Über unser gestörtes Verhältnis zur Natur

Über unser gestörtes Verhältnis zur Natur
geo.de: Der Mensch ist Teil der Natur und sehnt sich nach ihr. Auf der anderen Seite fürchten wir die Wildnis, haben sie großteils in Reservate verbannt. Wieviel Natur wollen wir wirklich – und wieviel brauchen wir?
Mein Lieblingsschild im deutschen Warn- und Hinweiszeichendickicht steht in Niedersachsens Wäldern: In rot-weißen Alarmfarben zeigt es einen mächtigen Ast, der splitternd vom Baum bricht und einen Menschen am Kopf trifft. Das Opfer stürzt, Finger abgespreizt, Mund geöffnet, nach hinten (und wohl ins Jenseits). Unübersehbar warnt die Landesforstverwaltung: „Achtung! Totholz – Lebensgefahr!“. Und erklärt: „Aus ökologischen Gründen werden hier alte und tote Bäume nicht gefällt. Diese können jederzeit umstürzen oder auseinanderbrechen.“
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Wildnis ins Reservat verbannt
Ich sehe dieses Schild häufiger und freue mich jedes Mal, nicht nur über seine Max-und-Moritz-Ästhetik. Denn abgesehen von der ansprechenden Wortkombination aus „Totholz“ und „Lebensgefahr“ kündet es ja davon, dass unsere Wälder wieder wilder werden. Dass die Natur zurückkehren darf. Aber der Subtext ist ein anderer: Der Wald, sofern aus menschlicher Nutzung entlassen, wird zu einem bedrohlichen Ort. Das Schild steht auch für eine Entfremdung – für eine Angst vor der Natur, die offenbar um sich greift: Wenn Wälder verwildern, wird Natur gefährlich.
Wir haben Wildnis, von wenigen Restbeständen abgesehen, in Reservate verbannt. Im „Nationalpark“ wird sie feierlich beschworen, als „unser Naturerbe“. Dort können wir sie besichtigen, oft bequem vom Auto aus. Natur als Fotokulisse: Es ist diese art distanzierter Landschaftsschau, die Zed Nelson in seinen Bildern vor Augen führt…. weiterlesen