Clevere Landwirtschaft könnte das Klima retten
Clevere Landwirtschaft könnte das Klima retten
handelsblatt.com: Seine Kühe machen den Boden fruchtbar und regen das Gras zum Wachsen an – weil Öko-Bauer Benedikt Bösel eine entscheidende Sache anders macht als die allermeisten.
Benedikt Bösel greift in den Boden seines Versuchsfelds in der Mark Brandenburg. „Hier ist der Humus schön feucht und kühl, obwohl es seit Monaten kaum regnet“, sagt der Öko-Landwirt. Nebenan auf dem Feld mit Bio-Roggen zeigen sich Risse im Boden fast wie in der Sahara.
In Bösels Agroforst-Kulturen wachsen diverse Pflanzen in vier Etagen. Ganz unten Kräuter, dann Nutzsträucher wie Hasel oder Himbeeren, darüber Obstbäume und ganz oben Pappeln und Birken. Deren Laub dient als Windschutz gegen Erosion. Es spendet Schatten und nährstoffreiche Biomasse für Kräuter, Nüsse und Beeren.
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Zwischen den geschwungenen Baumreihen im Abstand von je sechs Metern ist normaler Ackerbau möglich. Nach der Ernte können Bösels Hühner die Untersaat aus Kleegras fressen. „Agroforst ermöglicht mehrere Ernten unterschiedlicher Kulturen auf kleiner Fläche – ohne Dünger und Pestizide zu geringeren Kosten“, erklärt der 37-Jährige. „Das System hat das Potenzial, sich komplett autark am Leben zu halten.“
Als Bösel den 3000 Hektar großen Öko-Hof seiner Eltern in Alt Madlitz 2016 übernahm, merkte er schnell: „So kann es nicht weitergehen.“ Die Mark Brandenburg mit ihren sandigen Böden gehört ohnehin zu den trockensten Regionen Deutschlands. Doch bald stellten Dürren und Hitzesommer die Ernten infrage.
„Die landwirtschaftlichen Betriebe weltweit müssen sich dringend an den Klimawandel anpassen“, sagt Bösel. „Wir müssen raus aus einem industriellen Agrarsystem, das Umwelt und Klima zerstört und Bauern abhängig macht vom Zukauf von Saatgut, Dünger und Pestiziden.“ Sein 30-köpfiges Team experimentiert mit regenerativer Landwirtschaft, die dem Klimawandel aktiv entgegenwirken soll. „Die Agrarwirtschaft ist der mit Abstand wichtigste Hebel im Kampf gegen den Klimawandel“, erklärt der Landwirt.
Das sich etwas ändern muss, ist unbestritten. Denn die Klimabilanz des Agrarsektors ist verheerend. Laut Weltklimarat entstehen rund 31 Prozent der globalen CO2-Emissionen durch die Produktion von Nahrungsmitteln: Viehhaltung, Gülle, die energiereiche Produktion von Kunstdünger, Pestiziden, Verpackung sowie Transporte wirken sich negativ aus – genauso wie der Verlust von Wald, Moor und Humus.
Laut EU-Kommission sind 60 bis 70 Prozentder Böden wegen intensiver Landwirtschaft in keinem guten Zustand. Der Verlust von Humus und fruchtbaren Böden ist nicht nur eine große Bedrohung für die Welternährung, wie die Vereinten Nationen warnen.
Vor allem spielt Humus, der aus organischen Resten und zu 60 Prozent aus Kohlenstoff besteht, eine essenzielle Rolle bei der Speicherung von klimaschädlichem Kohlendioxid. Nach den Ozeanen sind Böden die wichtigsten Kohlenstoffspeicher der Erde. Im Humus ist viermal so viel Kohlenstoff gespeichert wie in der oberirdischen Vegetation… weiterlesen