Abgasreinigung von Schiffen belastet Ostsee

Abgasreinigung von Schiffen belastet Ostsee
fOTO. igorovsyannykov7PixabayCC7PublicDOmain.

Abgasreinigung von Schiffen belastet Ostsee

Die Ostsee gilt als eines der am stärksten verschmutzten Meere der Welt. Nun hat die Forschung an der Technischen Hochschule Chalmers in Göteborg (Schweden) einen noch recht unbekannten weiteren Verursacher dieser Verschmutzung festgestellt. Eine neue Studie zeigt, dass das Wasser, welches aus den Abgasreinigungsanlagen der Schiffe, also den Gaswäschern oder sogenannten Scrubbern*, abgelassen wird, bei bestimmten krebserregenden und umweltschädlichen Stoffen, die in die Ostsee emittiert werden, einen Anteil von bis zu neun Prozent an der Gesamtmenge haben. Dies ist wesentlich mehr, als bislang bekannt war; zudem hat sich die Anzahl der Schiffe mit Scrubbern seit Durchführung der Studie mehr als verdreifacht.

Von ihrer Art her ist die Studie der Forscherinnen und Forscher einzigartig. Sie führt einen Untersuchungsauftrag fort, den das schwedische Zentralamt für Transport und das Amt für Meeres- und Wasserwirtschaft von der Regierung erhielten. Bei diesem ging es darum, herauszufinden, welche Umweltfolgen die Scrubber in der Ostsee im Vergleich mit anderen Umweltgift-Emittenten haben. 

Lesen Sie auch:

Eine der Wissenschaftlerinnen, die die Studie durchgeführt haben, ist Ida-Maja Hassellöv, Sie ist Assistenzprofessorin und Forscherin der Abteilung für Meereskunde bei Chalmers: 

„Wir warnen seit vielen Jahren schon davor, dass die Gaswäsche eine Technologie ist, die für unverhältnismäßig hohe Einleitungen gefährlicher und säurebildender Stoffe in die Meeresumwelt steht. Dennoch war ein starker Anstieg der installierten Scrubber festzustellen, was durch die ökonomischen Vorteile für die Reedereien bedingt ist. Deshalb ist es von großem Gewicht, dass Behörden und Entscheidungsträger*innen nun bald aufwachen und eine Regelung verabschieden, die die Emissionen und Auswirkungen der Seefahrt auf die maritime Umwelt reduzieren“, sagt Ida-Maja Hassellöv.

Zunehmende Umwelt- und Gesundheitsprobleme 

Die Scrubber sorgen an Bord von Schiffen dafür, deren Abgase insbesondere von Schwefeloxiden zu säubern. Indem die Abgase mit Seewasser „gewaschen“ werden, werden weniger gefährliche Stoffe in die Atmosphäre emittiert. Über die Auswirkungen der Abgasreinigung auf das Waschwasser, das ins Meer verklappt wird, herrschte lange Zeit großes Unwissen. 

In der Studie von Chalmers, die im „Marine Pollution Bulletin“ veröffentlicht wurde, stellen die Forscher*innen fest, dass Schiffe, die ihre Abgase reinigten, mehr als 200 Millionen Kubikmeter umweltschädliches Waschwasser in die Ostsee abließen – in einem einzigen Jahr. Die Studie zeigt auch, dass das Waschwasser aus den Gaswäschern an den Gesamtemissionen bestimmter polycyclischer aromatischer Kohlenwasserstoffe (PAH), die krebserregend sind, in der Ostsee einen Anteil von immerhin neun Prozent hat. Die Studie zeigt zudem, dass Schiffe mit Antifouling-Anstrich auf Kupferbasis mit einem Drittel zur Gesamtmenge des in die Ostsee eingetragenen Kupfers beitragen. Kupfer in Rumpfanstrichen stellt schon länger ein bekanntes Umweltproblem dar, da Schwermetalle in der Umwelt nicht abgebaut werden und deswegen zu hohen Gehalten in Wasser, Sedimenten und Boden führen. Jedoch war bislang unbekannt, wie groß der Anteil ist, den Boots- und Schiffsverkehr am Gesamteintrag von Kupfer haben. Auch die krebserregenden PAH sind persistent und können sich weit in der Umwelt ausbreiten, bevor sie abgebaut werden. 

Erik Ytreberg, Dozent und Meereskundler bei Chalmers, ist der Hauptautor der wissenschaftlichen Studie. Er sagt: „Unsere Ergebnisse zeigen deutlich, welch beträchtliches Ausmaß der Anteil der Schifffahrt an den Gefahrstoffen in der Ostsee hat, wobei Rumpfanstrichfarben und das verklappte Waschwasser aus den offenen Gaswäschern besonders herausstechen. PAH-Kohlenwasserstoffe sind für den Menschen wie für Wasserorganismen äußerst giftig, da sie unter anderem cancerogen sind. Es ist aber wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Daten der Studie bereits 2018 gesammelt wurden. Damals verwendeten etwa 180 Schiffe in der Ostsee Gaswäscher. Seitdem ist die Anzahl solcher Schiffe markant angestiegen – 2021 waren es bereits 600 Schiffe, die in der Ostsee mit Scrubber unterwegs waren“, sagt Erik Ytreberg. 

Ruf nach einem zukünftigen Verbot

Die neuen Forschungsergebnisse haben das Amt für Meeres- und Wasserwirtschaft sowie das Zentralamt für Transport dazu veranlasst, ein Verbot zum Einleiten des sogenannten Scrubber-Wassers in den inneren Gewässern der schwedischen Ostseeküste vorzuschlagen. Wenn die Politik auf die Linie von Behörden und Wissenschaft einschwenkt, wird Schweden das erste skandinavische Land mit einem solchen Verbot sein. 

Weltweit sind heutzutage auf mehr als 4.000 Schiffen Gaswäscher installiert. Unter den Ostseeanrainerstaaten hat lediglich Deutschland schon seit Längerem eine solche Gesetzgebung; mehrere europäische Länder haben die Einleitung von Scrubber-Wasser in den Häfen reguliert. Auch wenn die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlervon Chalmers den Vorschlag, der sich aus der Untersuchung ergibt, begrüßen, so erhoffen sie sich dennoch für die Zukunft eine umfassendere Regulierung. 

„Der Vorschlag, dass Schweden das Verklappen des Waschwassers in seinen inneren Gewässern verbieten will, ist natürlich gut. Doch damit werden lediglich ein bis zwei Prozent der Scrubber-Einleitungen, die es heute insgesamt in der Ostsee gibt, reguliert. Schweden hätte auch ein Verbot für unsere Hoheitsgewässer vorschlagen können, also für das Küstenmeer. Dann würden ungefähr 15–17 Prozent der Scrubber-Emissionen in die Ostsee unter die Regelung fallen. Die größten Auswirkungen hätte natürlich ein internationales Verbot, das alle Ostsee-Anrainerstaaten gemeinsam zur Einleitung von Waschwasser vereinbaren“, sagt Erik Ytreberg. 

Mia Halleröd Palmgren

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.