CO2-Staubsauger: Helfen sie beim Klimaschutz?

CO2-Staubsauger: Helfen sie beim Klimaschutz?
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CO2-Staubsauger: Helfen sie beim Klimaschutz?

nationalgeographic.de: Riesige Filteranlagen, sogenannte CO2-Staubsauger, sollen Treibhausgase aus der Luft entfernen. Direct Air Capture (DAC) heißt das Abscheideverfahren. Lässt sich damit die Erderhitzung aufhalten?

Im Südwesten Islands, etwa 30 Kilometer von der Hauptstadt Reykjavik entfernt, steht eine Anlage, die neue Hoffnung beim Klimaschutz machen soll. Sie ist so groß wie eine Fabrikhalle und heißt Mammoth (deutsch: Mammut). Wie ein gewaltiger Staubsauger soll sie der Luft CO2 entziehen – Jahr für Jahr bis zu 36.000 Tonnen. Nach Angaben des Schweizer Betreibers Climeworks handelt es sich damit um die weltweit größte Anlage zur Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid. 

Das Prinzip: Große Ventilatoren saugen die Umgebungsluft in die Anlage. Die Luft strömt durch spezielle Filter. Mithilfe eines chemischen Prozesses wird konzentriertes Kohlendioxid abgeschieden. Dann wird das Klimagas unter die Erde transportiert, wo es laut Climeworks „in einem natürlichen Prozess“ mit Basalt reagiert und dann dauerhaft im Gestein gespeichert bleibt.

Direct Air Capture (DAC) heißt das Abscheideverfahren. Um den Prozess klimafreundlich zu halten, nutzt Climeworks nach eigenen Worten erneuerbare Energie aus einem nahegelegenen Geothermiekraftwerk. In anderen Ländern entstehen ähnliche Filteranlagen. Auch in Deutschland. 

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Mitten im Ruhrgebiet zieht eine Pilotanlage jährlich etwa 100 Tonnen CO2 aus der Luft. Das Essener Start-up Greenlyte hat die Technik mit Unterstützung der Universität Duisburg-Essen entwickelt. Der Clou: Als Nebenprodukt fällt bei der CO2-Abscheidung Wasserstoff an. Und der ist bekanntlich begehrter denn je.

Bis 2050 will Greenlyte Anlagen bauen, mit denen jährlich eine Milliarde Tonnen CO2 abgesaugt werden sollen. Zum Vergleich: Deutschland hat 2023 rund 670 Millionen Tonnen an Treibhausgasen in die Luft gepustet. Weitere Unternehmen, zum Beispiel in Münster oder Hamburg, zeigen: Direct Air Caputure entwickelt sich zunehmend zu einem vielversprechenden Geschäftsmodell. 

Das abgesaugte CO2 lässt sich nicht nur in Gesteinsschichten im Boden speichern, sondern auch in der Landwirtschaft nutzen oder in kohlensäurehaltigen Getränken verwenden. Im Kampf gegen die Erderwärmung halten Klimaforschende die DAC-Technologie inzwischen ohnehin für unerlässlich.

Klimaschutz: Aufforstung und Einsparungen reichen nicht

Europa soll bis 2050 klimaneutral sein, Deutschland schon fünf Jahre früher. Zwar sind die Treibhausgas-Emissionen in Deutschland 2023 gegenüber dem Vorjahr um gut zehn Prozent gesunken. Und auch innerhalb der EU ist der Ausstoß zurückgegangen. Doch weltweit sind die Emissionen im vergangenen Jahr um 1,1 Prozent auf 37,4 Milliarden Tonnen gestiegen. Die Internationale Energieagentur (IEA) spricht von einem neuen Rekordhoch. 

Nach Ansicht von Klimafachleuten lassen sich die Klimaziele nicht mehr allein durch sogenannte naturbasierte Lösungen wie die Aufforstung und die Wiedervernässung von Mooren oder durch CO2-Einsparungen erreichen.

Demnach braucht es zusätzlich technische Lösungen, um klimaschädliches Gas aktiv aus der Atmosphäre zu ziehen. Alle aktuellen Klimamodelle basieren darauf, dass die Direktabscheidung von CO2 aus der Luft gelingt.

1,5-Grad-Ziel: „Negative Emissionen sind unvermeidbar“

So sieht es zum Beispiel Oliver Geden, Leiter des Forschungsclusters Klimapolitik bei der Stiftung Wissenschaft und Politik und Vize-Vorsitzender der Arbeitsgruppe III des Weltklimarats: Das EU-Ziel der Klimaneutralität bis 2050 lasse sich nur erreichen, wenn zur Mitte des Jahrhunderts jährlich mehrere Hundert Millionen Tonnen CO2 „industriell abgeschieden und dann entweder gespeichert oder weiterverwendet werden“. 

Das Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung ISI in Karlsruhe kommt zu einer ähnlichen Einschätzung. „Zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels und zur Eindämmung des Klimawandels werden negative Emissionen immer unvermeidbarer“, sagt Projektleiterin Barbara Breitschopf. Negative Emissionen bedeuten: Entnahme von Treibhausgasen aus der Atmosphäre.

Trotz aller bereits bestehenden Anlagen und Pilotprojekte: Bislang steckt das Verfahren noch in den Kinderschuhen. Es ist teuer und lässt sich bisher nicht in großem Maßstab einsetzen. Weil die Kohlendioxid-Konzentration in der Luft sehr gering ist, muss man die Moleküle mit großem Aufwand herausfiltern. Außerdem ist DAC energieintensiv.

Das Fraunhofer Institut empfiehlt deshalb, Standorte von DAC-Anlagen so zu wählen, dass möglichst klimafreundliche Energiequellen genutzt werden können. In vielen Ländern, darunter auch Deutschland, stünden diese aber „nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung“. 

CO2-Entnahme: Dritter Pfeiler im Klimaschutz

Viele Faktoren entscheiden also darüber, ob DAC künftig tatsächlich die Rolle spielen kann, die sich Fachleute erhoffen.

Zu Erinnerung: Jahr für Jahr schleudert die Weltgemeinschaft mehr als 37 Milliarden Tonnen CO2 in die Atmosphäre. Die derzeit größte DAC-Anlage in Island kann maximal 36.000 Tonnen pro Jahr aus der Luft ziehen. Das sind knapp 0,0001 Prozent.

Trotz aller Unwägbarkeiten – auch der Klimaforscher Ottmar Edenhofer sieht ein gewaltiges Potenzial. „Die CO2-Entnahme wird neben der Emissionsvermeidung und der Klimaanpassung der dritte, noch fehlende Pfeiler im globalen Klimaschutz“, sagt der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung… weiterlesen

One thought on “CO2-Staubsauger: Helfen sie beim Klimaschutz?

  1. Wer hat quasigratis Strom?
    Geothermie ust nicht überall nötig und Island müsste hundert Mal vollgestellt werden mit DAC Anlagen.
    Statt zu vermeiden, soll nun teuer Müll wieder eingefangen werden
    Das ist klimatisch und ökologisch aber bedenklich, wird die Ökospäre doch nicht reagieren wie eine mathematische Gleichung.
    Zudem wird mit immer geringerer CO2 Konzentration der Aufwand immer größer, energieaufwänidiger, teurer, Anlagenmengen-flächengrößer.
    Aber es zeigt die humane Hilflosigkeit bzw Uneinsichtigkeit.
    DAC ist keine technische Wunderlösung à la FDP.

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