Insektenvielfalt auf Berliner Straßenmittelstreifen

Insektenvielfalt auf Berliner Straßenmittelstreifen
Berlin ist voll von Lebensräumen: Wildschweine tummeln sich in den Wäldern am Stadtrand, Fische schwimmen im Wannsee und dann gibt es natürlich noch die unzähligen Tauben am Alexanderplatz. Doch nicht nur dort, wo wir Tiere sowieso schon vermuten, kreucht und fleucht es unaufhörlich. Auch an scheinbar unwirtlichen Orten existieren bemerkenswerte Lebensräume. Die Mittelstreifen der Berliner Straßen etwa können eine beeindruckende Vielfalt von Insekten aufweisen. Das zeigt das Projekt „Stadtgrün“ von Naturkundemuseum und Humboldt-Universität, in dessen Rahmen Insektenforscher Frank Koch seit 2017 diese ungewöhnlichen urbanen Ökosysteme unter die Lupe nimmt.
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Ursprünglich als Projekt zur Untersuchung urbanstressresistenter Pflanzen gestartet, strecken Koch und sein Team an den drei Standorten Frankfurter Allee, Adlergestell und Heerstraße im Zweiwochenturnus ihre Fühler nach den Gliederfüßern aus. Ihr Ergebnis: Rund 400 verschiedene Insektenarten aus sechs verschiedenen Ordnungen konnte Koch nachweisen, darunter auch solche, die auf der roten Liste gefährdeter Arten stehen. Sogar die in Berlin und Brandenburg verschollen geglaubte Sphex funerarius, die Heuschreckensandwespe, ging den Forschenden 2019 ins Netz. 2021 konnte die Bienenart Hylaeus intermedius in der Heerstraße erstmals für Deutschland dokumentiert werden.
Warum auf den Grünflächen zwischen den Fahrspuren, trotz des heißen Asphalts im Sommer und bei Streusalz im Winter, derart erstaunliche Biotope entstanden sind, erklärt Koch unter anderem mit der isolierten Lage: „Mittelstreifen werden von Fußgängern und Haustieren gemieden“, sagt er, „und konnten so ungewollt zu geschützten Habitaten werden.“
Bezirksämter verzichten auf „Pflege“ der Grünstreifen und helfen so der Artenvelfalt
Eine Gefahr für die Mittelstreifen-Habitate sieht Koch vor allem in der Pflege der Grünstreifen: Nicht nur würde den Insekten durch übertriebenes Mähen die Nahrungsgrundlage entzogen werden, mahnt der Insektenforscher, „es ändern sich auch schlagartig die bevorzugten abiotischen Faktoren wie etwa Temperatur, Feuchtigkeit und Licht.“ Im Kampf um den Schutz dieser einzigartigen urbanen Lebensräume haben Koch und sein Team einen Etappensieg errungen: Nach eindringlichen Gesprächen verpflichteten sich die Grünflächenämter der Bezirke Charlottenburg-Wilmersdorf, Friedrichshain-Kreuzberg und Treptow-Köpenick, in Zukunft nur noch einmal im Jahr zu mähen.
Auch in anderer Hinsicht ist dem Museum für Naturkunde Berlin die Bewahrung und Mehrung der Artenvielfalt ein Anliegen; insbesondere des Insektenbestands. Daher können seit Sommer 2023 Besucher:innen auf dem Museumsvorplatz einen Garten aus dem Projekt Pollinator Pathmaker bestaunen. Die Bepflanzung derartiger Gärten ist auf die Bedürfnisse bestäubender Insekten optimiert – und trägt so zur Verbesserung der lokalen Biodiversität bei.
idw