgen unserer Ernährungsgewohnheiten und zeigt, dass ein Umdenken hier erhebliche Ressourcen einsparen und die Gesundheit fördern könnte. Die „Energiewende“, von zentraler Bedeutung in der Klimadebatte, hebt hervor, dass trotz großer Fortschritte sozial und ökologisch nachhaltige Energiepolitik ein Kraftakt bleibt, der ohne breite Unterstützung in der Gesellschaft nicht umzusetzen ist.

Ein neues Denken im Sinne der Kreislaufwirtschaft

Ein entscheidender Punkt im „Bericht ist das Konzept der Kreislaufwirtschaft, das als zwingend notwendig für eine nachhaltige Zukunft beschrieben wird. Der Ausbau erneuerbarer Energien und der Umstieg auf Elektromobilität benötigen erhebliche Mengen an Rohstoffen. Hier fordert der Bericht ein Umdenken: Bereits beim Produktdesign müsse Wiederverwertung fest eingeplant werden. Trotz jahrelanger Diskussionen fehlt bisher eine umfassende Theorie zur Kreislaufwirtschaft – ein Umstand, den das Buch kritisch anspricht und zugleich als Chance für Innovation sieht.

Aufruf zum Handeln – „Der große Wurf ist möglich“

Der Bericht schließt optimistisch: „Der große Wurf ist möglich“, lautet die zentrale Botschaft. Es bedarf jedoch eines gemeinschaftlichen Handelns auf allen Ebenen. Das Buch fordert alle – von der Politik bis zu den Bürgern – dazu auf, Verantwortung zu übernehmen und sich aktiv einzubringen.

Ein wertvoller Einstieg in die notwendige Transformation

Earth for All – Deutschland“ bietet auf leicht verständliche Weise einen fundierten Einstieg in die komplexe Materie der gesellschaftlichen Transformation. Leser, die mit den verschiedenen Herausforderungen der nachhaltigen Entwicklung bereits vertraut sind, werden wenig Neues finden, aber für alle anderen bietet das Buch eine prägnante und überzeugende Übersicht über das, was wirklich zählt. Die klare Sprache und der gezielte Einsatz von Anglizismen machen das Werk besonders einsteigerfreundlich und auch für junge Leser leicht zugänglich.

Insgesamt ist „Earth for All – Deutschland“ ein lesenswertes Werk für alle, die verstehen wollen, wie tief unsere heutigen Entscheidungen in die Zukunft wirken. Es ist ein Aufruf zu einer neuen Verantwortung – und eine Mahnung, den notwendigen Wandel nicht länger aufzuschieben.

Helmut Scheel

Club of Rome , Wuppertal Institut (Hrsg.)
Earth for All Deutschland
Aufbruch in eine Zukunft für Alle
280 Seiten
München, 2024
26,00 €

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