Aus für AKW Brokdorf
Aus für AKW Brokdorf – BUND mahnt neue Koalition zu vollständigem Atomausstieg
Mit den Atomkraftwerken Brokdorf, Grohnde und Gundremmingen C gehen am Freitag drei der letzten sechs AKW in Deutschland vom Netz. Der Landesverband Schleswig-Holstein des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) begrüßt das überfällige Ende der veralteten und gefährlichen AKW – gegen das AKW Brokdorf wurde bereits seit den frühen Siebzigern demonstriert. Der BUND Deutschland appelliert an die neue Bundesregierung, nun auch den vollständigen Atomausstieg zügig umzusetzen. Atomausstieg und Klimaschutz sind kein Widerspruch.
Claudia Bielfeldt, Landesvorsitzende des BUND Schleswig-Holstein, ist erleichtert über das Ende der AKW: „Von den bisher noch laufenden AKW hatte der Reaktor in Brokdorf am meisten meldepflichtige Ereignisse. Ein Gutachten hat gezeigt, dass Sicherheitssysteme nicht ausreichen, um eine Kernschmelze mit massiver Freisetzung radioaktiver Stoffe zu verhindern. Das zeigt einmal mehr, wie wichtig der Ausstieg aus der Atomenergie ist – und wie grundlegend verkehrt die Einschätzung unserer Nachbarn in Frankreich ist, die Atomenergie gern als „grün“ und nachhaltig zu bezeichnen.“
Damit die Atomgefahr im Bewusstsein bleibt, halten seit Jahrzehnten Demonstranten, vor allem aus kirchlichen Kreisen, am 6. eines jeden Monats eine Mahnwache am Haupttor des AKW Brokdorf zum Gedenken der Opfer des GAU von Tschernobyl und des Atombombenabwurfs auf Hiroshima am 6. August 1945 ab. Zum vorläufig letzten Mal soll diese am 6. Januar 2022 stattfinden.
Rainer Guschel, Sprecher des BUND-Landesarbeitskreises Atom und Atomkraft-Gegner seit über 40 Jahren, war Teilnehmer und Mitorganisator bei den Anti-Brokdorf-Demonstrationen. „Dass es nun soweit ist und das AKW abgeschaltet wird, ist ein großer Erfolg für alle, die schon am Bauplatz in den 70ern demonstriert haben. Dabei ging es nie nur darum etwas zu verhindern, sondern auch für eine nachhaltige und gerechte Energieversorgung einzustehen. Die neue Bundesregierung muss jetzt die naturverträgliche Energiewende weiter vorantreiben und gleichzeitige alle noch laufenden Atomanlagen in Deutschland abschalten.“
Neben der Gefahr für Mensch und Umwelt, die von den AKW oder der Urananreicherungsanlage in Gronau und der Brennelementefabrik in Lingen ausgeht, produzieren diese auch weiterhin Atommüll. Da der Bau eines Atommülllagers noch in weiter Ferne liegt, muss der strahlende Müll deutlich länger als genehmigt an den Zwischenlagerstandorten in ganz Deutschland stehen. Die Zwischenlager sind schon jetzt ein Sicherheitsrisiko. Es fehlt etwa an Reparatur- und Inspektionsmöglichkeiten und der Schutz gegen potenzielle Terroranschläge ist unzureichend. Der BUND bemängelt, dass die neue Bundesregierung im Koalitionsvertrag keine Antworten für einen dringend benötigten transparenten und partizipativen Zwischenlagerprozess findet.
Maybritt Schink, Mitglied im Vorstand der BUNDjugend Schleswig-Holstein, betont neben der Generationengerechtigkeit insbesondere die Bedeutung der erneuerbaren Energien: „Der Atommüll muss auch für alle nachfolgenden Generationen sicher für eine Million Jahre verwahrt werden. Da wird schnell klar: Atomenergie kann nicht gerecht oder umweltverträglich sein. Atomkraft ist darüber hinaus nicht nur zu teuer, sondern auch zu langsam, um eine Lösung für die Klimakrise zu liefern. Die Bundesregierung muss sich auch auf internationaler Ebene dafür einsetzen, dass die gefährliche Atomkraft nicht mehr gefördert und beendet wird. Besonders die europäische Einstufung von fossilem Gas und Atomkraft als nachhaltige Investition stellt völlig falsche Weichen.“
Hintergrund:
Die AKW Grohnde, Gundremmingen und Brokdorf waren schon vor Baubeginn in den 1970er Jahren auf Grund zahlreicher Sicherheitsrisiken Ausgangspunkt großer Proteste. Die unzureichenden und teilweise mangelhaften Sicherheitssysteme der Atomkraftwerke und die Störfälle waren auch während des Betriebs immer wieder Grund für Kritik. Besonders das AKW Gundremmingen als letzter Siedewasserreaktor weist grundlegende sicherheitstechnische Probleme auf. Durch die Ausstattung mit nur einem Kühlwasserkreislauf verlässt radioaktive Kühlflüssigkeit den Sicherheitsbehälter und schon kleinere Rohrbrüche könnten zur Freisetzung zu radioaktivem Dampf führen. Auch für das AKW Grohnde sind zahlreiche Probleme bekannt. So kann der Stahl des Sicherheitsbehälters, der nur in diesem AKW eingesetzt wurde, Risse bilden, es fehlen Erdbebenwarnsysteme, die Notfallpläne waren mangelhaft und bei einer Revision 1985 entdeckte man, dass das Notkühlsystem völlig defekt war. Insgesamt wurden seit der Inbetriebnahme mehr als 250 meldepflichtige Ereignisse registriert – nur der Reaktor in Brokdorf hat von den bisher noch laufenden AKW mehr meldepflichtige Ereignisse.
PM des BUND Landesverband Schleswig-Holstein e. V.