„Die Dose ist ein Rohstoff“

„Die Dose ist ein Rohstoff“
Das Recycling von Weißblech wird in Deutschland unter anderem von der DWR – Deutsche
Gesellschaft für Weißblechrecycling* in Düsseldorf organisiert und durchgeführt – einer 100-prozentigen Tochter des Verpackungsstahlherstellers thyssenkrupp Rasselstein GmbH. Bildlich gesprochen gehen über den Schreibtisch von Geschäftsführer Andreas Knein jährlich mehrere hunderttausend Tonnen Schrott, die wiederverwertet werden. Im Interview mit weissblech-kommt-weiter.de sprach er über Kreislaufwirtschaft, die Definition von Abfall und warum Weißblech streng genommen gar kein Müll ist.

Herr Knein, was ist die Aufgabe der DWR – Deutsche Gesellschaft für Weißblechrecycling?
Andreas Knein: Die DWR kauft im Markt gebrauchten Weißblechschrott, der über die Sammlung der Dualen Systeme erfasst wird und hauptsächlich aus Sortieranlagen für die gelbe Tonne oder den gelben Sack kommt. In der Regel stammt der Schrott aus privaten Haushalten in Deutschland, aber auch aus Gewerbe und Industrie.
Warum kann man die Recyclingquote von Weißblech so gut erfassen?
Deutschland verfügt über eine sehr gute Erfassung und statistische Aufbereitung der Recyclingdaten. Das existiert seit Anfang der 90er Jahre, als der Grüne Punkt zur Umsetzung der Verpackungsordnung eingeführt wurde.
Wie berechnet sich die Recyclingquote überhaupt?
Zunächst muss man zwischen Recyclingquote und Recyclingfähigkeit unterscheiden. Letztere beschreibt den prozentualen Anteil an einer Verpackung, der recycelt werden kann, wenn die Verpackung in die dafür vorgesehenen Sammelsysteme gegeben wird. Die Recyclingquote oder Recyclingrate beschreibt, wie viel von dem in Umlauf gebrachten Verpackungsmaterial auch tatsächlich wieder in den Materialkreislauf zurückgeführt wird, um es zu recyceln.
Die Recyclingrate setzt sich daher aus der Menge der in den Markt gebrachten Verpackungen und
der zurückgeführten Menge zusammen. Bei Weißblech liegt die Quote aktuell bei mehr als 91
Prozent.
Was passiert mit einer Weißblechverpackung nach ihrer Benutzung im Haushalt?
Die restentleerte Dose gehört immer in den gelben Sack oder in die gelbe Tonne. Bei der Spraydose den Schnappdeckel aus Kunststoff am besten getrennt. Das Sammelfahrzeug bringt die Wertstoffe dann in die Sortieranlagen. Dort werden die verschiedenen Verpackungsmaterialien wie Kunststoffe, Weißblech, Aluminium oder Verbundstoffverpackungen voneinander getrennt. Weißblech ist dank seiner magnetischen Eigenschaften am einfachsten und mit geringsten Verlusten auszusortieren.
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Wo kommenden die gesammelten Dosen nach der Sortieranlage hin?
Von der Sortieranlage transportieren wir die Dosen, die sogenannte „Weißblechfraktion“, zu einer Aufbereitungsanlage. Um die LKW voll auszulasten und die transportbedingten Emissionen zu minimieren, wird das Material verdichtet oder zu Ballen gepresst. In der Aufbereitungsanlage wird das Material maschinell zerkleinert und von Restinhalten, Etiketten oder anderen Störstoffen getrennt. Der nun sehr saubere Weißblechschrott wird zu Schrottpaketen gepresst und dann zum Stahlwerk gefahren, wo er ohne Qualitätsverluste eingeschmolzen werden kann und für neue Stahlprodukte zur Verfügung steht. Die abgetrennten meist organischen Reststoffe werden zur Energieerzeugung genutzt.
Warum ist Weißblechrecycling eigentlich so nachhaltig?
Zunächst kann man jedes Stahlwerk auch als Recyclingwerk bezeichnen, weil Schrott und auch unser Weißblechschrott dort immer und immer wieder eingeschmolzen werden kann und für neue Produkte, vom Autoblech über den Stahlträger bis hin zur neuen Verpackung zur Verfügung steht. Im Stahlwerk schließt sich der Materialkreislauf.
Ein weiterer großer Vorteil beim Weißblechrecycling ist, dass das Material meist regional verwertet wird. Das heißt, die Wege zwischen Sortieranlage, Aufbereitungsanlage und Stahlwerk sind kurz. Andere Verpackungsmaterialien wie Kunststoff werden oft nach Übersee verschifft, wo sich andere dann – häufig mehr schlecht als recht – um unseren Müll kümmern und wo dieser oft genug nicht in neuen Produkten, sondern in der Umgebung oder im Ozean endet. Beim Weißblech ist das nicht der Fall – wir kontrollieren, was mit dem Material passiert und führen es gezielt in den Stahlkreislauf zurück.
Und, was wir auch nicht vergessen dürfen, ist, dass wir durch den Einsatz von Schrott wertvolle Rohstoffe und Emissionen einsparen. Die Verwertung von einer Tonne Stahl- und Eisenschrott spart 1,6 Tonnen Eisenerz, 0,65 Tonnen Kohle und 0,3 Tonnen Kalkstein. Außerdem sparen wir durch den Einsatz von Schrott bei der Stahlerzeugung 70 Prozent Energie ein.
Was kann der Verbraucher tun, um die gute Recyclingquote von Weißblech zu erhalten?
Ganz einfach! Indem er jede Dose restentleert in das entsprechende Sammelsystem gibt. Bei Getränkedosen ist das das Pfandsystem und bei allen anderen Dosen das duale System – sprich die Weißblechverpackungen müssen in den gelben Sack oder die gelbe Tonne. Hauptsache sie landen nicht im Restmüll. Das gilt für Lebensmitteldosen genauso wie für Kronkorken, Fischdosen, den Drehverschluss von Gemüsegläsern oder Spraydosen.
Spricht man bei der Entsorgung von Lebensmitteldosen von Müll oder von Abfall? Was ist der Unterschied?
Müll ist ein umgangssprachlich gebrauchter Begriff. Tatsächlich spricht man rechtlich
aber von Abfall. Allerdings ist dieser Abfall ein „Abfall zur Verwertung“. So gesehen ist eine
gebrauchte Dose also kein Müll, sondern ein Rohstoff, der – richtig eingesetzt – die Nutzung und den
Verbrauch primärer Rohstoffe ersetzt und nebenbei die Entstehung von CO2 erheblich reduziert.
red
*Die DWR – Deutsche Gesellschaft für Weißblechrecycling mbH ist eine 100-prozentige Tochter der thyssenkrupp Rasselstein GmbH – ein Unternehmen der thyssenkrupp Steel Europe AG. Ihre Aufgabe liegt darin, die über die Dualen Systeme erfassten und sortierten Weißblechverpackungen zu bündeln, aufzubereiten und als Qualitätsschrott dem hochwertigen Recycling zu neuen Stahlprodukten zuzuführen.