Deutschlands bittere Klima-Bilanz
Deutschlands bittere Klima-Bilanz
focus.de: Trotz einiger Fortschritte wird die Klimapolitik der Bundesregierung vom Climate Action Tracker als „unzureichend“ bewertet. Die Ampel-Koalition müsste die Energiewende beschleunigen und eine Strategie für den Verkehrssektor entwickeln.
Auch nach knapp drei Jahren der selbsternannten „Fortschrittskoalition“ aus SPD, Grünen und FDP wird Deutschlands Klimapolitik vom Climate Action Tracker (CAT) noch immer als „unzureichend“ bewertet. Einige der jüngsten politischen Maßnahmen werden zwar positiv bewertet: Die Energiewende kommt laut CAT relativ gut voran und wurde jüngst beschleunigt. Doch im Verkehrs- und Gebäudesektor mache die Ampel-Koalition zu wenig Fortschritte.
Die Bundesregierung drohe ihr 2030er-Klimaziel einer Reduktion der Emissionen um 65 Prozent knapp zu verfehlen, warnen die CAT-Analysten von den Organisationen Climate Analytics und New Climate Institute in einem kürzlich veröffentlichten Update. Überraschend ist: Selbst als Vorreiter in der Klimafinanzierung müsste Deutschland seine finanzielle Unterstützung für den Klimaschutz in ärmeren Staaten verdreifachen , um seinen „fairen Anteil“ beizutragen. Zudem sei das Klimaziel der Bundesregierung nicht ambitioniert genug.
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Energiewende auf gutem Weg, aber Beschleunigung nötig
Seit ihrem Amtsantritt 2021 konnte die Ampel-Koalition laut Climate Action Tracker einige Fortschritte in der Klimapolitik erreichen. So gehen die CAT-Analysten mittlerweile etwa von einer Reduktion der Emissionen von 62 bis 64 Prozent bis 2030 gegenüber 1990 aus. Noch 2021 prognostizierte der CAT nur eine Minderung von 55 Prozent.
Die Bundesregierung hat die Energiewende beschleunigt:
- Beim Ausbau der Solarenergie liegt die Ampel-Koalition „weit vor ihren eigenen Expansionszielen“ , so die Einschätzung der CAT-Analysten.
- Laut Industrievertretern konnte die Regierung den bürokratischen Aufwand bei der Bewilligung von Solar- und Windkraftanlagen und auch den Stromnetzen deutlich reduzieren. Laut Bloomberg resultierte das schon in einer deutlichen Zunahme des Zubaus erneuerbarer Energien.
- Positiv bewerten die CAT-Analysten, dass im Frühjahr 2024 insgesamt 4,5 Gigawatt an Kohle-Kapazität abgeschaltet wurden. Wenn die CO₂-Preise im Rahmen des europäischen Emissionshandels weiterhin hoch bleiben, „werden sie die Kohle in Deutschland bis 2030 wahrscheinlich aus dem Markt drängen“, so die CAT-Einschätzung.
Es bleiben aber laut CAT noch große Aufgaben:
- Bei der Windkraft bleibt die Bundesregierung hinter ihrer eigenen Zielsetzung zurück und droht die Ausbauziele für 2024 und 2026 zu verfehlen.
- Die Investitionen in Gasinfrastruktur und der zu langsame Ausbau der Windenergie bedrohten das 2030-Klimaziel der Bundesregierung.
Klimaschutzverträge wirksam, aber teuer
In der Industriepolitik hebt der CAT die kürzlich eingeführten Klimaschutzverträge hervor. Sie könnten Unternehmen dazu bringen, schon früher in neue, teure Technologien zur Reduktion der Emissionen zu investieren, weil die Klimaschutzverträge einen Teil des Investitionsrisikos abmildern . Das ist wichtig, denn der Industriesektor müsse „den Verbrauch fossiler Energien viel schneller reduzieren und die Elektrifizierung der Prozesse viel schneller durchführen“, so der CAT.
Ohne die Verträge bestehe die Gefahr, dass Unternehmen zu spät investieren, weil sie auf eine Preissenkung bei neuen Technologien warten. Allerdings kosten die ersten beiden Runden der Klimaschutzverträge fast 20 Milliarden Euro. Es ist „unklar, wie lange der Bundeshaushalt in der Lage sein wird, eine solch kostenintensive Maßnahme zu unterstützen“, so die Einschätzung der CAT-Analysten.
Verkehrssektor: Drohen Fahrverbote und hohe CO₂-Preise?
Zu den größten Problemsektoren gehört laut CAT der Verkehrssektor. Wenn die Emissionen des Sektors nicht bald schnell sinken, müssten ab 2030 „drastische und disruptive Maßnahmen wie extrem hohe CO₂-Preise oder Fahrverbote“ eingeführt werden. Andernfalls würde der Verkehrssektor auch seine langfristigen Klimaziele verfehlen… weiterlesen