Grüner Anstrich des Finanzsystems reicht nicht

Grüner Anstrich des Finanzsystems reicht nicht
Foto: G. Altmann/PixabayCC/PublicDommain

Grüner Anstrich des Finanzsystems reicht nicht

zeit.de: Das Finanzsystem muss grundsaniert werden, um mehr Nachhaltigkeit zu erreichen. Kurzfristige Renditen und klimaschädliche Geschäfte dürfen sich nicht mehr rechnen.

Der rasche Umstieg auf erneuerbare Energien ist unausweichlich. Doch dafür braucht es auch neue Regeln auf dem Finanzmarkt. Denn derzeit lohnen sich klimaschädliche Investitionen mit kurzfristigen Renditen. Wie man mehr Nachhaltigkeit am Finanzmarkt erreichen kann und was dabei die Rolle des Staates sein muss, skizzieren Magdalena Senn und Daniel Mittler von der Bürgerbewegung Finanzwende, einer unabhängigen Interessensvertretung, die sich für eine Reform des Finanzsystems einsetzt, in diesem Gastbeitrag.

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Die aktuellen Bedenken um die Energiesicherheit Deutschlands und der jüngste Bericht des Weltklimarats IPCC führen es deutlicher denn je vor Augen: Der Ausstieg aus fossilen Energien hätte am besten schon vorgestern kommen sollen. Doch derzeit boomen vor allem die Ölpreise. Die Ölkonzerne machen satte Gewinne und locken Investoren. Mit Saudi Aramco ist das wertvollste Börsenunternehmen derzeit ausgerechnet ein Ölkonzern, gerade erst hat das Unternehmen den Technologiekonzern Apple als wertvollstes Unternehmen der Welt abgelöst. Und statt systematisch die Mittel für den nachhaltigen Umbau der Wirtschaft bereitzustellen, finanzieren die Finanzmärkte munter die Klimakrise weiter. So haben die 60 weltweit größten Banken seit dem Pariser Klimaabkommen 4,6 Billionen US-Dollar in Fossile gepumpt.

Dabei werden vor allem Investitionen in eine klimagerechtere Zukunft benötigt. Die EU-Kommission rechnet mit 28,4 Billionen Euro, die zwischen 2031 und 2050 nötig sein werden. Sustainable-Finance-Ansätze werden in der Debatte vielfach als Lösung gehandelt. Passend dazu florieren als nachhaltig titulierte Fonds. Viele dieser „grünen“ Geldanlagen geben zwar an, in vorbildliche Unternehmen zu investieren. Doch bei näherer Betrachtung unterscheiden sie sich kaum von konventionellen Anlagen. Auch grüne Fonds investieren große Summen in Unternehmen aus dem Bereich fossiler Energien. So kommt die Transformation nicht voran.

Grundsätzlich sollen wirklich nachhaltige Finanzmarktregeln aber eigentlich Abhilfe schaffen. Die Idee: Privates Kapital finanziert die längst überfällige Transformation zu einer nachhaltigeren Wirtschaft, indem es von „braun“ nach „grün“ umgelenkt wird. Damit das funktioniert, braucht es mehr Transparenz und verlässliche Informationen, so die Argumentation. Dann könnten Anlegerinnen und Anleger entscheiden, ob sie mit ihrem Ersparten lieber zukunftsfähige Technologien oder die weitere Ausbeutung von Öl, Gas oder Kohle finanzieren wollen. Grundlegend wäre dafür aber eine strikte Nachhaltigkeitsdefinition in Form einer EU-Taxonomie, die nicht, wie aktuell geplant, fossiles Gas und Atomkraft als „grün“ einstuft

Die Taxonomie braucht außerdem weitere Kategorien, die sichtbar machen, wo ein aktuell noch nicht nachhaltiges Unternehmen auf dem Weg der Transformation steht. Zudem sollte eine größere Gruppe von Unternehmen als bisher einheitliche und vergleichbare Nachhaltigkeitsberichte erstellen. Konkrete Regeln dafür werden zurzeit erarbeitet. Auch bei Nachhaltigkeitsratings braucht es mehr Transparenz. Sie bilden die Entscheidungsgrundlage für viele nachhaltig motivierte Investorinnen und Investoren. Bisher ist aber intransparent, in welchem Maße unterschiedliche Aspekte von Nachhaltigkeit einfließen, was zu großen Abweichungen zwischen den Ratings führt. Tesla wird beispielsweise wahlweise als sehr oder kaum nachhaltig eingestuft. Insgesamt könnten also ambitioniert ausgestaltete grüne Finanzmarktregeln einen Teil dazu beitragen, dass negative Klima- oder Umweltfaktoren zunehmend durch Finanzakteure berücksichtigt werden… weiterlesen

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